Riesenmaschine

10.11.2005 | 23:18 | Anderswo

Umlaut-a-thon


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Normalerweise lassen wir uns ja keine Charity-Veranstaltung entgehen; wir klettern für Pandabären auf den CN Tower, wandern für Amyotrophe Lateralsklerose, ziehen uns für die Krebsforschung aus, laufen rückwärts gegen Brustkrebs oder denken uns was ganz anderes Bescheuertes aus. Es gibt einfach sonst kaum Events, die soviel Freundlichkeit und Gemeinsinn ausstrahlen, dass man fast kostenlos den Welthass in neue, bizarre, nie für möglich gehaltene Bahnen lenken kann. Plötzlich hasst man auch Behinderte und kleine niedliche Felltiere, bestimmt irgendein wichtiges soziologisches Phänomen, das für die Weiterentwicklung der Menschheit von grosser Bedeutung ist. Aber gestern ist uns dann doch eine neue Dimension in der Charity-Saga entgangen, denn im Boat-Club in Toronto wurde, um Geld für das Rote Kreuz zu sammeln, sechs Stunden lang "Ace of Spades" von Motörhead gespielt, ohne Pause, keine Coverversionen, 768mal "Ace of Spades" in Folge. Wir vermuten, dass man hinterher zum erbitterten Heavy-Metal-Kritiker wird, vielleicht wird man endlich mal die alten Black-Sabbath-Platten rückwärts abspielen, und "Headless Cross" für das halten, was es ist, nämlich ein zutiefst unchristliches, seelenfeindliches Werk, aber belegen können wir das leider nicht.


10.11.2005 | 16:38 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Mietsachen


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Es sollte viel mehr Dinge zum Mieten geben. Das gilt sowohl für Gegenstände, die man so selten braucht, dass sich ein Kauf wirklich nicht lohnt (Kochtopf, Spiegel, zweiter Stuhl) als auch für Sachen, die man sich unter normalen Umständen allenfalls im Traum zulegen würde, zum Beispiel Hubschrauber, Panzerfaust oder einen echten Hauselch. Aus Prinzip sollte man aber auch Dinge mieten können, die man eigentlich nie braucht, zum Beispiel ein Dorf. Und weil zumindest das Letztgenannte seltsamerweise schon funktioniert, aber noch viel zu wenig populär ist, weisen wir hiermit einigermassen begeistert auf Rent-a-Village hin, das nicht nur Mondsee, Trittenheim und Pertisau, somit Dörfer in zwei verschiedenen Ländern vermietet, sondern auch schon den nächsten Schritt vollzogen hat und ein komplettes Land anbietet. Ok, es handelt sich nur um Liechtenstein (siehe Bild), aber dafür kostet es auch nur eine Viertelmillion (pro Tag natürlich). Man würde annehmen, dass man sich mit einem so hervorragenden Schachzug vor Kunden nicht retten kann, aber erst 2006 wird Liechtenstein das erste Mal komplett vermietet werden (übrigens anlässlich der 750-Jahr-Feier der Riesenmaschine, was aber niemand wissen darf). Als nächstes würden wir gern die Bahamas mieten (schön warm da), dann vielleicht Litauen oder das Mekong-Delta, die Internationale Raumstation, Area 51, das Great Barrier Reef, oder halt einfach einen Flugzeugträger im Persischen Golf. Übrigens: Wir vermieten neuerdings die komplette Riesenmaschine; 400 Dollar pro Person und Tag, mindestens 150 Personen, halber Preis für Kinder und Informatikstudenten.


10.11.2005 | 13:09 | Anderswo

Zu Besuch beim Geschreiadler

Für Menschen, die statt Kirchen oder Landschaften lieber schöne Wörter besichtigen, kann es derzeit kaum ein besseres Urlaubsland geben als Tschechien. Immerhin leben im Riesengebirge der Geschreiadler und 120 aderige Pflanzen, das Wetter ist nur selten bewölklich, alle Zimmer haben perfekte Sozialausstattung, eigenen Sanitärhintergrund oder doch wenigstens Zusammensanitäreinrichtung und im "Gasthof zum gebackenen Entlein" wartet auf den Gast vor dem Essen ein Tontopf voll mit der Gebrodelsuppe. Auch kann man die Erfrischung haben, z.B. im interessanten gesamthölzernen Objekt des Waldcaffes. Die Preiswürdigkeit können Sie in dem Hoteltresor verstecken. Und mit all dem zögert man besser nicht zu lange, denn die unberührte Schönheit der tschechischen Wörter wird vermutlich durch die Gestaltung der Konzeption des Fremdenverkehrs zügig dem Deutschen gleichgemacht.


10.11.2005 | 11:09 | Fakten und Figuren

Das Schweigen von Yoko Ono wird überbewertet


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Unausrottbar hält sich noch Jahrzehnte nach deren Ende die unappetitliche, allunwissend wolllüstige und xenophobe Folklore, Yoko Ono sei schuld am Ende der Beatles gewesen und sowieso nur eine schrill krähende Schreckschraube, die sich im Schatten der Beatles gesonnt habe. Dabei kann sich jeder Vulgärpsychologe zusammenreimen, dass es nicht die grosse Fluxuskünstlerin gewesen sein konnte, sondern allein die Eifersucht Paul McCartneys, der durch die Präsenz der grandiosen Frau an der Seite des sie zu Recht bewundernden Lennons seine Rolle, äh, davonschwimmen sah. Lustigerweise hat sich kürzlich Yoko Ono bei McCartney dafür entschuldigt, dass sie seine Songs als "seicht" bezeichnete. Er wird halt nicht genau einschätzen können, ob sie es ironisch, "ironisch" oder ironisch meinte, z.B. einen Rassismus verniedlichenden Text wie "Ebony and Ivory" nicht anders als seicht bezeichnen zu können. Denn Paulchen hat die Entschuldigung noch nicht angenommen, es wird ihm ebenso schwer fallen, wie den Strafzettel für Falschparken zu akzeptieren.
So gesehen enthält ihre Entschuldigung eine komplexe Assoziationsbreite, man kann sie natürlich auch als Rätsel belassen, da sie zu viele verschiedene Impulse in sich vereinigt, wie es Joseph Beuys 1968 über das "Schweigen" von Marcel Duchamp gemeint hatte, der gegen die seiner (Duchamps) Sicht nach seichten Fluxus-Künstler wetterte, allerdings für einen Mann seines Kalibers erstaunlich unironisch. Nicht so häufig kam bisher die Frage auf, inwieweit die Beatles von Frau Ono profitiert haben, und letztlich dann auch wieder Paule, denn wer weiss, ob er so geworden wäre, wie er ist? Mit dem Behindertenausweis seiner Frau Falschparkstrafen entgehen? Warum nicht einfach Yoko auch dafür die Schuld geben?
Apropos Krähen: Auf ihrer Platte "Unfinished Music" befindet sich übrigens eine kesse Coverversion von John Cages berühmtem Meilenstein 4'33". Ihre Version nennt sie "Two Minutes Silence". Pop spart Zeit, Mull of Kintyre vernichtet sie.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


10.11.2005 | 02:00 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Super Schlange Stehen II


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Der Realitätsbezug von Computerspielen ist traditionell gering gehalten. Früher verhalf man Klempnern zu Prinzessinnen und kämpfte gegen Riesenaffen, spielte Ritter, Igel oder Gott und durchstöberte von sprechenden Tentakeln bevölkerte Gutshäuser. Mit zunehmend besserer Grafik stieg dann zwar der Realitätsgrad der simulierten Welten, was die Wiedergabe tatsächlich gelebter Alltagserfahrungen betrifft, sieht es aber bis heute mau aus. Wessen typischer Tagesablauf ist es schon, in einem Verlies zweihundert Leute abzuknallen, danach erfolgreich einen Vergnügungspark zu leiten und am Abend schnell noch Fussball-Weltmeister zu werden?

Abhilfe schaffen nun Persuasive Games, die für Nokia-Handys das Spiel Airport Insecurity veröffentlicht haben (gefunden bei Kotaku). Hierbei kommt dem Spieler die Aufgabe zu, durch die Sicherheitskontrollen der 138 grössten Flughäfen der USA zu gelangen. Die Spielregeln basieren auf den aktuellen Sicherheitsbestimmungen für US-Airports und so ist man die meiste Zeit damit beschäftigt, Schlange zu stehen und rechtzeitig verdächtiges Zeug aus den eigenen Hosentaschen loszuwerden – womit Airport Insecurity zugleich das erste Computerspiel sein dürfte, das der Spielende in absolut der gleichen Situation wie der von ihm gesteuerte Charakter absolvieren kann.


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