Riesenmaschine

27.02.2007 | 20:49 | Alles wird besser | Alles wird schlechter

Nichts Neues aus der Privatsphäre


Tagesablauf des Autors in Slife, völlig unrepräsentativ, da Eclipse, Emacs und das grosse Programm zur Weltrettung nicht aufgezeichnet werden. Habe wirklich nicht nicht die ganze Zeit im Web gesurft. Also, nur wichtige Programmierdokumentation. Echt jetzt. (Screenshot: Roland Krause)
Überwachung ist angesagt: Mit dem Thema kann ein deutscher Film einen Oscar absahnen, obwohl gar keine Nazis vorkommen. Mit Computern überwacht es sich von Natur aus leichter, besonders wenn die Arbeit an einem geleistet wird. In Neal Stephensons "Snow Crash" beispielsweise überwachen die Überbleibsel der staatlichen Behörden die gesamte Arbeit ihrer zahlreichen Programmierer. Jene entwickeln daher Strategien, wie eine Dienstanweisung zur Selbstversorgung mit Toilettenpapier entlangzuscrollen ist, so dass es aussieht, als habe man sie gelesen. Die Software zu diesen Zwecken ist kaum jünger als der Roman, schön aber, dass es sie endlich mit abgerundeten Ecken gibt und sie für jeden zur Produktivitätssteigerung durch freiwillige Gesinnungskontrolle zu haben ist.

Slife (via LifeHacker) passt auf Macs auf: mit welchen Tippfehlern man seine Lieben über iChat versorgt, wie lange man auf den Panorama-Seiten des Spiegels surft und sich über die Kettenbriefe aufregt, die einem der Kleine aus der Buchhaltung geschickt hat. Spannend wird es, wenn man das Ganze live mit den Freunden teilt, die dann zugucken dürfen und einen beim Abendmahl Vorhaltungen machen können. Natürlich gibt es Möglichkeiten, Aktivitäten zu verheimlichen – aber deine Lücken werden auffallen, Freundchen. Was die eigene Person an Disziplin vermissen lässt, fügt sich so trefflich von aussen ein.


27.02.2007 | 16:18 | Supertiere | Fakten und Figuren

Linksschwimmen gegen Rechts


An exercise in futility (Foto: You are the conductor / Lizenz)
Donnerwetter. Kaum glaubt man, es liesse sich nichts mehr unternehmen gegen die starke Strömung, die einen mitsamt dem notdürftig gezimmerten Floss den donnernden Fluss hinunter auf die tödlichen Stromschnellen zutreibt, da liest man im bordeigenen Internet von einer möglichen Rettung, die sich ausgerechnet das Bakterium Escherichia coli ausgedacht hat, von dem man eigentlich am wenigsten Hilfe erwartet hatte: Man muss sich nur mit einem Propellerantrieb aus Flagellen versehen, damit hydrodynamisch nach links kreiseln und so effektiv helizitär gegen den Strom schwimmen, bis sich am Ufer eine Crevasse zeigt, in der man überwintern kann. So, schreibt Prof. Hür Köser aus Yale, der mit seinem Namen im Zirkus auftreten könnte, kann man, jedenfalls ungefähr, unter anderem einen Blasenkatheter hinaufschwimmen, wenn einem daran etwas liegt, oder eben auch irgendeinen anderen Fluss. Think simple, so sagt Survivalpapst Bakterie, und hält sich konsequent links. Was aber letztlich egal ist, denn derselbe Mechanismus würde auch komplett andersherum funktionieren.


27.02.2007 | 10:22 | Essen und Essenzielles

Belastbarer Wein in neuen Schläuchen


Letztlich auch nicht pretaboirer als andere Getränke.
Aber trotzdem! (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Wenn man schwer bepackt durch Sümpfe stapft, während man nassgeregnet und von Insekten zerbissen wird, kann man die Konzepte Komfort, Körperhygiene etc. entweder leugnen, oder aber weiterhin so tun, als wäre alles genau wie zu Hause. In Letzterem sind insbesondere die Bewohner Nordamerikas (dieselgeneratorbetriebene Bierkühlboxen, vermutlich demnächst in autark nebenherfliegendem Drohnenformat) vorbildlich, aber auch aus Frankreich kommen hin und wieder attraktive Neuerungen wie der Chardonnay und der Merlot von Prêt à Boire. Les avantages: Der Beutel selbst wiegt nur 12 Gramm, man kann aber weitere 100 Kilogramm Gepäck im Rucksack obendrauf packen, ohne dass es zu Weinbeutelrupturen kommt. Bei Globetrotter teilen sich die innovativen Bouteillen eine Rubrik mit dem nach wie vor rätselhaften "Trekking Mahlzeiten Heiss-Getränkepulver m. Rotw.", das 8,2% Alkohol in Pulverform enthält, ein Konzept, das uns für die Zukunft mit grösster Hoffnung auf neue, schillernde Formatverschiebungen erfüllt. Wanderschuhe aus der Tube! Flüssige Gebirge, in denen man baden kann! Mit Stränden aus Stahl, und das alles vielleicht noch rechtzeitig vor dem Sommer.


26.02.2007 | 23:36 | Anderswo

Negativmeister

Nun sind die Finnen also doch noch Eishockeyweltmeister geworden, nach fünfmaligem Vize, und der Schmach des letzten Jahres, als der ungeliebte Nachbar Schweden gewann. Nun seit gestern in Kärnten also Meister im Negativeishockey, ein Spiel, das an der Unterseite des Eises gespielt wird. Unüberraschend für ein Volk, das Grossmeister im Tiefschneefussball, Kaffeetrinken, Erbsenessen, Fussbodenball und Tango ist. Dieses Jahr soll noch Schlammschnorcheln und Unterwasserrugby, die einzige Sportart, die in 3-D gespielt wird, für Finnland gewonnen werden, verständlicherweise. Wer braucht noch Fussball, Handball und Handyweitwurf, ach so, das ist ja auch eine finnische Domäne.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Korfball kann kommen

Tex Rubinowitz | Dauerhafter Link


26.02.2007 | 15:21 | Anderswo | Alles wird besser | Zeichen und Wunder

Clash of the QQs


In diesen Tagen erscheint bei Rowohlt Berlin das neue Buch von Max Goldt. Wir wissen noch nicht, was drin steht. Drauf steht in Lettern mit sehr anmutig geschwungenen Quappenschwänzen: "QQ". Das soll eine Abkürzung für "Quiet Quality" sein, ein "neues Schlagwort aus den USA für alles, was nicht schreit und spritzt" (Goldt), und das tatsächlich auch ein paar amerikanische Google-Treffer hat. Ein schöner Begriff und ein schöner Titel, für ein deutsches Buch.

In China ist mal wieder alles anders. Hier steht das doppelte Q für einen Marketing-Krawall der allerersten Güte: Einerseits heisst so ein Instant-Messenger-Programm, andererseits aber auch ein Kleinwagen. Der Messenger ist brüllend bunt und deshalb das erfolgreichste Chat-Programm in Asien, bzw. das dritterfolgreichste weltweit. Allein in China gibt es rund 160 Millionen Nutzer, hauptsächlich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Auch das QQ-Auto macht einen auf jung und quietschy: "QQ is a car that dances to fashion beats. It is like you: young, peppy and cool.": Der Kleinwagen, der von der Firma Chery in Wuhu (Provinz Anhui) gebaut wird, ist nicht mittlerweile nicht nur imagemässig so etwas wie der chinesische Smart, sondern auch mit einem Neupreis von umgerechnet 3.400 Euro das momentan billigste Auto der Welt, welches genau die Leute kaufen sollen, die auch den poppigen QQ-Messenger benutzen.

Und weil in China alles anders ist, ist Max Goldt hier auch kein Schriftsteller, sondern – wenn auch leicht falsch geschrieben – ein Szene-Friseur im Hongkonger Stadtteil Kowloon, der sich gewiss auch nichts aus "Quiet Quality" macht, mit dem man aber sicher um so prächtiger peppig chatten kann.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (6)


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