Riesenmaschine

29.03.2008 | 02:27 | Alles wird besser | Fakten und Figuren | Effekte und Syndrome

Gefühlsarm


Interpretiert so schön wie HAL (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Omas Red Ring of Death? (Anwendungsbeispiel, Quelle: exmocare) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Denkt man lange genug über Emotionen nach, erscheinen sie plötzlich wie Stachelschweine: Beide lassen sich nicht gern anfassen. Begründet liegt dies in einer Menge entzündungsverursachender Spiesse, doch genaues Betrachten bringt auch die darunterliegende Mannigfaltigkeit an Borsten und weichen Wollhaaren an die Oberfläche. Die Domestizierung dieser zwei grossen Nager war nicht zuletzt deshalb von wenig Erfolg gekrönt, aber zumindest bezüglich der Emotion bietet die Firma exmocare mit dem todschicken Sensordings namens BT2 (via medgadget) nun eine wirksame Handfessel. Nach Abschaffung der Armbanduhr durch Horden zeitanzeigender Geräte streicht nun endlich kein kalter Wind mehr um das Handgelenk, und die ubiquitäre "Hey, wie geht's?"-Phrase verliert ihren Schrecken. Dank des eingebauten Sensorsammelsuriums lassen sich schliesslich präzise Antworten in Form von Herzfrequenz, Hautwiderstand, allgemeiner Genervtheit et al. geben. Der Interpretationsansatz verabschiedet sich dabei vom eindimensionalen Bild der zwischen Samson und Mülltonnen-Oskar mäandernden Psyche. Vielmehr projiziert BT2 Emotionen zweidimensional auf die Achsen "Erregtheit" und "Wertigkeit", sodass man sich endlich für voll genommen fühlen kann.

Eigentlich sollte BT2 der Überwachung von Unmündigen wie Altenheiminsassen oder Angestellten via Bluetooth dienen. Die Daten strömen in Echtzeit auf den Rechner des Oberbosses, wo dann Meldungen wie "Erratic Heart Rate" oder "Watch Off Wrist" erscheinen. Über die Bedeutung grosser roter Ringe in ihren Beispielillustrationen schweigt exmocare jedoch, und von diesem "Web 2.0" hat diese Firma offensichtlich noch nichts gehört. Besser liessen sich Twitter und wefeelfine doch gar nicht füttern. Und warum gehen die Entwickler nicht den entscheidenden Schritt und liefern die Therapie in Form von aufhellenden Injektionen gleich mit? Vielleicht wäre dann aber der Schnäppchenpreis von 2500$ pro Sensor nicht zu halten.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Gefühlshotel

Jan-Christoph Deinert | Dauerhafter Link | Kommentare (8)


18.03.2008 | 17:55 | Supertiere | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Ein sehr grosser Hund

Für den Fall, dass einem bei einer friedlichen Waldspazur ein nicht unelegant staksender, halsloser Doppelpaarhufer begegnet, der auf Hindernisse, Fusstritte und Glatteis bestenfalls stoisch reagiert und direkt aus der hochgradig sinistren Monsterkaderschmiede von Doom I zu stammen scheint, so muss es sich bei dieser Erscheinung nicht unbedingt um eine lysergsaure handeln. Es könnte auch der "Big Dog" des Unternehmens Boston Dynamics sein. Dem geneigten Wanderer wird dringend empfohlen, das Geist-/Maschinenwesen seines Weges ziehen zu lassen. Es interessiert sich eh nicht für einen. Wenn, dann höchstens als Hindernisüberwindungsübung.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Das vierte Gesetz


16.03.2008 | 08:41 | Berlin | Nachtleuchtendes | Fakten und Figuren

Schmutzige Marketing-Methoden


(Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Nun ist unter Werbern die Idee, es den Sgraffiti-Künstlern gleich zu tun und die ganze Stadt mit der eigenen fragwürdigen Botschaft zu pflastern, dabei jedoch die legale Restriktion zu erfüllen, indem man subtraktiv – und nicht wie die kühnen Vorbilder der semiotischen Stadtguerilla: additiv – verfährt, ja insgesamt so neu nicht. Trotzdem muss man der jüngsten viralen Marketing-Aktion von VW im Autotunnel unter dem Berliner Alexanderplatz Kredit einräumen und Respekt bezollen. Nicht weil sie so originell wäre oder mit so viel Fleiss umgesetzt, sprich: die Motive mit erheblicher Akuratesse in den Russ-Feinstaub-Film der Tunnelwand hineingeschrubbt wurden, sondern weil das nicht, wie beim Adidas-Vorläufer, arbiträr geschah. Vielmehr wurde das Thema – es geht um BlueMotion, wie das branchenübliche Greenwashing in der Sprache von VW heisst – sinnfällig als doppelter Saulus-Paulus-Flip-Flop in Szene gesetzt und vorgeführt. Die zuständigen Wettbewerbsjurys für Ambient-Marketing und subliminale Manipulation werden es lieben. Dem Berliner wäre mehr geholfen gewesen, wenn VW den Tunnel insgesamt mal ordentlich gekärchert, oder insgesamt besser noch: Streikbrecher-Trams mit Bluemotion-Technologie zum Einsatz gebracht hätte.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Im Zeitalter der Putzguerilla


20.02.2008 | 02:57 | Supertiere | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Die Frühjahrsfiguren 2008 sind da


Quelle: Leonhart (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Lange erwartet, ist sie nun endlich auf dem Markt: Die neue Kickerfigurenkollektion vom Traditionshersteller Leonhart. Während die Fachwelt über die Füsse diskutiert ("Ist die Breitseite des Fusses ein bisschen dicker? Wäre ja schön für Tick-Tack"), interessiert uns vor allem die markant veränderte Gesichtsgestaltung. Es ist die Lust an der Simplifizierung, die die Leonhart-Designabteilung trieb, und damit eine Tendenz, die schon beim Übergang von der dritten zur vierten Generation sichtbar wurde, fortsetzt – ausschlaggebend für diese Entscheidung dürfte das höhere Identifikationspotential mit den neuen Figuren sein (vgl. Scott McCloud/Ligne Claire). Ansonsten sind diverse zeitgenössische Einflüsse unübersehbar, die zugleich auf einen breit gefassten Kulturbegriff im Hause Leonhart schliessen lassen: Viel Bob the Builder, eine Portion Ness, ein klarer Einfluss aus der Emoticon-Ecke und alles verfeinert nach dem Kawaii-Prinzip – so sieht Tischfussball im 21. Jahrhundert aus. Und das sagen die Experten zum neuen Design: "Die Mütze scheint höher (runder) zu werden – was bei hochgestellten Figuren nicht ganz so toll ist, weil der Ball dann noch leichter an den Köpfen hängen bleibt." So kann man es natürlich auch sehen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Der Ball ist klein


11.02.2008 | 08:23 | Alles wird besser | Fakten und Figuren

Wir nennen dann jetzt einfach alles Arbeit


Schon mit 6.000 Pfeffermühlen lässt sich der jährliche Energiebedarf eines Drei-Personen-Haushalts decken
(Bild: Lee Coursey / Lizenz)
Wir haben es immer gesagt, jedenfalls schon
ziemlich oft: Alle beklagen die Vergeudung von Trinkwasser beim Klospülen und Rasenbewässern, aber die Vergeudung menschlicher Mühen erfährt zu wenig Aufmerksamkeit. Immerhin hat Nokia laut heise Newsticker inzwischen erkannt, dass der "potentielle Wert der jährlich freibleibenden freien Plätze in Automobilen" (wohl im krassen Unterschied zum Wert der jährlich freibleibenden besetzten Plätze) "500 Milliarden Euro" beträgt. Und OhGizmo! berichtet von der längst überfälligen Gewinnung von Drehtür-Energie. Mit der so aus Passivdrehtüren entnommenen Energie werden dann anderswo vermutlich aktiv drehende Drehtüren betrieben. Wenn sich die Welt weiter so vernünftig entwickelt, können wir in naher Zukunft den Riesenmaschine-Standort "Haus der Frohen Zukunft" komplett mit selbstgemachter Energie aus Sitzballhüpfen, nervösem Fingertrommeln auf der Schreibtischplatte, Herumliege-Abwärme und einem kleinen Überkochendes-Teewasser-Kraftwerk versorgen.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Von Luft und Liebe allein


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