Riesenmaschine

03.06.2008 | 12:18 | Anderswo | Alles wird besser

Gut gemeint, immerhin


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Das Wesen von Werbung ist, dass etwas versprochen wird, und bevorzugt natürlich etwas, das so schön glitzert und so laut hupt, dass man wie einst an der Supermarktkasse wieder sofort zu sterben glaubt, wenn man es nicht stante pede in den kleinen Händchen halten kann. Kritische Werbung, ehrliche Werbung gar, wie man sie in den vergangenen Jahren hier und da gesehen hat, sie bleibt ein schwarzer Schimmel. Wie aber beim Sarkasmus, bei dem man den Schmerz einfach immer weiter dreht, bis er nicht weiter schmerzt, sondern in seiner Abstrusität erheitert, geht auch in Sachen Lobpreisung allerweil noch ein bisschen mehr. Und dann ist es wie im Physikunterricht – gerade als man dachte, der Lehrer kriege den Versuch im Leben nicht hin, spritzt und stinkt und funkt es.

Ausgerechnet aus dem beschaulichen Lilongwe, das zwar Hauptstadt des bitterarmen Malawi, jedoch eher keine Weltstadt ist, kommt nämlich nun zu aller Überraschung ein neuer, nicht vorhergesehener Werbetrend: desillusionierte Werbung. Gut, ruft hier die vermeintliche Lobpreisung, haben wir's nicht gemacht, aber hey: immerhin gut gemeint – gut, was? Eine ausgesprochen sympathische Selbstironie, die allerdings nicht von ungefähr kommt. In einer Welt, in der der Zeitgeist "The Winner Takes It All" pfeift, fragt Malawi mit bitterer Ironie zurück: Welcher Winner denn, in diesem Lande?

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ehrlicher Marketer


01.06.2008 | 17:15 | Anderswo | Alles wird besser

Zürich-Spezial V: Der Beste Ort der Welt 1.9


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Wer braucht hier schon WLAN? (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Mehrfach wurde auf die strukturelle Ähnlichkeit von DDR und Schweiz hingewiesen, meist mit der Präzisierung, die Schweiz sei so etwas wie die "DDR in gut". Wie sich ein mit drei Billionen Franken Auslandsguthaben alimentiertes generöses Gemeinwesen anfühlt, kann man in der Badeanstalt Oberer Letten in Zürich hautnah erleben. Die Grundzutat liefert die Natur, der privilegierte Ort auf der Landkarte, wo kristallklares Bergwasser, das zuvor im Zürichsee auf erträgliche Temperatur erwärmt wurde, in Form der Limmat mitten durch die Stadt fliesst. Hinzu kommt ein architektonisch schlicht im international style gehaltene Betonkonstruktion, die auf ca. 200 Metern Länge Reich der Freiheit vom Feinsten bietet.

Nachdem man im vergangenen Sommer begonnen hat, die harten Pritschen gegen frisch mit blauem Frottee bezogene Matratzenliegen zu tauschen – natürlich ohne dass dafür als Gegenleistung ein Eintrittspreis oder Mindestverzehr beim gut ausgestatteten Kiosk verlangt würde –, und das offensichtlich auf Akzeptanz stiess, hat man dieses Jahr noch an ein paar weiteren Stellschräubchen gedreht, und einige neue Annehmlichkeiten hinzugefügt. Am Tresen des Kiosks wird gratis eisgekühltes Quellwasser vorgehalten, das mit Zitronenscheiben und Minze aus eigenem Anbau zart aromatisiert wurde. Im Eingangsbereich füllt sich langsam eine natürlich ebenfalls unentgeltlich zu benutzende, dabei durchaus ansprechend sortierte Bibliothek.

Wer hier hingestreckt einen Tag oder zwei Wochen (irgendwann verliert diese Unterscheidung an Bedeutung) verbringt, vermisst weder den Cluburlaub am Mittelmeer, noch das WLAN, von dem man anfangs dachte, dass es noch eine sinnvolle Ausbaustufe für den kommenden Sommer darstellen würde. Lediglich elfengleiche Masseusen, die ihre Dienste umsonst jedem zivilisationsgeplagten Ankömmling zur Verfügung stellen, würde man sich noch herbeiwünschen, wenn man noch einen Wunsch freihätte. Es würde uns nicht wundern, wenn sie uns nächsten Sommer dort empfangen. Warum? Weil es geht.

Reiseinformation: Anreise mit Tram 4 oder 13 bis Haltestelle Limmatplatz, dann über den Fluss, nur bei schönem Wetter bewirtschaftet, kein Eintritt.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Zürich-Spezial IV: Schattengraffiti


30.05.2008 | 09:31 | Anderswo | Was fehlt

Die Riesenmaschine bittet

Für gewöhnlich stellen wir an dieser Stelle Produkte, Ereignisse, "Zeugs" (Heidegger) vor, die der "Fall" ( Wittgenstein) sind. In diesem "Ausnahmefall"
(Dath) gibt es das Produkt noch nicht, nur ein Schild im Pekinger Osten, und einen Schönheitssalon, der dazugehört. Wir aber hoffen jetzt auf irgendeinen, der uns das Buch, die Fernsehserie und den Film zum Schild schreibt, oder die Band "Professional Keepers Of The Ultimate Look" (PKOTUL) gründet. Bitte schnell machen, T-Shirts und Tourplakate sind schon in Druck.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (21)


26.05.2008 | 13:26 | Anderswo | Essen und Essenzielles

Lucozade Khan


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Was hält das British Empire zusammen, jetzt, wo Cromwell tot ist? Die Antwort kommt in Flaschen und heisst Lucozade. Seit Jahren schon ist Lucozade der Kitt im verstaubten Gebälk von viktorianischen Ruinen, der klebrige rote Faden von Cape Wrath bis Land's End, das feuchte Substrat an der Unterseite der Granittore von Dartmoor. Lucozade, der dritte Holunderschnaps, enthält zwar keinen Alkohol, dafür den Tagesbedarf an Zucker in einem kleinen, gelbrot angemalten Plastikcontainer, der in der Form einer schlanken Version von England ähnelt (ohne Kanalinseln).

Schliesslich hat allein Lucozade aufgeräumt mit dem elendigen Gerede von gesunder Körper gleich gesunder Geist, ich meine, Stephen Hawking? Lothar Matthäus? Geist ist etwas komplett anderes als Körper, weswegen Lucozade unterschiedliche Produkte für physical edge und, relativ neu, mental edge anbietet: Lucozade alert ist farblos, voll mit Koffein und schmeckt nicht nach Hundepisse, sondern nach Zitrone, nehmt dies, ehemalige Kronkolonien. Crown colony wäre übrigens ein super Name für einen neuen Staat, auf dem Mars oderso.


23.05.2008 | 23:28 | Anderswo | Alles wird besser | Was fehlt

Seebestaatung


Manchmal kommt die Hoffnung eben in hässlichem Gewand daher, oder hat das Internet etwa anfangs gut ausgesehen? (Quelle: seasteading.org) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Der weltweite Mangel an durchdachten und hochwertigen Ländern ist ein von allen Medien ausser der Riesenmaschine vernachlässigtes, ja, totgeschwiegenes Thema. Wie oft haben wir bessere Länder gefordert, Wege dorthin aufgezeigt, Kriterien entworfen und auf die Vor- und Nachteile vorhandener Länder wie Kanada, Island, Chile und diverser Mikronationen und Kondominate hingewiesen. Es hat anscheinend nichts genützt. Auch der angekündigte Aufkauf von Sealand durch Pirate Bay wirkt gescheitert. Aber das soll uns nicht daran hindern, weiterhin jeden neuen Versuch zur Behebung des Problems enthusiastisch zu begrüssen.

Zum Beispiel das Seasteading Institute, von dem wir via Wired erfahren. Vorsitzender Joe Lonsdale kündigt an, man habe vor, den alten Plan einer Länderneugründung zur Abwechslung "in a way that's not crazy" durchzuführen. Schwimmende neue Länder werden irgendwie in den Meeren verankert, und zwar so viele, dass für jeden das passende politische System dabei sein sollte. Patri Friedman, Co-Autor von Seasteading: A Practical Guide to Homesteading the High Seas, erklärt: "Regierungen sind ein Geschäft mit extrem hoher Zugangsschwelle. Man muss praktisch eine Wahl gewinnen oder eine erfolgreiche Revolution hinter sich bringen, um eine neue Regierung auszuprobieren. (...) Und der Lock-in-Effekt ist enorm. Die Leute beschweren sich über ihre Handyverträge, die zwei Jahre laufen, aber überlegen Sie mal, wie mühsam es ist, seine Staatsbürgerschaft zu wechseln." Wir sind also offenbar in guten Händen, die Gründer sind reiche Leute, was soll diesmal schiefgehen?


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