03.09.2006 | 16:33 | Anderswo
 Das pferdelose Wappen von Kirgisien (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)In Kirgisien, schöner ist der englische Name Kyrgyzstan, hat man es mit den Pferden. Das überrascht nicht. Seit Attilas Zeiten verbindet man Zentralasien reflexartig mit Reitervölkern, der ursprünglichen Gelben Gefahr. Und all das nur wegen einer kleinen Erfindung, etwas so nahe liegendem, man kann sich kaum vorstellen, dass es je erfunden werden musste, dem Steigbügel.
Reitsport ist in Kirgisien Nationalsport. Neben den üblichen Turnieren gibt es einen Wettbewerb, der sich angenehm von der üblichen Pferdehopserei abhebt, das Ulak tartysh. Dieses Reitspiel funktioniert in etwa so: Das Spielfeld ist 300 mal 150 Meter gross. Zwei Mannschaften treten gegeneinander an, wobei man während des Spiels tricksen und die Mannschaft wechseln kann. An den beiden Enden des Feldes befinden sich die Tore. Im Unterschied zum Polo haben die Spieler keine Schläger, und auch der Spielball ist ungewöhnlich: ein zwischen 30 und 40 Kilo schwerer Ziegenkadaver. Den gilt es sich zu schnappen, ihn anderen abzuluchsen, elegant von Pferd zu Pferd zu werfen, um ihn schliesslich ins Tor zu spedieren. Ganz so ungewöhnlich ist das nicht, wurde ja auch Fussball lange Zeit mit Schweinsblasen gespielt. Erwachsene Reiter, die sich im vollen Galopp, spielerisch eine tote Ziege zuwerfen, würde man aber zu gerne einmal sehen. Wo bleibt das Sportfernsehen?
Ein schönes Detail noch: Verboten ist es beim Ulak tartysh, den Gegner in eine Plauderei zu verwickeln. Angesichts des endverheerten Sportgeredes eine vorbildliche Regel, die generell auf die Zeit vor, auf die Zeit nach jedem Sport ausgedehnt werden sollte.
03.09.2006 | 12:22 | Berlin | Supertiere | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Fledermäuse sind keine Nagetiere, aber das nur nebenbei (Bildquelle: oben/unten) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Diese Berliner! Als wenn es nicht gereicht hätte, dem sympathischen und so wunderbar harmlos klingenden Bonn den Regierungssitz und diverse Ministerien in einem Kuhhandel gegen den Operettentitel "Bundesstadt" und Glasperlen im Wert von ca. 1,4 Milliarden Euro abzuluchsen. Nein, sie versuchen es immer weiter und wollen Bonn auch noch die letzten verbliebenen Alleinstellungsmerkmale streitig machen: Wie wir ja alle wissen, ist Bonn der Amtssitz des UN-Fledermaussekretariats EUROBATS; den Fledertieren zu Ehren wurde hier deshalb vergangene Woche, im Rahmen der 10. Europäischen Fledermausnacht, ein Fledermauswochenende abgehalten, eröffnet von Astrid Klug, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium.
Und was macht Berlin? Schert aus dem Dachkonzept der Fledermauswoche aus und veranstaltet eine Woche danach, also genau gestern und heute, das Fledermausfest in der Zitadelle Spandau, angeblich bereits das grösste Europas – nur um Bonns Anspruch als Fledermaushauptstadt aller Deutschen zu unterwandern. Mit "Fledermausgarten", "Lichtfaszinationen", "Fledermausolympiade", "Mystik" und eröffnet durch Michael Müller, dem, was für ein Zufall, anderen Parlamentarischen Staatssekretär aus dem Bundesumweltministerium.
Noch hat Bonn Reserven. Nur hier gibt es das UN-Sekretariat des Abkommens zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel und das UN-Sekretariat des Abkommens zur Erhaltung der Kleinwale in Nord- und Ostsee. Doch sicherlich wird Berlin den Bonnern bald auch diese Kompetenzen hinterrücks stehlen. Dann bleibt den Bonnern nur noch ihr Bönnsch.
03.09.2006 | 02:16 | Berlin | Supertiere | Was fehlt
 Topfpflanzen und Kopffüsser der Urzeit (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Früher war alles besser, die meisten Tiere waren noch aus Stein, und die meisten Züge hielten am Berliner Ostbahnhof. Beides ist jetzt anders, weshalb man offensichtlich darauf spekuliert, dass wir hier jedesmal einen ganzen Thementag abhalten, wenn das jetzt nutzlose, aber so praktisch überdachte Areal zum Ausstellen von Riesentieren genutzt wird. Weil das natürlich nicht geht, sei über die Ausstellung Giganten der Meere nur gesagt, dass sie derzeit im Riesenfossil Ostbahnhof stattfindet. Nebenbei möchten wir aus diesem Anlass das Diktat der Sichtbarkeit und des Präfixes "Riesen-" geisseln: Wo bleibt die Ausstellung "Miniaturtiere" (Geisseltierchen, Tuberkelbazillus, Pudu), wo die "Unsichtbaren Grabbeigaben der Kelten" und die "Papierhüte aus der Qin-Dynastie"? Dann berichten wir auch wieder ausführlich und reich bebildert.
02.09.2006 | 11:13 | Alles wird besser | Vermutungen über die Welt
 Foto: photocatcher / LizenzPsychedelische Drogen haben, wie jeder weiss, die Eigenschaft, dem Konsumenten unglaublich tiefgründige Einsichten zu verschaffen, auf die sonst noch gar niemand gekommen ist. Das war jetzt schon eine dieser Einsichten, aber da gibt es auch noch die Sache mit dem autoritären Staat, der sich nur halten kann, WEIL Halluzinogene verboten sind. Und natürlich die Geschichte mit den Kaninchen, irrsinnig neuer Gedanke. Welches tatsächlich die gebräuchlichsten Halluzinationen sind, das sollte mal herausgefunden werden.
Ein erster Erfolg in diese Richtung kommt jetzt aus Australien: In einer kulturübergreifenden Studie weisen Psychologen aus "Gold Coast" (auch so eine Drogenidee, dieser Name) nach, dass Benutzer psychedelischer Drogen häufiger an Gott glauben, dafür weniger an Geld, allgemein spiritueller und überdies mehr mit dem Schicksal ihrer Mitmenschen befasst sind als eine Kontrollgruppe ganz normaler Trinker. Was das allerdings bedeutet, bleibt unverstanden. Entweder nehmen halt andere Menschen andere Drogen, das wäre möglich, hört man. Oder aber psychedelische Drogen lassen, egal auf welches Hirn sie losgelassen werden, immer dieselben Programme ablaufen, weil sie beschränkt und einfältig sind, also entweder die Substanzen oder die Hirne. Oder aber alles, was man da so sieht, ist die Wahrheit und deshalb immer gleich. Es gibt ja nur eine Wahrheit, und sie sieht ganz, ganz anders aus als das, was uns der Staat ständig vorzugaukeln versucht.
01.09.2006 | 18:19 | Anderswo | Vermutungen über die Welt
 Etwas flacher als normal, aber besser als gar kein Opossum (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Technischer Fortschritt, das weiss jeder, der schon einmal an Virilio erkrankt ist, entsteht oft und gern aus militärischen Bemühungen heraus. So wären etwa moderne Alarmanlagen, viele beliebte Gesellschaftstänze und nicht zuletzt täuschend echt wirkendes Kriegsspielzeug ohne Krieg quasi undenkbar. Selbst Kommunikation, wie wir sie kennen, wäre ohne militärische Verbesserungsvorschläge nicht dieselbe – schliesslich will man in gewöhnlich uniformierten Kreisen nicht nur untereinander, sondern auch mit der Heimat in Kontakt bleiben, schon allein wegen der sogenannten Moral.
Aber, oh, Wendung: Während an diversen Fronten bereits der Teleporter als legitimer Nachfolger des Videotelefons in der Pflege patriotisch geprägter Distanzbeziehungen gehandelt wurde, stellt sich nun heraus, dass das nächste grosse Ding in Sachen "Maikäfer flieg" aus einer ganz anderen Richtung kommt, nämlich aus Pappe. Lebensgrosse zweidimensionale Papierabbilder der schmerzlich vermissten Pflichterfüller nehmen deren heimatlichen Platz ein, begleiten die sehnsüchtige Restfamilie schweigend zum Abendessen oder zur Beichte und bieten, so scheint's, echten Trost, während Papa im Ausland unauffindbare Massenvernichtungswaffen platt macht.
Setzt sich dieser bahnbrechende militärische Trend – wie so viele vor ihm – auch im Zivilleben durch, so dürfen wir demnächst mit einer verstärkten Verflachung der Gesamtwelt rechnen. Womöglich werden schon bald sehr flache Bildschirme, Autos, ja sogar Tarife oder Scherze in Blogs unseren ehemals dreidimensionalen Alltag zieren. Die Jungs von realdoll jedenfalls sollten sich schon mal richtig warm anziehen. Sell your shares, Gentlemen, and do it now.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Endlich: Amerika erfindet das Kampfübersetzen
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Elch im Rucksack (man weiß ja nie)
- Doors
- Unterputz-Druckspüler
- weiße Pfauen
SO NICHT:
- Röchelrufe
- Restmensch
- Blutwurstschorle
- Windows
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Bye Bye Berlusconi", Jan Henrik Stahlberg (2006)
Plus: 10 Minus: 33, 57, 80, 85, 96, 97, 98, 99 Gesamt: -7 Punkte
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