10.09.2006 | 21:04 | Alles wird besser | Fakten und Figuren
 Vorbildlich: Augen zu, Wahrnehmung geschärft. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Verflixt, diese Überschrift klingt doch bekannt, woher ist das nochmal, fragt sich der Leser jetzt vielleicht. Die unbeantwortete Frage zieht wertvolle Ressourcen aus dem Lesehirn ins Rätselhirn und ganze gelesene Sätze bleiben unverstanden. Dieser hier zum Beispiel, los, nochmal lesen. Na bitte, geht doch.
Aufmerksamkeit ist ein wichtiges Tierchen in der modernen Wahrnehmungsforschung, ganze Karrieren, Institute und Konferenzen speisen sich aus der Aufmerksamkeit, die der Aufmerksamkeit zuteil wird. Die simple Wahrheit, die die Spatzen von den Dächern pfiffen, wenn sie sich nur lange genug konzentrieren könnten, lautet dabei, dass, was mit Aufmerksamkeit bedacht wird, leichter gesehen, gehört, gerochen, oder ganz allgemein aus dem Sinneswirbel gefischt wird. Der Lehrkörper mahnt gerne zur Aufmerksamkeit, bevor er den Schülern Wichtiges einzupauken sich anschickt, und "Aufgemerkt nun also" ist deshalb wiederkehrender Kehrreim in Heinrich Manns Professor Unrat (Aha! Genau!).
Ob der Leser an dieser Stelle hinreichend durch unwesentliches Füllmaterial abgelenkt ist? Wollens hoffen, denn wie nächste Woche in Nature Neuroscience zu lesen sein wird, gehen die Vorteile gesteigerter Aufmerksamkeit wieder flöten, wenn man zu lange aufmerkt. Ganz langes Aufpassen kann sogar dazu führen, dass man weniger gut wahrnimmt, als wenn man von Anfang an Papierflugzeuge geworfen oder Schiffe versenken gespielt hätte. Den Effekt kann man natürlich auch im Selbstversuch beobachten, wenn man, immer mal wieder, sorgfältig nicht drauf achtet.
10.09.2006 | 02:57 | Berlin | Anderswo | Nachtleuchtendes
 Das Küchenmonument von Raumlabor im Rahmen der 29. Duisburger Akzente, Foto: Rainer Schlautmann Hier bitte dieses Bild vom Londoner Serpentine Pavillon hindenken. Und hier bitte dieses Bild vom Entwurf der Berliner Kunsthalle.Bislang fristete die pneumatische Architektur eine wenig prestigeträchtige Randexistenz, kam fast ausschliesslich im infantilen Segment der Hüpfburgen zum Einsatz, allenfalls noch bei den deprimierenden Traglufthallen fürs winterliche Tennisspielen. Spätestens seit Rem Koolhaas und Cecil Balmond diesen Sommer ihren Pavillon für die Londoner Serpentine Gallery als grosse Denkblase anlegten, in der rund um die Uhr Interviews geführt und ausgestrahlt wurden, ist das Aufblasgebäude nicht nur salonfähig, sondern regelrecht en vogue. Für die von der Zeitschrift Monopol angeregte Zwischennutzung des Berliner Schlossplatzes zum Zwecke einer temporären Kunsthalle schlagen etwa die Architekten von Graft eine Wolke vor, die als Seilnetz- und Tragluftkonstruktion auf einem Wald aus Stelzen ruhen soll. Und das Berliner Raumlabor steht mit seinem mobil einsetz- und aufblasbaren Küchenmonument gar für einen "Guerilla Urbanismus" der die Stadt als Ganzes und als solches retten könnte. Die unberechenbare Membran sei "ein Prototyp dafür, wie die unter zunehmender sozialer Segregation leidende Stadt als Zivilisationsmodell wiederbelebt werden kann." Wenn das so einfach ist, sollten wir darüber nachdenken, einfach alle Autos durch Zorbs zu ersetzen. Ab heute wird das Küchenmonument bis zum 19. November auf der Architekturbiennale in Venedig zu besichtigen sein.
09.09.2006 | 22:17 | Berlin | Was fehlt
 Das Logo ist in allen Ländern so etwa das gleiche, wie es sich für eine moderne Partei gehört (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Man ist ja nicht so häufig dabei, wenn eine Partei gegründet wird. Morgen gibt es mal wieder eine Chance, denn dann konstituiert sich in Berlin die Piratenpartei Deutschland, die sich Informationsfreiheit und Datenschutz auf ihre pechschwarze Fahne geschrieben hat. Womit Deutschland noch gerade so nicht zu spät ist beim internationalen Trend "Piratenparteien gründen", es gibt ja schon länger welche in Belgien, Frankreich, Italien, Österreich, Russland, Spanien, den USA und vor allem in Schweden: Hier hat die Piratpartiet bereits mehr Mitglieder als die Grünen und wurde für die Parlamentswahl am 17. September zugelassen, wo sie auf einen Sprung über die Vier-Prozent-Hürde hofft.
Wie es sich gehört, wurden die Gründungsvorbereitungen in einem Wiki organisiert, wo man auch das Parteiprogramm nachlesen kann. Es beinhaltet diverse Forderungen, u.a. ein Recht auf Privatkopie und Filesharing, Schutz vor Überwachung in der Öffentlichkeit, die Sicherung des Fernmeldegeheimnisses, eine Reduzierung der Patentierbarkeit und den Abbau von Kommunikationsmonopolen. Heisse Eisen wie beispielsweise die Zukunft der Gesundheitskassen oder die Haltung zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr wurden hingegen geschickt umschifft, eine Praxis, die für Anfänger im politischen Geschäft sehr zu empfehlen ist.
Also morgen, 10 Uhr: Gründungsversammlung in der Rungestrasse 20 in Berlin. Noch gibt es niedrige Mitgliedsnummern, die später berufliche Vorteile mit sich bringen dürften. Und die ersten hundert Neuanmeldungen können sich fünf MP3s vom Parteiserver aussuchen!
09.09.2006 | 19:05 | Berlin | Nachtleuchtendes | In eigener Sache
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Anlässlich der Eröffnung des Berliner Radialsystems (wir berichteten) wird der Riesenmaschine Altar ab sofort etwa 24 Stunden lang noch einmal live in Betrieb zu sehen sein. Und zwar voraussichtlich zum letzten Mal, denn, wie Kollege Lobo beim Aufbau feststellte: "Die Scheisse an diesen modularen Systemen ist ja, dass sie einen dazu verleiten, sie noch mal zu verwenden." Dieser Versuchung werden wir künftig zu widerstehen versuchen. Der Gott für weggeworfene Sachen hilft uns dabei.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Altar des Alltags
09.09.2006 | 14:25 | Anderswo | Alles wird besser
 Alle Achtung, Die Bibel, also wirklichDie Wege des Herrn sind unergründlich. Ähnliches allerdings gilt auch für so manchen seiner Feinde: Mit dem Wal-Mart Bible Letter soll am 1. November dieses Jahres eine der verspätetsten Reklamationen in der Geschichte nicht nur des Unternehmens, sondern vermutlich auch der Welt eingereicht werden. Darin wird Wal-Mart dazu aufgefordert, die Bibel wegen Obszönität, pornographischer, sexistischer sowie zur Gewalt anstiftender Inhalte aus dem Verkaufsprogramm zu nehmen. Nun kann man über die allgemeinen Geschäftsbedingungen Gottes nur spekulieren. Von Wal-Mart dagegen weiss man, dass dort Bücher schon wegen weitaus geringerer Verstösse gegen Sitte und Anstand vom Regal geschubst wurden, weil sie nämlich von nackten Richtern handelten. Gott, so hört man, überlegt noch, ob er sich am jüngsten Tag extra für die Wal-Mart-Verhandlung eine Badehose kaufen muss.
... 288 289 290 291 292 [293] 294 295 296 297 298 ...
|
IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- PDF-Trendreports in der Luft zerreissen
- vergoldeter Staub
- Rumpelarmut
- auf- und abmüpfen
SO NICHT:
- abwarten und Tee brüllen
- Rückständigkeit
- rollige Bettdecke (immer feucht)
- Klirrfaktor
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Iron Man", Jon Favreau (2008)
Plus: 25, 75, 80, 93, 96, 97 Minus: 99, 116 Gesamt: 4 Punkte
KATEGORIEN
ARCHIV
|
|