Riesenmaschine

24.07.2008 | 02:10 | Anderswo | Supertiere | Fakten und Figuren

Von Mäusen und Mäusen (und Mäusen)


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Nagetiere, Riesenmaschine, Schutzpatrone, Huldigung, wir können es nicht oft genug sagen. Eine besondere und wichtige Rolle spielt hierbei die Nagetierforschung, die sich allein dem Zweck verschrieben hat, herauszufinden, wie man die Welt noch besser für Nagetiere einrichten kann. Daher freuen wir uns ausserordentlich, dass von heute bis zum 28. Juli zum elften Mal der internationale Nagetierkongress Rodens et Spatium tagt, dieses Mal im russischen Städtchen Myschkin, Heimat des welteinzigen Mausmuseums.

Das Programm ist ortsgerecht äusserst mauslastig gehalten und umfasst 72 Vorträge, unter anderem "Spatial interrelations between bank voles and yellow-necked mice in Crabapple Island", "The wood mouse (Apodemus sylvaticus) in treeless Iceland: Surviving north of the natural distribution range", "Mosaicism, caused by B chromosomes variability, in the Korean field mouse", "Do field voles have a good spatial orientation?" und "Food intake regulation in pregnant and suckling mice". Dazu kommen rund 100 Posterpräsentationen und eine Handvoll Symposien.

Für die Riesenmaschine wollte eigentlich Bilchexpertin Kathrin Passig live aus Myschkin berichten, musste aber enttäuscht feststellen, dass die Anmeldefrist vor vielen Monaten abgelaufen war. Warum wir dann trotzdem noch auf den Kongress hinweisen? Nun, warum denn nicht? Bei anderen Veranstaltungen wie dem G8-Gipfel wird doch genauso verfahren. Ausserdem verlangen sie es von uns.


21.07.2008 | 18:23 | Anderswo | Alles wird besser

Sex-Design made in Dessau


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"Das bildnerische Endziel ist der Orgasmus" W. Gropius (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Dass die Form der Funktion folgt, hat in Dessau eine lange Tradition; der Name der Stadt ist unauflöslich mit dem kompromisslosen Aufbruch in die Moderne verknüpft, der auch auf mentaler Ebene das ganze bürgerlich-bigotte Sitten- und Moralgerümpel des Kaiserreiches zu entsorgen trachtete. Dieser lokalen Luftwurzeln besann sich jüngst erst wieder der ortsansässige Orion Erotikshop. Sein Angebot für "Soft Tampons", mit denen Frauen (und ergo Männer) endlich auch während der Periode komfortablen und ergonomischen Sex haben können, spricht die Sprache der funktionalen Sachlichkeit, wie sie von Walter Gropius gepredigt wurde. Und der Preisnachlass von 20 Prozent knüpft an die Politik seines Nachfolgers Hannes Meyer an, Gebrauchsgüter auch für die Arbeiterklasse erschwinglich zu machen. Aber auch dem vergleichsweise neuen Feld des Service-Design hat man sich in Dessau mittlerweile zugewandt: Sollte man mal die Pille vergessen haben und sich nicht allein auf die präservative Wirkung des Soft Tampons verlassen wollen, bringt das Pillentaxi Nachschub nach Hause oder dorthin, wo man sich eben gerade aufhält. Die Verhütung folgt dem Vergnügen. Das nennen wir: die Bauhaus-Idee konsequent weitergedacht; Fortschritt, den wir meinen!


19.07.2008 | 17:28 | Was fehlt | Sachen kaufen | Vermutungen über die Welt

Ein dann doch noch ganz schöner Tag in der Hama GmbH & Co KG


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Salweiders Präsentation lief, wenn man ehrlich war, nicht so besonders. Die erste Slide zeigte das Shampoo "Wash & Go", mit dem der 2-in-1-Markt 1989 unter mühsamen Kampagnen zur Aufklärung der Käufer erschlossen worden war. Weiter ging es mit den Folgeerscheinungen: den Zweiphasenprodukten, den Biermixgetränken und dem Schnabeltier. Langatmig stellte Salweider die 3-in-1-Produkte und die 4-in-1-Produkte vor. Ab 10-in-1 ging es eigentlich nur noch um Kartenlesegeräte. Als er endlich bei den 39-in-1-Produkten ans Ende der Vorgeschichte gelangte, kämpften nicht nur Wrobel und Engolding mit dem Schlaf. Salweider riet unter Berufung auf das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens dazu, es der Konkurrenz gleichzutun und die Finger von 40-in-1-Produkten zu lassen. Die Lage schien aussichtslos.

Die nächste Slide aber riss die Geschäftsleitung aus ihrem Halbschlaf. Die Hama 1-in-1-Fernbedienung! "Salweider, Sie Fuchs!", "Der Salweider mal wieder!", so hiess es, und beim unmittelbar folgenden Sektumtrunk wurden die Nachfolgemodelle "0-in-1-Fernbedienung" und "1-in-2-Fernbedienung" gleich in einem Aufwasch mit abgesegnet.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ein durchschnittlicher Tag in der Aufzugfirma


17.07.2008 | 21:56 | Berlin | Essen und Essenzielles | Vermutungen über die Welt

Kreuzberger Delicatessen


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Das komplexe Phänomen des Kannibalismus im Film verortet sich in einem diffusen Feld zwischen dystopischer Gesellschaftskritik (Soylent Green/1973), Psychothriller (Schweigen der Lämmer et al.), Exploitation-Ästhetik (z.B. Mondo Cannibale/1972, Cannibal Holocaust/1980) und schwarzhumoriger Groteske – wobei im letztgenannten Subsubgenre Jean-Pierre Jeunets Delicatessen (1991) und die letztes Jahr in die Kinos gekommene Verfilmung der eigentlich schon viel älteren Sweeney-Todd-Story als stilprägend gelten können. Natürlich passieren derartige Geschichten – also dass Menschen mitten in Europa hinterrücks ermordet und geschlachtet werden, damit ihr Fleisch zu Speisen verarbeitet und verkauft werden kann – nicht im echten Leben. Blicken wir daher lieber in die Kreuzberger Oranienstrasse, wo beim Kreuzburger eine der wirklich bedeutenden Fragen der Menschheit beantwortet wird: Was ist eigentlich das Gegenteil von Neuland-Fleisch?


15.07.2008 | 02:40 | Berlin

Kehrwoche


So sieht sie aus, die neue Gastfreundschaft der Berliner. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Seit Kurzem gibt es, wie der Tagesspiegel meldet, nach dem befestigten Rheinländer-Brückenkopf der StäV nun auch einen Verein namens Westwind, in dem sich Nordrhein-Westfalen in Berlin organisieren. Darüber können die Süddeutschen nur lachen, einen entsprechenden Verein für Baden-Württemberger gibt es nämlich schon seit 2000 (Motto: "Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause – und benehmen Sie sich auch so.") Allen voran sprichwörtlich die Schwaben, die auf der Flucht vor der Bundeswehr und angelockt von den Ärzten hier traditionell ihre Zelte aufschlagen und sesshaft werden. Auf eine ähnlich lange Tradition blickt die Reaktanz der Eingeborenen zurück. Seit Ewigkeiten kontert etwa der schaue Fil den sich als Berliner fühlenden Schwaben mit der rhetorischen Frage: "Wie lange muss ein Huhn durch den Wald laufen, bis es ein Fuchs wird?" Nun wird im Territorialkonflikt zwischen Urberlinern und solchen mit schwäbischem Migrationshintergrund anscheinend ein anderer Ton angeschlagen und die Gangart verschärft. Unklar, ob aus allgemeinem Ressentiment oder unschöner Individualerfahrung heraus, wird seit kurzem im Prenzlauer Berg von anonymer Seite mittels Plakataushängen der Schwaben Spiessigkeit, Überwachungswut in der Nachbarschaft (soll damit womöglich pars pro toto der amtierende Innenminister gemeint sein? Aber warum dann Nachbarschaft?) und das allgemein fehlende Verständnis für die Berliner Kultur (Schwaben und andere vermuten hinter dem Begriffspaar seit jeher ein Oxymoron) angeprangert. Die seit Jahrzehnten ungeklärte und bohrende Frage "Was wollt ihr eigentlich hier?" wird darob noch einmal mit aller Nachdrücklichkeit gestellt. Und vermutlich wird es in Zukunft nicht bei drei oder mehr Fragezeichen bleiben. So hat es in Belgien nämlich auch angefangen.


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"The Beckoning Silence", Louise Osmond (2007)

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