Riesenmaschine

11.11.2005 | 18:21 | Sachen kaufen | Sachen anziehen | Zeichen und Wunder

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(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
"Was kostn des?" – "Des was druffsteht." – "Unn was steht druff?" – "Des was' kost." (Richy unn Headbängä)
Gestern erreichte die Kunde eines neuen Trends der HipHop-Welt das vereinigte Königreich. Woran haftet der Geruch des gerade abgeschlossenen Kaufvorgangs am besten, was sagt noch mehr "FABRIKNEU!" als ein Paar boxfresh trainers? Klar, ein Preisschild. Frisch erworbene oder erst kürzlich angeeignete Kleidungsstücke oder Accessoires wie Basecaps sind deswegen ab sofort mit Preisschild zu tragen. Nun weist ja bereits die Tatsache, dass der BBC-Artikel, genau wie dieser hier, nicht ausgepreist ist, bereits überdeutlich darauf hin, dass es sich beim Pricetag-Trend nicht wirklich um eine brandneue Angelegenheit handelt (einzelne Riesenmaschine-Autoren haben das bereits Ende der 80er Jahre in Berlin mitansehen müssen). Bis er aber auch im Mainstream angekommen ist, also bis die ersten mit "359,99" bedruckten Truckercaps für 1,99 bei kik rumliegen, darf man sich auf seine möglichen Auswirkungen freuen: Schwere Zeiten für Ladendetektive, Szenen an der Kaufhauskasse ("Soll ich's Ihnen als Geschenk einpacken?" – "NEIN, BITCH!"), sowie Preisschild-Diebstahl als Mittelweg zwischen Coolness und geplanter Juristenkarriere für unentschlossene Mittelschichts-Nachwuchsgangsta. Neue Impulse für den übersättigten Tattoo-Markt: Tätowierungen, deren Motiv ihr Endpreis ist (schwarz, oder bunt mit Mehrwertsteuer). Auch die Ausweitung auf bedingt auszeichnungsfähige Bereiche wie Frisuren ist denkbar, also zählt die Tage bis zur Sichtung des ersten gebrandeten Friseurumhangs in ze Hood auf einer Mitte-Party.

Natascha Podgornik | Dauerhafter Link


11.11.2005 | 16:10 | Berlin | Alles wird schlechter | Sachen kaufen

Kinderkunstkacke


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Einige sehr ärgerliche Trends finden mit besäufniserregender Regelmässigkeit immer wieder ins Rampenlicht der öffentlichen Aufmerksamkeit zurück. Zu ihren erbärmlichsten Vertretern gehört die kokett vorgetragene Infantilität Erwachsener. Beispiele dafür gibt es wie Sand auf dem Spielplatz: Von der Miniplayback-Show über die Schnullerschwäche einiger Jugendlicher und das Diddldrama bis zur Teletubbietragödie. Ein konstant bleibendes Ärgernis aus dieser Kategorie ist Kinderkunst. Zeichnungen von Kindern sind für genau drei Personen etwas Schönes – für das Kind selbst und die Eltern. Schon Geschwister sollten nicht mehr damit belästigt werden und erst recht nicht Kollegen im Büro oder arglose Passanten, die nichts getan haben ausser zum falschen Zeitpunkt an einem beklebten Fenster vorbeizulaufen.

In der Wrangelstrasse in Berlin Kreuzberg gehen die Teilzeiterwachsenen der "Ist-doch-süüüüss"-Fraktion noch einen Schritt weiter und hängen kommentierte Kinderzeichnungen an alle Strassenbäume. In manchen Ländern ist visueller Terror strafbar. Offenbar jedoch nicht in den USA, wo sich tagtäglich ein von Kinderhand designtes Drama abspielt. Die Website Small Hands Creations bietet entzückt-entrückten Eltern an, Zeichnungen ihrer Kinder einzuschicken. Diese werden dann in Sterling Silber dreidimensional nachgebildet (Foto). Da bleiben eigentlich nur zwei Fragen offen: Wie reagiert das Unternehmen, wenn man keine Kinderzeichnung, sondern etwa eine stilisierte Hamsterschändung einschickt? Und bis wann muss man seine Zeichnung eingeschickt haben, damit sie noch rechtzeitig als Worst-Case-Weihnachtsgeschenk zu verwenden ist? Die eine der Antworten ist "10. Dezember". Die andere Antwort kann gern selbst erfragt werden.


11.11.2005 | 14:32 | Anderswo | Zeichen und Wunder

Sexframe


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wahrscheinlich gibt es irgendwo irreführende Statistiken, die auf der Basis verschämter Antworten zu vollkommen verzerrten Ergebnissen kommen und suggerieren wollen, dass es Leute gibt, die das Internet zu etwas anderem nutzen als zum Pornosurfen. Zum Glück gibt es diese wunderschöne Anleitung aus einem Hotel in Xi'an, in der einem mittels einer "Internet Operationing Instruction" erklärt wird, wie man seinen Computer mit dem hotelzimmereigenen Anschluss verbinden kann, um so ins Internet zu gelangen, das hier zu einem "sexframe" gehört.
In dieser Anleitung wird nicht lange um den heissen Brei geredet. Als erstes soll man seinen on-line neighbor "entern", vorher geht gar nichts. Dabei soll man, verwirrenderweise, entscheiden, zu welchem "sex", Geschlecht, man gehören will. Ist das nicht schon klar, nachdem man geentert hat? Das Herzstück des Ganzen ist allerdings die Forderung, sich zum Sexframe zu bekennen. Man soll nämlich die Vereinbarung des INTERNETS (in Grossbuchstaben, es gibt nur eines, man soll kein anderes neben ihm haben) doppelklicken, die besagt, dass das INTERNET zum "sexframe" gehört. sexframe wiederum in Kleinbuchstaben, wahre Macht muss nicht protzen.

Wenn man alle Schritte befolgt hat, darf man guten Endes "formally" ins Sexframe, nein, Internet gehen. Wobei man in China den Vorteil hat, dass zum Beispiel viele Bloggerseiten gesperrt sind und man so nicht aus Versehen unvorbereitet mit den Befindlichkeiten fremder Menschen konfrontiert werden kann.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Vietnam II: Broken English


11.11.2005 | 14:09 | Listen | Vermutungen über die Welt

Von Crunk bis Turntablism


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Nein, diese Dee-Jays! Stehen stumm und mösenbärtig hinter ihren Technics-Ungetümen und mixen bald dies, bald jenes ineinander. Von Progressive Hop über Nu Soul bis hin zu Speed Garage und dann – zack! – gleich wieder zurück zu Dirty South und Ghetto Tech. Wer jetzt nur Rautatieasema (finn.: Bahnhof) versteht, ist nicht allein. Kein Wunder, dass kein Schwein mehr die Nomenklatur diversester Musikstyles versteht, die Zeiten in denen es "beide" Musikstile (Country UND Western) gab, sind seit Ewigkeiten vorbei. Wer auf der Höhe der Zeit sein möchte, studiere bitte Ishkur's Guide to Electronic Music. Es ist dies ein kleines, böses Flash-Monstrum, das jede Subsubsubsubgruppe elektronischer Musik anhand von drei bis zehn Songbeispielen illustriert und zusätzlich die Verästelungen und Verbindungen zwischen jenen Subsubsubsubgruppen aufzeigt. Das Ding ist reichlich kundig aufgestellt, kennt im Bereich Goth sogar die inzwischen leider völlig vergessene Band "Danse Society". Alles in allem eine beeindruckend hässlich und doch gut zu bedienende und geradezu enzykloplädisch wertvolle Website. Ganz old school (Mund zu Ohr) empfohlen von Holger Schulze.


11.11.2005 | 12:20 | Anderswo | Was fehlt

Amerika von oben


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"Window Seat" von Gregory Dicum erklärt anhand von Satellitenfotos die Landschaft Nordamerikas, die man theoretisch vom Flugzeug aus sehen könnte, wenn man einen Fensterplatz hätte, schönes Wetter herrschte und es draussen nicht dunkel wäre. Kleinliche Amazon-Rezensenten bemängeln, dass Satellitenfotos ja wohl nicht aus Flugzeughöhe aufgenommen werden, aber wir haben ein ganz anderes Geflügel, wenn schon nicht mit Gregory Dicum, so doch mit der deutschen Verlagslandschaft zu enthaaren: Warum wurde diese Buchidee seit Erscheinen des Buchs Anfang 2004 nicht schon längst schamlos geklaut als Inspirationsquelle für ein ganz anderes, eigenständiges Buchkonzept zum Thema "Europa von oben" genutzt? Und das in Zeiten, wo man sich überlegen muss, ob man zu Fuss zum Supermarkt an der Ecke geht oder doch lieber fliegt, weil das billiger ist? Müssen wir denn alles selber machen?


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