Riesenmaschine

08.06.2007 | 19:14 | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt

Im Calcbergwerk


Der Abakus – Forward Reverse Engineering des Casio Memory 8R. Diese Urmenschen! (Foto: poagao) (Lizenz)
Ein unverständliches Ding, zum Beispiel einen von einer verrückten Frau durch die Gegend geschleppten Holzklotz, kann man erst begreifen, wenn einem das Nacherleben oder der Nachbau gelungen ist, man also selbst eine Holzklotzattrappe aus Pappmache oder eine Kiste Gurken überall hin mitgenommen hat, und in einem plötzlichen Aha-Erlebnis die Verhältnisse durchschaut. In der Ingenieurskunst nennt man das Nachbauen des zu Verstehenden Reverse Engineering, in der Gefühlswelt nennt man es Fiktion. Fiktionen werden oft ins Absurde gesteigert oder durch Paradoxien und Widersprüchlichkeiten angereichert, und bleiben dennoch nicht nur verständlich, sondern gewinnen womöglich noch an Tiefe und Erkenntniswert, wenn auch mitunter nicht in direkt greifbarer Weise. Ähnlich, nur ganz anders, erhellt der im Augenblick bei Worse than Failure laufende OMGWTF-Wettbewerb die der Entwicklung von Verfahren und der Gewinnung von Einsichten zugrundeliegenden Prinzipien. Die Aufgabe, den mit Windows mitgelieferten Taschenrechner auf möglichst verkorkste und unangemessene Weise nachzubauen, wird von den grade nach und nach veröffentlichten Finalisten auf teils atemberaubende Weise gelöst – wenn man das Wort "gelöst" weit genug fasst – und die Wettbewerbsbeiträge in ihrer Gesamtheit, wie überhaupt das ganze erkenntnisintensive Nerdgeräusch des Blogs, versöhnen völlig mit der vor ein paar Wochen erfolgten Namensänderung vom schönen The Daily WTF zum augenblicklichen eierlos mainstreamtauglichen Namen. Worse than Failure? Seriously, WTF Dude?


08.06.2007 | 12:10 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Pfeife im Sack

Seit einigen Jahren verfolgen alle fühlenden Wesen gespannt die Entwicklungen um die Entwicklung des sacklosen Dudelsacks. Erster Tiefschlag: Das seit längerem verfügbare Teil von Marktführer Deger Pipes kommt sagenhaft hässlich daher. Weiterhin haben es die vpipes (wir berichteten) zwar in die Blogosphäre, aber bislang nicht in den Vertrieb geschafft. Der Durchbruch in diesem Gewerbe kommt jedoch aus Skandinavien: Die relativ neuen Technopipes des schwedischen Instrumentengottes Andreas Fagerstrom sehen nicht nur einmalig pietätvoll aus, jedenfalls für die elektronische Version eines mit Rohren versehenen, ausgehöhlten Schafes, sie klingen auch exakt so wie ein zivilisiertes Schaf sich anhören sollte. Auf Knopfdruck erzeugen sie die Klangfarben "Grosses Highland-Schaf", "Kleines Schaf" und "Kleines Schaf mit Schnupfen", und ein weiterer Knopfdruck schaltet sogar Chromatik dazu. Dudeln mit Chromatik! Seit einigen Monaten kann man das Gerät wirklich kaufen, zum Beispiel beim National Piping Centre in Glasgow oder einfach wie immer bei Hotpipes (für ein paar hundert Geldeinheiten, je nach Währung).

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Dudel ohne Sack


08.06.2007 | 01:40 | Alles wird besser | Sachen kaufen

Cephalopoder Regenschutz


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Im Garten eines Oktopusses scheint bekanntlich immer die Sonne. Ohne gelbe U-Boote oder Lungenautomaten (mein Freund) hilft einem diese Erkenntnis allerdings nicht weiter. Man lebt dann stattdessen an Land im Regen, und läuft weg und versteckt seinen Kopf unter Schirm oder Mütze, sogar drinnen, weil man das Loch, durch das der Regen reinkommt, immer noch nicht repariert hat. Grad als wäre man aus Zucker. Die einfachste Art, ein derartig unwürdiges Schauspiel voller nutzloser Popzitate zu vermeiden, ist ein Umzug nach Kalifornien, die zweiteinfachste ist, im leichten Regen extra langsam und kopffrei zu gehen, es ist ja nur Wasser mit ein bisschen Säure. Wenn man nun aber irgendwo wohnen muss, wo es besonders heftig regnet, auf der Regenseite von Hawaii zum Beispiel, und also unbedingt mit einem Schirm durch die Gegend laufen muss, dann kann man jetzt immerhin das gleichfalls lästige Problem, den nassen Regenschirm irgendwo deponieren zu müssen, elegant lösen. Der kopffüssige Schirm des japanischen Designers Hironao Tsuboi nämlich kann nach Gebrauch einfach irgendwo abgestellt werden. Und dann nicht wieder abgeholt, wie es das Los aller Regenschirme ist. Einen neuen Stehschirm kann man dann bei 100% bestellen, wo es auch ein Glas gibt, das einen kirschblütenförmigen Wasserrand auf dem Tisch hinterlässt. Endlich.

(via SmartStuff)


07.06.2007 | 19:29 | Anderswo | Alles wird besser

Tennis mit Insekten


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Finnen sind, wie hier schon schmerzhaft oft zu lesen war, enorm erfinderisch. So dümpelt allsommerlich im Hietalahtihafen in Helsinki ein offensichtlich arbeitsloser Mann in einem kleinen Schlauchboot, angetan mit Badehose und einer Taucherbrille, in der Hand hält er einen Tennisschläger, seine Frau steht am Ufer und verkauft Hühnereier, mit denen man den Mann im Boot befeuern kann. Wenn er es nicht schafft 3 Eier mit seinem Schläger abzuwehren, erhält man ein kleines Stoffkamel. Am Ende seines Arbeitstages sieht der Mann aus wie der Teilnehmer einer Bukkakesitzung. Und auch wenn Finnen nicht besonders überragende Tennisspieler sind, ausser Jarkko Nieminen, derzeit ATP-Rang 23, hat doch fast jeder Finne einen Tennisschläger zuhause, die jetzt wieder verstärkt zum Einsatz kommen. Sie stehen allerdings unter Strom, und man drischt damit nicht auf Filz, sondern auf Mücken ein. Die Produktinformation sagt, man solle sie von kleinen Kindern fernhalten und sie daran hindern, ihre kleinen Zungen zwischen die Bespannung zu stecken. Auch so hält man ein Volk davon ab, eine Tennisnation zu werden. Aber warum gibt es in Finnland so viele gute Gitarristen?

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Mückencup in Magdeburg

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link | Kommentare (5)


07.06.2007 | 11:38 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Schnappspringen schlangenlos

Das Risiko ist ein scheues Tier, das sich klug an dunklen Stellen verbirgt, an denen es niemand vermutet. Oder hätten Sie erwartet, dass wahlweise Basketball, Cheer-Leading oder auch Kegeln und Golf in jahrelangen Empirie-Exzessen als gefährlichste Sportarten der Welt ermittelt wurden? Kardinalfeind Risiko operiert jedoch in noch entlegeneren Verstecken. So halten sich im Umfeld der Risiko-Fetischisten hartnäckig Gerüchte, nach denen die Gefahr kaum grösser sein kann als beim Seilspringen. Nicht nur wird etwas Langes, Dünnes unter den Beinen bewegt, was potentiell zu unlösbaren Fesselungen, in der Folge zum Tode durch Verhungern führen kann, nein, auch ähnelt das Sportgerät dem Primordialfeind Nummer eins, der Schlange, und kann daher mitunter durch sein unbedachtes Bewegen schwere psychische Detonationen im kaum erforschten Archäozentrum des Hirns auslösen, meist ohne Hoffnung auf Rettung. Aktive Seilspringer sind hasardierende Fleischbrocken auf der Zunge des Todes und verdienen unser aller Mitleid.

Wie immer jedoch liefert die moderne Technik einen einfachen Ausweg, wie wir Sicherheitsfanatiker die sportlichen Reize des Seilspringens (Bewegung an der frischen Luft, gravitative Wechselwirkung, Schütteltrauma) ohne das Risiko eines gewaltsamen Todes geniessen können. Seilspringen jetzt auch ohne Seil, sagt JumpSnap und erfindet das Springseil ohne Seil. Wer dann noch herausfindet, dass man theoretisch auch ganz ohne JumpSnap regelmässig auf- und abspringen kann, hat zusätzlich 30 Dollar Gewinn gemacht.


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