Riesenmaschine

12.02.2009 | 09:55 | Alles wird besser | Vermutungen über die Welt

It's only a theory (but I like it)

Im Darwinjahr 2009 ist es endlich Zeit, dass Papst Benedikt XVI. ein paar Theorien exkommuniziert – und zwar aus der Gemeinschaft empirischer Könnte-so-könnte-aber-auch-anders-sein-Theorien in das göttliche Reich des analytischen Apriori. Denn dass, was lebt, sich auch evoluzioniert, das ist doch nicht zufällig so, nein, das ist in seiner Klarheit, Schönheit und Zugänglichkeit eindeutig eine begriffliche Wahrheit. Hinter der Evolutionstheorie ständen auf den Plätzen zwei und drei als Aufsteiger aus der Empirieliga dann der Energieerhaltungssatz und Smiths Markttheorie fest.

Weil das natürlich, wie alles in der Philosophie, entweder falsch oder trivial ist und Papst Benedikt gerade ganz andere Sorgen hat, kommt es gelegen, dass Leute, die sich wirklich auskennen, jetzt ein neues "Group Blog Devoted to General Philosophy of Science" gegründet haben, das den bescheidenen Titel It's Only A Theory trägt. Es ist nur eine Theorie, das ist ein Satz vom gleichen Schlag wie "Er will nur spielen" und "Wir sind nur Freunde", das heisst, er ist meistens wahr, nur manchmal nicht, zum Beispiel dann, wenn man an einem Felsvorsprung über einem gähnenden Abgrund hängt und wegen der Gravitation gleich herunterfällt. In dem Fall hilft einem aber auch das Apriori und der Papst nichts.


10.02.2009 | 22:40 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Soll ich dir mal was Grosses zeigen?


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Seit dem Aussterben der Dinosaurier, naja, oder zumindest seit dem Aussterben der steinzeitlichen Megafauna, oder, für manche, auch erst seit dem Untergang des Römischen Reiches oder dem Absatzeinbruch der SUVs, die allesamt als evolutionär eher unflexibel gelten, hat sich der wirre Irrglaube breitgemacht, dass Dinge eine optimale Grösse besitzen, die es weder zu unter- noch zu überschreiten gilt, dass "grösser" also gar nicht gleichbedeutend mit "besser" ist. Das ist natürlich totaler Humbug! Gross ist neben nachtleuchtend und WLAN-fähig nach wie vor die wichtigste und tollste Eigenschaft, die ein Produkt haben kann. Grösser ist einfach mehr und mehr ist nun mal toller als wenig (man denke an Pizza). Und wenn mir jetzt bitte mal jemand auf meinen neuen Sitzball helfen würde?

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Riesenwelten


07.02.2009 | 03:13 | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Spam-Spam

Wie weit die Finanzkrise inzwischen selbst krisenfestscheinendste Branchen erschüttert, zeigt die untenstehende alarmierende Mail – offensichtlich kriegen Spam-Versender mittlerweile nicht mehr alle ihre Mail-Slots verkauft (ein Cash-Flow-Problem in der Via*grA-Branche?), es drohen Massenentlassungen. TOM, einer der renommiertesten Anbieter im Geschäft, macht nun das einzig richtige: Neukundenakquise, natürlich mittels einer Spam-Mail. Damit ist die lange überfällige Übertragung des "Hier könnte ihre Werbung stehen"-Prinzips auf den Spam-Sektor auch endlich Realität.


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04.02.2009 | 19:26 | Alles wird schlechter | Fakten und Figuren

Ein schöner Tag am Institut d'Astrophysique Spatiale


Experten: Einwandfreie Graswiese (Foto, Lizenz)
"Komm, Babineaux, Proseccöchen", lockte Renard aus der Institutsküche, aber Babineaux winkte ab. Wer musste in allerletzter Minute die Pressemitteilung zusammenschustern, während die anderen sich bereits volllaufen liessen? Klar, Babineaux, "das Lineal", wie ihn die Kollegen nannten. Er hörte es nicht gern. "Was ist denn jetzt mit dem Planeten?", rief er in die Küche, "was soll ich hinschreiben? Deadline in zehn!". Aus der Küche drang Gelächter. "Schreib: 'Oberfläche zum Herumlaufen'!" Das war Renard. "Schnauze, Renard!", ging der Chef dazwischen, "Babi, schreib irgendwas mit "erdähnlich", das bringt Schlagzeilen." Babineaux legte die Stirn auf den Schreibtisch. "Lava! Wasserdampf!" krähte es aus der Küche, dann: "Komplett mit Wasser bedeckt! Mit flüssigem Wasser!" Etwas ging klirrend zu Boden. "Scheiss drauf", dachte Babineaux, "ihr habt es nicht anders gewollt", und drückte auf Absenden.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Brunschweilers letzter Erfolg


30.01.2009 | 19:03 | Anderswo | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Brunschweilers letzter Erfolg


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Brunschweiler zog auf der Prokuristentoilette noch einmal seinen schütteren Scheitel nach. So schlecht sah er gar nicht aus, fand er. Immerhin wusste er noch, wie man einen ordentlichen Krawattenknoten band und wie man auch mit wenig Haar effektvoll Macht demonstrieren konnte. Er wusste, dass Staudacher, seine ehrgeizige junge Gegenspielerin, über seine sorgfältig drapierten Haare heimlich spottete. Er wusste aber auch, dass sie, diese Zicke, mit ihrem aufgesexten Casual Look an wichtigen Sitzungen zuverlässig einen leisen Ärger in Knellwolfs Augen darstellte, während ihm Brunschweilers durchschimmernde Glatze ein Gefühl von Jugend vermittelte. Und Knellwolf war nun mal der entscheidende Mann in der Sparte Portionsdosen Kaffeesahne.

Er wusste, es würde ein hartes Meeting werden, ein entscheidendes. Es ging um nichts weniger als sein Lebenswerk, und er war bereit zu kämpfen. Er war gut vorbereitet und sein Enkel hatte ihm, unwissentlich, mit einem dieser brutalen Computerspiele den entscheidenden Hinweis gegeben. Diesen überraschenden Vorschlag, da war sich Brunschweiler sicher, würde von ihm niemand erwarten. Die Staudacher würde höchstens mit dem Vorschlag kommen, die bewährten, tiefgezogenen Portionsbecher durch ökologischer produzierte Kartonbehälter zu ersetzen, damit würde sie bei Knellwolf sowas von abblitzen; schliesslich kannte er nach fast vierzig Jahren in der milchverarbeitenden Industrie die Vorliebe Knellwolfs für die damals revolutionäre Tiefziehtechnik.

Er zog seinen Bauch ein und betrachtete sich von der Seite. Während er den Gurt doch noch ein Loch enger schnallte, erinnerte er sich an seine grössten Erfolge: Wie er sich in den frühen 70er Jahren damit durchgesetzt hatte, die bewährten Kantonswappen auf den Kaffeerahmdeckeli durch wechselnde Tiersujets zu deckeln. Wie sich, wie erwartet, bald schon erste Sammler angesprochen fühlten. Wie Käppeli 1990 den ersten Kaffeerahmdeckelikatalog für 45,- Sfr. auf den Markt geworfen hatte. Dann die ganzen Berichte in der Fachpresse und schliesslich die Einladung als Ehrengast bei der Gründerversammlung des Sammlerclub "Kaffee Halbrahm" in der Mehrzweckhalle Niederaffoltern. Wie er danach in immer schnellerer Folge die Motive auswechselte; die Distelserie, die verbotene "Blick-Serie" (damals wegen "artfremder Werbung" vernichtet, bis heute gesuchte Sammlerexemplare; er würde sein Exemplar dem Firmenmuseum testamentarisch zusichern). Dann die ganzen neumodischen Sportarten und als Höhepunkt die "Playgirls"-Serie 1994, schöne Vintage-Meiteli waren das, dazu stand er bis heute, trotz des Skandals in der Szene. Wie er dann Ende der 90er mit künstlicher Verknappung und gezielten Fehldrucken eine wahre Hysterie ausgelöst hatte, das sollte die Staudacher erstmal bringen, die ahnungslose Kuh mit ihren ökologischen Papierbechern. Überhaupt, die hatte doch ein Problem mit Männern, 36 und noch immer nicht verheiratet. Er schritt ins Sitzungszimmer.

Zu seiner Überraschung eröffnete Staudacher nicht mit einem Angriff auf die tiefgezogenen Kunststoffbecher. Er würde mit Hunziker von der Informatik, seinem Informanten, reden müssen, die Kiste Roten konnte der sich aber sonstwohin stecken. Stattdessen kam sie mit der Forderung, neue Sammlerschichten anzusprechen, die Szene sei überaltert, man müsse die Kinder gewinnen. In zwei Worten zusammengefasst war der lahme Vorschlag von Staudacher: Kindergerechte Motive. Spielzeuge, Plüschtiere, sowas. Ob sie, Staudacher, überhaupt eine Ahnung habe von der heutigen Jugend, konterte er süffisant, sie habe ja selber keine Kinder, wenn er richtig informiert sei, oder? Und dann liess er die Bombe genüsslich platzen, jede Nervosität war jetzt weg, er war wieder der Fuchs seiner jungen Tage, er hatte Knellwolf in der Tasche. Die Zielgruppe nämlich, und er spreche da aus Erfahrung, habe selbst Enkel, die würden den ganzen Tag nur Ballerspiele spielen, Blut, Tote und Zombies überall und dann erst im Internet all diese ekelhaften Bilder, er sage nur rohtendotkom, Sperriges sei die Zukunft, auch im Kaffeerahmdeckeligeschäft. Kurz, der einzig mögliche Weg, um die sinkenden Absätze aufzufangen und um wieder mehr Präsenz in der Presse zu erhalten, führe über die Serie "Ekel, Abscheu und Widerwärtiges".

Ende des Jahres ging der grösste Bonus überraschend an Rüthemann und sein Team. Knellwolf fand es äusserst bemerkenswert, wie es der Grafik gelungen war, beiden Seiten das Gefühl zu geben, sie wären als Sieger aus dieser Sitzung herausgegangen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ein wundervoller Tag im Institut für Theoretische Physik


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