08.01.2006 | 06:14 | Fakten und Figuren | Vermutungen über die Welt
 Schwarzes Loch (unecht) mit Begleitstern, Scheibe, Auswurf (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Angeblich ist heute, am 8. Januar, der Tag des Schwarzen Lochs. Zumindest behauptet das die FASZ vom 1. Januar 2006 (Seite 64), der man ja prinzipiell alles glauben kann, auch wenn es ansonsten dafür überhaupt keine Quelle gibt. Eigentlich ist es natürlich auch dialektischer Unfug, nach einem sichtbaren Anlass zu suchen, um über etwas Unsichtbares zu berichten, aber wir sind da nicht so.
Es ist etwas ruhig geworden um das Schwarze Loch. Ungefähr zum letzten Mal hörte man von ihm, als vor etwa einem Jahr bekannt wurde, dass sich im Zentrum der Milchstrasse ein zweites Schwarzes Loch befindet, das jedoch nur 1300mal so schwer ist wie die Sonne. Wie, ein zweites? Gibt es etwa noch eins? Genau richtig, das erste hingegen wiegt 2.6 Millionen mal soviel wie die Sonne und wurde daher auch schon vor ein paar Jahren entdeckt (Bild unten). Wie es dahinkommt, wo es jetzt ist, nämlich gar nicht mal so weit weg von uns, das muss man erst noch herausfinden.
 Schwarzes Loch (Quadrat) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Viel leichter zu erklären als die Herkunft dieser supermassiven Schwarzen Löcher sind die normalen kleinen Dinger, die jedesmal entstehen, wenn ein etwas grösserer Stern implodiert (innen) bzw. explodiert (aussen). Dass diese "Supernova" zu einem Schwarzen Loch führt, wurde schon 1939 von Oppenheimer vorhergesagt, interessanterweise nur ein Jahr nach der erstmaligen Synthese von LSD. Diese Supernovae passieren ungefähr nur einmal pro 100 Jahre pro Galaxie, und daher gibt es immer ein grosses, orgiastisches Fest unter Astronomen (mit Alkohol), wenn mal eine in der Nähe stattfindet; letztmalig war dies, wir wir alle wissen, 1987 der Fall, als ein bis dahin weitgehend unbekannter kanadischer Mensch namens Ian Shelton plötzlich berühmt wurde, weil er sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort, nämlich auf einem chilenischen Berg namens Las Campanas befand.
Die Antwort auf die ewige Frage, wie man denn Schwarze Löcher sehen kann, wenn sie doch alles Licht verschlucken, bevor sie es wegschicken, lautet übrigens, wie nicht anders zu erwarten, "indirekt", was aber gar nichts macht, denn "direkt" kann man sowieso fast nichts über Dinge sagen, die zig Millionen Tagesreisen (mit Lichtgeschwindigkeit) entfernt liegen. Bei Schwarzen Löchern ist es vergleichsweise einfach, denn in Zusammenarbeit mit benachbarten Sternen (Bild ganz oben) kann so ein superschweres schwarzes Ding phantastische Kunststücke anstellen, zum Beispiel extreme Mengen Röntgenstrahlung aussenden oder stachelförmige, hochenergetische Auswürfe ausbilden. Man wäre gern näher dran, um sich das genauer anzusehen, vielleicht statt Urlaub in Griechenland, aber dann, ach, vielleicht doch besser nicht.
08.01.2006 | 04:45 | Anderswo | Vermutungen über die Welt
 Gekonnt versteckt (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Die wohl grösste gesellschaftliche Veränderung der letzten Jahre ist der rasante Umschwung vom Suchen zum Finden. Während Ende der 90er fast alle weltweit auf der Suche nach irgendwas waren (wir erinnern uns an sogenannte Suchmaschinen, an Suchhunde und Suchtberatung), meint heutzutage jeder, etwas Wichtiges gefunden zu haben, und sei es nur eine neuartige Fuchskatze mit wundervoll langem Schwanz. Vermutlich hat das viel mit der Demokratisierung des Findens durch Google zu tun, aber davon abgesehen deutet der Findetrend eindeutig auf eine Art globale Zusammenballung von Menschen, Tieren und Gegenständen hin, ein widerliches Aufeinanderzubewegen von nahezu allem, das erst aufhören wird, wenn es denn mal zu Ende ist.
Genug der theoretischen Vorrede, denn wichtig ist in diesem Zusammenhang nur, dass – voll und ganz im Geiste dieser Zeitenwende – gestern zwei phönizische Häfen gefunden wurden, und zwar gar nicht in Phönizien, wo auch immer das liegt, sondern im Libanon. Sie heissen "Tyre" und "Sidon" und man fand sie in zwei Städten namens "Tyre" und "Sidon", also gerade da, wo man sie am allerwenigsten vermuten würde. Schon bei Kalle Blomquist steht schliesslich, dass das offensichtliche Versteck das beste ist, und die Tatsache, dass dies auch phönizischen Häfen bekannt ist, deutet wahrscheinlich auf irgendwas hin, was man noch mal genauer unter die Lupe nehmen müsste. Wer weiss, was man dabei noch alles finden könnte.
07.01.2006 | 16:59 | Alles wird schlechter | Zeichen und Wunder
Würde man gegen schlechte Werbung kämpfen, wäre es, als würde man sich mit Godot dazu verabreden, Sysiphos beim Felsenrollen zu helfen. Dass es gleichwohl nötig wäre, zeigt besonders schmerzhaft ein bereits häufiger besprochenes Thema, das einem die unterträgliche Seichtigkeit des Reims (wenn er schlecht ist) vorführt: Corporate Songs, Firmenlieder.
Anzufangen wäre eine unvollständige Übersicht mit dem bekannten Klassiker Westaflex, der sich auf der lyrischen Überholspur mutig vorwagt: Die kontrollierte Wohnungslüftung Westa Air Control Verbindet gute Luft und Wärme, ja, man fühlt sich richtig wohl, unser gut geschultes Mitarbeiterteam ist motiviert, weil die Zufriedenheit unserer Kunden grossgeschrieben wird Filterluft und Abgastechnik – Westaflex Dazu bemerkte Tex Rubinowitz korrekt, dass sich der Westaflex-Song anhört "wie die nie vermisste Verbindung zwischen Die Ärzte und Max Goldt". Es gibt inzwischen auch einen von Kindern gesungenen zweiten Song der sympathischen Abgastechniker.
 Firmenliedbesitzer (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Aber nicht nur im maschinenbaulichen Bereich werden Firmenphilosophien vertont, auch Unternehmensberatungen wie Ernst & Young fühlen sich berufen, Gospelsongs wie "Oh Happy Day"(mp3-Download) umzudichten: Oh happy day when Ernst & Young showed me a better way Bei der grossen Konkurrenz auf dem Beratungsmarkt ist es kein Wunder, dass KPMG mehr tun musste, als nur mit einem eigenen Song (mp3) nachzuziehen: KPMG – as strong as can be a team of power and energy we go for the gold together we hold to a vision of global strategy
Im Wissen jedoch um die Aktuatlitätsverpflichtung und die Forderung der Kunden um präzise Markt- und Zielgruppenkenntnis bis in die Niederungen der Subkultur hinein, forcierte man einen Jungle Remix des KPMG-Songs, ebenso wie eine Hardrock-Version und als Bonusbonbon, man möchte vor Freude weinen, tatsächlich einen Teutonic Mix, der sich mit seinen Marschmusik-Elementen, dem wochenschauesk vorgetragenen Text und seinem Filmmusikstart anhört wie das Lied, zu dem Hans Zimmer, Rammstein und der Wagner-Clan Gruppensex haben.
Dass Corporate Songs nicht immer die gleiche Mischung aus Popimitat und Softrock-Surrogat enthalten müssen, zeigt ebenfalls das Con-Dentallabor, das mit einem famos heiteren Ragga-Bongo-Liedchen um Kunden wirbt. Auch der Text ist in jamaikanisch akzentuiertem Deutsch gehalten:
Zuerst fange sie zu wackeln anne das keennt doch irgendwie jedamann .. wier siend daas Con-Dentallaboorr bai Zähnen macht uuns keiner wase vore .. ist der Unterkiefere wege ersetzene wir ihhn Dier komplette
Das Lied kann durchaus häufig hintereinander gehört werden, eine gewisse Fröhlichkeit kann man ihm nicht absprechen, ebenso wenig wie dem Con-Dentallabor Mut (zur Lücke).
 Firmenlied- und Radrennenbesitzer (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Fast in normpop-hanseatischer Biederkeit präsentiert sich dagegen die Hymne der Hamburgischen Electricitäts-Werke HEW, ein Lied, dessen Intention sehr schwiemelig plump daherkommt. Es geht nämlich darum, dass sich zwar der Name des Energieversorgers ändern sollte – die Tradition jedoch bestehen bleiben sollte:
Wir sind Hamburg, ja, Hamburg sind wir, die Energie dieser Stadt, die liefern wir, ein Name verschwindet, doch wir bleiben wir, egal welcher Name, egal wie man heisst, ja, wir sind Hamburg – in altem Geist
Modern dagegen gibt sich Windmann Glas mit einem Lied namens "Welt aus Glas", das "die Klangwelt Glas" erzeugen sollte. Es ist selbst im internationalen Vergleich professionell gemacht, hat einen vertonten Weichzeichner-Charme und hört sich an, als hätte Wham auf Prozac eine Ode an Glas geschrieben. Der Text kackt dagegen eine Nuance ab, ist aber konsequent und nennt immerhin nicht den Firmennamen. Glas fasziniert, verschönert unsere Sicht, eine Welt aus Glas ist eine Welt voller Licht
 Firmenliedbesitzer (nicht im Bild) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Licht und Energie scheinen thematisch und inhaltlich die Existenz von Firmensongs zu fördern, denn auch internationale Energiekonzern BP hat sich aus nicht nachvollziehbaren Gründen entschlossen, eine an vertruckter Western-Piefigkeit nicht zu übertreffende Firmenhymne in die Welt zu setzen "BP – Wir bringen Sie in Schwung" (auf Firmensong klicken, dann die kleinen Lautsprecher anwählen):
Manchmal fährst Du mit dem Wind, Du siehst die Sonne, die versinkt, immer weiter gradeaus, komm' halt mal an und ruh Dich aus BP – wir sorgen für Bewegung BP – wir bringen Sie in Schwung Nicht nur, dass im Text des Liedes zwischen "Du" und "Sie" alle paar Sekunden gewechselt wird, auch der Inhalt bleibt völlig unklar, ausruhen oder in Schwung bringen, was denn nun?
 Firmenliedbesitzer (zwei) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Auch die Post hat bei derselben Firma einen Firmensong herstellen lassen: Kleb mal ne Marke drauf – Deutsche Post Es ist Dein grösster Traum, dass Du Deine Liebste in den Armen hältst, schreib Ihr 'nen Brief und kleb 'ne Marke drauf, damit Du Dich nicht endlos quälst, denn das sagt mehr als mancher Blumenstrauss zu sagen vermag und die Antwort bringen wir, na klar, schon am nächsten Tag Diesem Text ist letzlich nichts mehr hinzuzufügen, was nicht sowieso durch die lachtränenerstickte Stimme kaum zu hören wäre.
Eine abschliessende Beurteilung der Firmensongs ist zwar kaum möglich, weil die Bandbreite der Unfassbarkeiten ein Mass erreicht, dem man mit Worten kaum gerecht werden kann. Festzuhalten bleibt aber zweierlei. Zum einen besteht der Holz-Weg zum Firmensong an sich aus aneinandergelöteten Fettnäpfchen verschiedener Grössen, Ausnahmen: Keine. Zum anderen ist selbstverständlich der Riesenmaschine-Song bereits im Stadium der Planung. Wo er hoffentlich auch noch lange bleiben wird.
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07.01.2006 | 06:11 | Papierrascheln | Vermutungen über die Welt
 Deutschland 2100 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Auch 2006 gibt es wieder den Entrümpelungskalender von Frau Rita Pohle, von amazon derzeit passend mit der Bannerwerbung "Alles muss raus" kombiniert. Nun ist Wegwerfen wirklich kein neue Volksbewegung, vor allem nicht, wenn man auch seine unmittelbaren Verwandten Wegschliessen, Ausrotten und Ausräuchern miteinbezieht, die in der Weltgeschichte sehr regelmässig für Aufsehen sorgen. Frau Pohles Engagement fürs Entrümpeln jedoch verdient immerhin beiläufiges Kopfnicken, sowohl wegen seiner Konsequenz (ihr neuestes Werk heisst "Weg damit: Die Liebe befreien") als auch wegen seines Einfallsreichtums (Aufräumen mit Feng-Shui und Räucherstäbchen). Nun können wir leider nichts zum Inhalt des Entrümpelungsbuchs sagen, denn hätten wir es bestellt, es wäre am Ende doch nur wieder weggeworfen worden. Nichtsdestotrotz ist, was das Gesamtkonzept angeht, grosse Skepsis angebracht: Angeblich besitzt der Durchschnittsmensch heute, so Frau Pohle, etwa 30000 Gegenstände, während es im vorletzten Jahrhundert nur 150 waren. Das ist eine Steigerung um Faktor 200, eine galoppierende, epidemische Gegenstandsvermehrung, die auch Frau Pohle nicht aufhalten wird. Noch zu unseren Lebzeiten wird jeder, der nur drei geräumige Lagerhallen voller Unrat hat, als Asket gelten, und Umzüge werden aus praktischen Gründen vollkommen unmöglich sein. Wir werden alle in unseren Mittelgebirgen aus Müll sitzen und per ebay unseren Quatsch gegen neuen eintauschen. Erst wenn die Erde durch Unratsakkumulation so gross ist wie Jupiter, ist eventuell eine Trendwende in Sicht, und dann, ja dann könnte man vielleicht nochmal über Feng-Shui nachdenken. Bis dahin regiere Chaos.
06.01.2006 | 20:29 | Alles wird besser | Sachen kaufen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Warum kann ein Fruchtbarkeitstester eigentlich nicht wie ein Fruchtbarkeitstester aussehen? Sondern wie ein Wankelmotor, eine exotische Kabeltrommel oder sonstiges billiges Plastikspielzeug? Dabei ist dieses unschöne Teil, von dem wir bei Medgadget lesen, in Wahrheit die glorreiche Zukunft des Fruchtbarkeitsrituals: Kleine, harmlose Samenzellen springen hocherfreut aus der (nicht abgebildeten) Abschussrampe in die ovale Vertiefung, werden ruckzuck auf Gebärmuttertemperatur erwärmt, dann in einen Korrall getrieben und gründlich durchgezählt. Am Ende noch schnell den Kopf rasiert und mit Brandzeichen versehen, und schon kann der Samen wieder hinaus in die freien Weidegründe der Dreizimmer-Küche-Bad-Wohnung, und, zum Beispiel, beim Gardinenaufhängen helfen. Einen ähnlich genialen Fruchtbarkeitstester gibt es offenbar vom selben Hersteller auch für Frauen, nur sieht er dann (natürlich) aus wie ein Fischmesser. Erhältlich ist beides offenbar schon in wenigen Tagen irgendwo in England.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Politessenladen
- Unterputz-Druckspüler
- dazu passende Konsolen
- Beim Einkauf ZUERST den Amboss einpacken, dann die Eier
SO NICHT:
- CC-Verteiler
- Move mit Hyperschweinen
- Merowinger-Argumente (ungültig)
- die Lunte im Kopf
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Brothers of the head", Keith Fulton, Louis Pepe (2005)
Plus: 3, 15, 43 Minus: 1, 14, 74, 90 Gesamt: -1 Punkte
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