Riesenmaschine

24.08.2006 | 04:10 | Supertiere | Alles wird schlechter

Der Vogel, die Vögel, das Ungeziefer


So, how long have you been into birding?
(Foto: jason044)
Auch wenn wir glauben, die Geschichte der letzten dreissig Jahre wäre die Geschichte von irgendwas ganz anderem, so ist es doch in Wahrheit die Geschichte des Double-Crested Cormorants, Phalacrocorax auritus, für den es nichtmal einen deutschen Namen gibt. 1973 gab es von diesem schwarzen Kormoran, was übrigens auf deutsch Vielfrass heisst, ganze 125 Paare an den kanadischen Küsten der Grossen Seen. Sie waren praktisch dort, wo das Riesenfaultier schon lange ist, und zwar weil wir sie gründlich mit DDT eingeseift hatten. Kaum stellten wir das ein und sie unter Naturschutz, schlugen sie zurück. Heute sind sie überall, ungefähr rekordverdächtige 38000 Paare sitzen in Häfen und auf Molen herum und spreizen die Flügel, um "das Gefieder zu trocknen", wie sie sagen (read: betteln und hausieren). In Toronto gibt es mittlerweile mehr Kormorane als Deutsche. Das liegt vor allem auch daran, dass man ihnen eine eigene Schutthalbinsel namens Leslie Street Spit mitten in den See gekippt hat und so natürliche Feinde (Strassen, Waschbären) fernhält. Extrapoliert man gründlich in die Zukunft (wohin auch sonst), kann man, ach, das soll sich jeder selbst ausrechnen.

Leider ist der Kormoran zu überhaupt gar nichts nütze. Er verbringt seine Zeit damit, auf die Bäume zu scheissen, auf denen er wohnt, damit sie für sonst niemanden mehr brauchbar sind. Das Resultat: Zivilisierte Vögel wie Reiher reissen angewidert aus und die Kormoranhalbinsel sieht aus wie Tschernobyl. Zudem frisst der Kormoran natürlich den gesamten Fisch auf (manche sagen, es sei nur der unnütze Fisch, was auch ins Konzept passt – you are what you eat). Warum leben diese sinnlosen Vögel eigentlich monogam? Sie könnten doch eigentlich, wie sie wollten, sehen doch eh alle gleich aus. Nichtmal essen kann man ihn, sagen selbst die Leute in Chinatown, die ansonsten alles essen. Das einzige, was der Kormoran kann, ist sich fortpflanzen, herumsitzen, das Gefieder spreizen, dabei nutzlos herumstarren, Fisch essen und sich danach wieder fortpflanzen. Dann fliegt er ungerührt zum nächsten Spreizort. Die einzigen, die noch mit ihnen reden, sind die Möwen und die Leute von earthroots.org, mit denen wiederum sonst niemand redet. Vermutlich wird man bald nicht anders können, als ihnen zu erklären, was wir damals mit den Dinosauriern gemacht haben. Geht aber nicht, ist doch nur ein armer Vogel.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Neunauge Can't Jump


23.08.2006 | 16:55 | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder

Schule hat begonnen


Ich bin kein Tornister (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Es gibt bekanntermassen ein Paralleluniversum, in dem Menschen Kinder zeugen, gebären, auf- und erziehen und in diesem Zusammenhang auch in die Schule schicken. Was zu einer besonderen Form der Strassenverschmutzung in Form von unappetitlich bunt blinkenden Tornistern führt. Nun ist der Tornister, vor allem der weiland zu militärischen Zwecken gebrauchte, als solcher zwar nicht zwingend hässlich, meistens aber eben doch. Das Unternehmen sonnenleder.de zeigt, wie es anders geht. Für lächerliche 229,90 Euro bietet es einen "Startschulranzen" feil, der allein stolze 1400 Gramm auf die Waage bringt und das diesen Ranzen umhertragende Kind schon am ersten Schultag bestmöglich zum Aussenseiter macht. Einen derartigen Ranzen tragend wird man entweder täglich verdroschen, oder aber zu einem Mehrere-Klassen-Überspringer, der früh Gedichte schreibt, Stanford oder Harvard mit seiner Präsenz beehrt, Bachmannpreise bekommt oder als heroinsüchtiger Gitarrist auf der Bühne stirbt. Der Florian Illies unter den Schulranzen ist in fünf gedeckten Farben erhältlich und wird daher von uns in einer Massstäbe setzenden Vorbehaltlosigkeit empfohlen.


23.08.2006 | 11:29 | Anderswo | In eigener Sache

Riesenmaschine auf Reisen


Riesenmaschine-Altar: Schon fast fertig! (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Viele Berliner können sich nicht vorstellen, dass die Welt jenseits ihrer Stadtgrenzen überhaupt noch gerendert wird. Das gilt, ehrlich gesagt, auch für die Riesenmaschine-Redaktion, die von Donnerstag bis Sonntag trotzdem teilweise auf dem 26. Erlanger Poetenfest vertreten sein wird. Und zwar mit einer Lesung, einer Podiumsdiskussion ("Der Schriftsteller im Medienzeitalter"), Riesenmaschine TV und einer Rauminstallation. Letztere, der "Altar des Alltags" wird auch für die Leser zu Hause an den Bildschirmen zugänglich sein, und zwar unter altar.riesenmaschine.de. An diesem Altar können Menschen aus Erlangen, aber auch Berlin (und sogar aus ganz anderen Städten) etwa dem Gott des übertriebenen Ehrgeizes an der falschen Stelle huldigen, aber auch dem Götterpantheon des Software-Debugging und dem Stellvertretenden Gott der Nichtzuständigkeit. In Erlangen kann zu diesem Zweck eine Kerze angezündet werden, im Rest der Welt betätigt man einen Schalter im Internet, woraufhin vor dem jeweiligen Gott ein Licht erstrahlt. Heute jedoch nicht! Erst müssen wir noch dem (durch eine heisse Nadel dargestellten) Gott der Projektfertigstellung in letzter Sekunde huldigen.


23.08.2006 | 00:08 | Zeichen und Wunder | Vermutungen über die Welt

And I Feel Fine


Nur kein Menetekelekel! (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
In Alabama werden immer mehr Riesenwespennester, gross wie Chevrolets, entdeckt. In Australien stehen Wissenschaftler plötzlich auf hässliche Schafe. Die Quallenplage im Mittelmeer nimmt nie gekannte Ausmasse an. Menschen passen ohne Vorwarnung in extrem kleine Fernseher und sprechen in Zungen oder zumindest doch sehr sehr undeutlich. Und in den USA wurde nun auch noch herausgefunden, dass Lehrerinnen weiblich sind. Keine Frage: Die Zeichen mehren sich, das Ende ist nah!

Und in der Tat, weit entfernt ist es wirklich nicht. Tatsächlich fand es just gestern statt. Am 22. August, mit allem und extra Käse und womöglich inklusive Rückkehr des zwölften Imam. Hat jetzt gar nicht so sehr weh getan, eigentlich. Können wir gerne mal wieder machen.


22.08.2006 | 20:45 | Supertiere

Fluchtträume


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Das grösste Nagetier ist das Pferd. Eine Nachricht, die bei Nichtreitern nicht verbreitet scheint. Das Ross nagt, weil Nägelknabbern beispielsweise im Laufe seiner Domestizierung durch den Hufschmied verunmöglicht worden ist, aus Langeweile an Holz herum. Die Fachmänner, wie z.B. die Grimmbrüder bezeichneten diese "Untugend Nr. 1", so wie sie nach wie vor genannt wird, als Koppen. Neu hingegen ist, dass die Tiere nicht nur aus Langeweile nagen, sondern dabei auch kreatives Potenzial entwickeln können, wie diese Lettermanshow zeigt, in der der schmerzhaft unsympathische Musiker Tom Waits zeigt, dass seine Rösser durch angestrengtes Koppen sogar in der Lage sind, Fluchtträume bildnerisch umzusetzen. Auf dem Huf liegt natürlich, dass es Waitsens schauderhafte Weisen sind, die sie davon treiben.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (3)


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