Riesenmaschine

04.11.2005 | 15:48 | Alles wird besser | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder

Post it


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Oben sehen wir den Bildschirm eines Gerätes der Deutschen Post, nämlich einen Briefmarkenautomaten. Es ist gut und richtig und die Post verdient Lob dafür, Briefmarken nicht mehr von Schalterterroristen verkaufen zu lassen, sondern mit so einem Computer die entsprechenden Arbeitsplätze in die Briefsortiererei zu verlagern. Das wird offenbar schon so gehandhabt, denn inzwischen kann man auf einen Brief "Herr Müller, irgendeine Allee in Berlin oder so" schreiben (in Schreibschrift mit Neonstiften), und der Brief kommt nach zwei Tagen an, zusammen mit einer schriftlichen Entschuldigung wegen der eintägigen Verspätung. Wenn jetzt auch noch die rasend bekloppten Paketstationen – aber das gehört nicht hierher.

(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Hier weiter unten sehen wir ein Detailfoto des Markenautomaten, der, wie auf dem Bildschirm erklärt, auch einen beliebigen Wunschwert zulässt. Ein gewitzter Zeitgenosse hat das mit einem Cent ausprobiert, der Automat hat anstandslos geliefert und schon war die 1Ct-Marke auf das Gerät selbst geklebt. Man stelle sich kurz die Reaktion eines Postschalteristen vor, bestellte man eine Eincent-Marke und singe fürderhin ein Loblied auf die Automatisierung aller Mensch-Institutionen-Schnittstellen.
Die 1-Centmarke selbst aber ist in mehrfacher Hinsicht etwas Besonderes. Zum einen ist ein bunter Aufkleber (Mindestauflage: 1 Stck.) für einen Cent heute kaum mehr zu bekommen und wenn er schon so billig ist, dann soll sich niemand über das doofe Motiv beschweren. Zum zweiten könnte man sich für 45 Cent 45 Marken kaufen, sie geschickt miteinander verkleben, bekritzeln und hätte so eine nur aus Marken bestehende Postkarte – für Freunde des postmodernen Extrempurismus. Zum dritten aber lassen sich die Marken gut als hochflexibles Gestaltungselement nutzen. Bei einer Markengrösse von 2x4 cm braucht man pro Quadratmeter nur 1250 Marken, also 12,50 Euro, um Oberflächen von Tisch, Wand oder Fenster lustig zu bekleben: Eine echte Markentapete, die buchstäblich jeden Cent wert ist.


04.11.2005 | 13:03 | Supertiere | Papierrascheln

Stirb, Tier


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Die Riesenmaschine war Tieren bisher wohlgesonnen. Wir versuchten, die Andersartigkeit ihrer oft bizarren Lebensweisen zu respektieren, von ihnen zu lernen, ja, oft zogen wir ihr absurdes Sozialverhalten den komplizierten Mechanismen des menschlichen Miteinanders vor. Dabei verloren wir leider etwas aus den Augen, dass Tiere immer noch die grössten Feinde des Menschen sind. Nichts ist besser geeignet, diese These zu belegen, als "Bitten" von Pamela Nagami, eine gerade erschiene, hyperinformative Sammlung von medizinischen Fallstudien über Tierbisse und -stiche. Es steht jetzt unzweifelhaft fest: Alle Tiere sind grausame Monster. Alle, ausnahmslos. Wir wussten, dass Ratten gemein sind, aber muss man unbedingt Leprakranken die Zehen abfressen? Wir ahnten etwas von giftigen Schlangen, aber mehrere Tausend Tote pro Jahr? Vom Komodowaran hört man Grauenvolles, aber muss er zusätzlich 57 Krankheitserreger in seinem Mund herumtragen? Viel schlimmer ist, dass kein Mensch weiss, was für Monster Kegelschnecken sind, die ihre Opfer mit hochgiftigen Harpunenzähnen erdolchen. Knochenhechte sind in der Lage, aus dem Meer herauszuspringen und den arglosen Angler im Flug abzustechen.

Das ist kein Spass mehr, Freunde, und es hilft euch auch nicht, dass ihr euch untereinander nicht besser benehmt: Ein brasilianische Fliegenart etwa legt ihre Larven in die Körper von Feuerameisen (die wiederum Menschen problemlos umbringen können, also kein Mitleid). Wenn die Larve schlüpft, "borgt" sie sich den Kopf der Ameise und setzt dort Enzyme frei, die zum Abfallen des Kopfes führen. Das geht nicht, Leute, so nicht. Bei heise.de lesen wir von einer Assel, die zuerst die Zunge eines bestimmten Fisches isst, um dann selbst die Rolle der Fischzunge zu übernehmen (siehe Bild). Das ist so pervers, dass Auto-Tuning im Vergleich dazu wie eine harmlose Schrulle aussieht. Nein, das muss alles weg, Hechte und Hähne, Makaken und Moskitos, Frettchen und Fiebererreger, Hund, Katze, Pferde natürlich, ach. Zecken, Spinnen! Aber schweigen wir von Spinnen, das ist, also, unerträgliche Alpträume, gar nicht daran denken. Quallen, formlose Killer, weg damit. Kamele, Todesmaschinen, alles weg. Ein blutiger Kampf steht uns bevor, aber sie lassen uns keine Wahl; vernichten muss man sie, diese Tiere, wofür haben wir diese ganzen Bomben denn gebaut, ausrotten, mit Stumpf und, ähm, Beinen, ein für allemal. Naja, Eichhörnchen könnte man eventuell begnadigen.


04.11.2005 | 05:44 | Anderswo | Fakten und Figuren | Papierrascheln | Vermutungen über die Welt

Kinezikaryzisakoulogie


Bildunterschrift (Foto: 34929533@N00) (Lizenz)
Die Welt ist schwer. Leicht aber hätte es gerne der Mensch. Darum denkt der Mensch, wenn ihm ein langes Wort begegnet: "So ein Unfug! Ist denn die Welt ein langes Wort? Aber nein, vier Buchstaben hat die Welt, nämlich Weh, Eh, El und Tee. Ein kurzes Wort also, wie Wort selbst ja übrigens auch." Und recht hat er, der Mensch, so zu denken.
Eine wissenschaftliche Studie hat jetzt durch langwierige Forschung sogar einwandfrei nachgewiesen, dass lange und schwierige Worte schlechter Stil sind. Ausser natürlich, wenn sie unbedingt nötig sind, wie die klugen Köpfe hinter der Studie eilig anmerken. Nötig wie zum Beispiel in der Überschrift zu diesem Beitrag.


03.11.2005 | 16:04 | Alles wird besser | Alles wird schlechter

Das gehört so!


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
"Corbjin arbeitet gerne mit Kontrasten: Schwarz ist richtig Schwarz , Weiss so richtig Weiss. Scharfe Bilder sind recht selten & überhaupt ist die Bildqualität schlecht , alles ist meist grobkörnig. Doch das ist Absicht & jeder , der sich über die schlechte Bildquali beschwert hat Corbjin überhaupt nicht begriffen. Das gehört so ! Das ist Kunst!"
So schreibt ein Amazon-Rezensent über die DVD des Fotografen und Videoclip-Regisseurs Anton Corbijn. Die DVD erscheint in der zweiten Staffel einer bereits eingeführten, erfolgreichen Serie namens The Work of Director.... In der ersten Staffel war die erste Liga dieser Regisseure versammelt, Chris Cunningham (Aphex Twins "Come to Daddy" und "Windowlicker"), Spike Jonze (Der traurige Daft-Punk-Hund mit dem gebrochenen Bein, das Fatboyslim-Tanzvideo "Praise You" in Las Vegas), und der allerkreativste: Michel Gondry mit Meisterwerken u.a. für die White Stripes, Kylie Minogue und Foo Fighters bizarrer Traum "Everlong", und jeder natürlich auch ein paar der prächtigsten aller Björk-Videos.

In der zweiten Staffel ist nun nicht eine zweite Liga versammelt, sondern schauderhafte Konfektionsware aus der untersten Schublade, eben der oben erwähnte Corbijn, der vor etlichen Jahren einmal eine einzige, magere Idee hatte (kein Wunder, der Mann ist Holländer), nämlich Musiker besonders kontrastreich S/W zu fotografieren, und weil Musiker ganz besonders eitel sind, und man von ihnen nicht auch noch erwarten kann, dass sie eine Ahnung von Ästhetik haben, standen alle Musiker bei Corbijn plötzlich Schlange, und weil sie schon mal da waren, liessen sie sich von ihm auch noch gleich ein Video machen. Da halten sie dann immerzu irgendwelche Gegenstände vors Gesicht, fahren mit dem Trabbi durch Berlin und Rapsfelder, oder er steckt Kinder in schwarze und weisse Mönchskutten, auf denen entweder ein Minus- oder Pluszeichen gemalt ist, und jagt sie durch die Dünen. Gnade!
Warum verwechseln so viele Menschen eigentlich Kunst mit Kunsthandwerk? Warum Kreativität mit einer Makrameeeule? Wie die SPD in ihrer Zentrale das schauderhafte Willy-Brandt-Denkmal des schwulen Schmiermalers Rainer Fetting, das Gerhard Richter zu Recht als Zombie bezeichnete. Wie ein zeitgenössischer Zombie aussieht, zeigt (siehe Bild) Chris Cunningham mit seinem neuen lynchesken Video "Rubber Johnny", das er gleich für sich selbst gemacht hat.

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link


03.11.2005 | 12:30 | Fakten und Figuren | Listen

Morgen ist auch noch ein Tag


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Heute ist der 3. November und ein besonderer Tag. Denn heute ist der "World Usability Day", der sich im weitesten Sinne mit der Vereinfachung von technischem Gerät und dessen Bedienung beschäftigt. Veranstaltet von einer Organisation namens Usability Professionals Association, die ärgerlicherweise nicht in der Lage ist, selbsterklärende Grafiken mit ausreichend grosser Schrift bereitzustellen (hier die deutsche Website). Heute ist aber auch Welt-Männertag, der offenbar im Jahr 2000 an der Uni Wien erfunden wurde, und zwar "von besorgten Männerforschern".
Vor dem Hintergrund, dass ein mitteleuropäisches Durchschnittsjahr 365 Tage hat, ist eine Tage-Dopplung sogar wenig. Schliesslich gibt es für viele, viele Dinge spezielle Tage, am 23. Mai etwa ist Weltschildkrötentag. Den Tage-Rekord hält vermutlich der 21. März, der neben dem Äquinoktium und dem Frühlingsbeginn gleichzeitig auch Internationaler Tag des Waldes, Welttag der Poesie, Internationaler Tag zur Beseitigung der Rassendiskriminierung sowie Beginn der Woche der Solidarität mit den gegen Rassismus und Rassendiskriminierung kämpfenden Völkern ist, die sich auch noch über den Weltwassertag, den Welttag der Meteorologie und den Welttuberkulosetag bis hin zum Welttheatertag (27. März) erstreckt. Kein Wunder, dass sich das Tagewesen nach so einer Woche erstmal erholen muss: Am 28. März ist überhaupt kein Tag. Angesichts solcher Tag-Verwirrungen sind wir uns nicht für einen wortspieligen Abgang mittlerer Güte über ein neues Webtool zu schade, gefunden bei Herrn Kosmar: Es handelt sich um den Tagtagger.com, ein Tool, mit dem man ab demnächst seine vielen Tags (flickr, del.icio.us, technorati) organisieren (taggen) können soll. Zwecks besserer Usability, natürlich.


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