Riesenmaschine

22.08.2006 | 14:24 | Was fehlt

This is Rocket Science

In nur wenigen Wochen ist es endlich soweit, und im amerikanischen Niagara Falls, das zufällig genau neben den Niagarafällen liegt, findet die international hochkarätig besetzte Rocketbelt-Convention statt. Alle werden dasein, "Hal" Graham, der allererste Rocketbelt-Pilot, "Bill" Suitor, der James Bond in "Thunderball" beim Rocketbelt-Flug doubelte, und Erik Bengtsson, Spezialist für Wasserstoffperoxid, das als Treibstoff für moderne Rocketbelts dient. Eigentlich ist uns das aber vollkommen egal, denn das einzige, was interessiert, ist die Beantwortung folgender Frage: Warum verdammt hat noch nicht jeder so ein Ding in der Garage? Obwohl doch schon die Nazis fast soweit waren? Warum fahren wir stattdessen mit Strassenbahnen und Mopeds? (Gut, das waren jetzt zwei Fragen.) Space.com lässt die Spezialisten erklären. Es sei zu riskant, von zehn Piloten würden vier sterben, sagt Ky Michaelson. Wasserstoffperoxid sei sauteuer, sagt Kathleen Clough, und ein Rocketbelt verbraucht mehr als ein Hummer. Und so weiter. Aber am Ende kommt das Hammerargument: Man solle doch bitte auch die Lärmverordnungen bedenken, so ein Rocketbelt macht schliesslich gehörigen Krach. Lärmverordnungen! War die Dampflokomotive etwa leise? Man muss erst mal laute, dreckige und stinkende Sachen bauen, bevor man irgendwann viel später, aber später halt! So geht das nicht, wenn sich alle so angestellt hätten, würden wir heute immer noch auf Draisinen nach Mallorca fahren.


22.08.2006 | 06:30 | Anderswo | Alles wird besser

Mumbaimumpitz


Bestie Hunger. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Namen seien Schall und Rauch, sagt ein doofes Sprichwort, aber darüber, dass das nicht ganz stimmen kann, könnten sich zum Beispiel die Stadt Mumbai und der Keksriegel Twix gepflegt unterhalten, denn beide hiessen früher in Teilen der Welt anders, und sind bis heute traumatisiert, oder wenn schon nicht traumatisiert, so doch jedenfalls mit Schokolade überzogen (Twix) beziehungsweise überbevölkert (Mumbai).

Es ist ergo sehr wichtig, neue Sachen von Anfang an richtig zu benennen, damit man nicht irgendwann in die Zitrone (früher: den sauren Apfel) Namensänderung beissen muss. Das hat sich offenbar auch das Management eines neuen Restaurants in Mumbai zu Herzen genommen und die Mampferei pfiffig nach einem der berühmteren Europäer der jüngeren Vergangenheit "Hitler's Cross" genannt. Die Namenswahl führte selbstverständlich zu sofortigen Protesten, die die Manager aber gekonnt aushebeln: "Bei uns geht es nicht um Krieg oder Verbrechen, hier kommen Menschen her, um sich bei einer schönen Mahlzeit zu entspannen." Genau wie beim Führer damals also, und alles ist in schön schwarz-weiss-roter Ordnung. Konsequenterweise haben die Betreiber auch vor, zu einer Restaurantkette zu expandieren und in andere Teile Mumbais vorzustossen. Die aber zuerst ihrerseits versucht hätten, ins Restaurant einzudringen, man ist also im Recht.

Es ist natürlich keine Schande, den guten Namen Hitlers auszubeuten, macht ja jeder heutzutage, der Spiegel, in dessen Online-Journalismus-Attrappe diese Meldung sicher bald auftaucht, Günther Grass, Walter Moers. Sogar wir machen das. Und wenn es der Proteste zu viel werden, kann Hitler's Cross sich ja immer noch umbenennen. Zu "Pot of Pol" zum Beispiel, "Tastidi Amino Acids" oder "The Archipel Gulasch". Twix hat es schliesslich auch nicht geschadet.


21.08.2006 | 19:41 | Berlin | In eigener Sache

Onkel Milgrams Open Mike


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Im Rahmen der Après Bunny Formate, denen wir zeitlose Klassiker wie Powerpoint Karaoke, Mutmassungen über Tiere und Riesenmaschine TV verdanken, testen wir am Mittwoch, 30. August, am experimentierfreudigen nbi-Publikum eine weitere Weltneuheit: Angelehnt an das Milgram-Experiment von 1961 werden freiwillige Vortragende mit einem medizinischen Reizstromgerät verkabelt, das vom Publikum gesteuert wird. Je schlechter der Text, desto brizzeliger das Bühnenvergnügen. Anders als im Originalexperiment sind die elektrischen Schläge und ihre Empfänger echt, es steht den Vortragenden aber frei, die Bühne vorzeitig zu verlassen. Die Dauer der Performance ist ein Produkt aus literarischer Qualität und Stehvermögen. So spannend kann Basisdemokratie sein!

Noch sind Plätze für entschlossene Autoren frei, die sich bitte baldmöglichst unter info@zentrale-intelligenz-agentur.de anmelden möchten; zu gewinnen gibt es einen Gutschein für ein Branding, ausserdem sind die Getränke für alle Teilnehmer kostenlos. Die Lesung wird medizinisch betreut.


21.08.2006 | 12:54 | Supertiere | Alles wird besser

Projekt Quatschflügler


Wozu eine Dihedralangel, wenn es auch eine einhedrale täte? Sowas kann auch nur ein Orthopterlaie fragen. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Erstaunlich viele Dinge können fliegen. Fliegen zum Beispiel können es, Vögel können es. Selbst Lemminge können es, wenn auch nur mit technischer Hilfe von Disney. Statt sich an den Lemmingen zu orientieren, und sich einfach von Disney-Mitarbeitern irgendwo runterwerfen zu lassen, versuchte der Mensch, es den Vögeln gleichzutun. Er schnallte sich erst selbst Flügel um, aber als das ausserhalb der Mythen gar nicht, und innerhalb nur um den Preis mythischen Scheiterns klappte, begann er, zunehmend wuchtigere Geräte zu bauen, die sich mehr und mehr vom Vogel weg und zum Lemming hin entwickelten. Durch Flügelschlag fliegen, das können eben nur die Vögel, unkte man, und also wurden die neuen Flugmaschinen von aussen durch Propeller oder Düsentriebwerke abgeschubst. Die fortschrittsfeindlichen Unken unkten aber auch hier. Für eine Landung nämlich müsse das Zeug noch in der Luft so stark abbremsen, dass es vom Flug- zum Sturzzeug werde. Eine Landung sei also unmöglich, und somit nur Flugzeuge denkbar, die für alle Ewigkeit kreisen, und die wolle ja wohl keiner. Fall zugeunkt.

Natürlich kam dank der Aerodynamik alles ganz anders, und das Flugzeugessen wurde erfunden. Vor allem aber gab dieser Erfolg den Vogelfanatikern wieder Aufwind, die es nun nochmal wissen wollten: kann der Mensch fliegen wie ein Vogel oder nicht. Und das Erfolgsvideo des Ornithopterprojekts zeigt es ganz eindeutig: Er kann, fällt dabei aber leider unk, Verzeihung, um.


21.08.2006 | 01:38 | Alles wird besser

In Cogito


"Komm mir nicht mit Urlaub!
Die Ausrede höre ich tausend Mal am Tag."
(Foto: racatumba)
Die Zeiten, in denen man durch vermeintlich unpassendes Betragen beim Sicherheitspersonal von Flughäfen den Eindruck erweckte, man führe Finsteres im Schilde, folglich stundenlange Verhöre über sich ergehen lassen musste und mit bis zu den Knien herabgelassener Hose seinen Flug verpasste, dürften, wenn es nach einigen israelischen Wissenschaftlern ginge, bald der Vergangenheit angehören. Der Grenzbeamte der Zukunft hört auf den Namen Cogito und wird als Speerspitze im Kampf gegen Terroristen für die Präselektion am Security-Checkpoint zuständig sein, also entscheiden, wen die humanoiden Kollegen genauer in Augenschein nehmen müssen und wer die Hosen an behält. Menschen mit "feindlichen Absichten" will Cogito überführen, indem er den Verdächtigen – also allen Fluggästen – an Nationalität und Reiseziele angepasste, allerdings noch streng geheime Fragen stellt und dabei die Veränderung biometrischer Daten erfasst. Unbescholtene Bürger dürfen aber beruhigt sein, denn weder auf einfache Lügen noch auf Nervosität reagiert Cogito, sondern nur auf die Angst, entdeckt zu werden.

Aber auch, wenn Cogitos Fragenkatalog noch geheim ist, darf man jetzt schon davon ausgehen, dass die Frage nach dem Lieblingslied nicht gestellt werden wird. Denn die über 200 Jahre alte und oft zitierte Behauptung, Bösewichte interessierten sich gar nicht für Musik, wurde schon zu oft widerlegt.

Christian F. Brückner | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


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