21.02.2007 | 18:11 | Fakten und Figuren | Sachen kaufen
 Vorher (rechts), nachher (links) (Foto: mikebaird / Lizenz)Im Jahr 2000 geschah es, dass die sämtlich kahlen Leser des TIME Magazine den Hairmax Laserkamm zur Erfindung des Jahres wählten, ein Ereignis, welches sicherlich allen noch frisch im Gedächtnis ist. Danach verkaufte sich das Gerät mit den sanften roten Strahlen, die man gemächlich durch das Haupthaar führen muss, um den Haarwuchs anzuregen, offenbar wie blöde, und alle hatten ihren Spass. (Vielleicht abgesehen von Niels Ryberg Finsen, dem einzigen auf den Färöer-Inseln geborenen Nobelpreisträger, auf dessen Erforschung der Wirkung von Licht auf die Haut sich die Laserkamm-Erfinder berufen. Zum Glück ist er vorsorglich 1904 verstorben.) Jetzt allerdings übertreiben sie ein wenig, die Antikahlheitsapostel mit ihrem sicherlich im Dunkeln äusserst attraktiven Gerät: Sie bemühten sich um die offizielle Bestätigung der amerikanischen Federal Drug Agency, die sie auch prompt erteilte, allerdings wohl nur, weil das Ding harmlos ist, von Haaren ist jedenfalls im Schreiben der FDA nicht die Rede. So, well. Leider werden gleichzeitig auch die Ergebnisse der amtlich durchgeführten Haarwuchspromotionsstudie öffentlich: Der Laserkamm, so schön er aussieht, erzeugt im Mittel 19 neue Haare pro Quadratzentimeter nach einem halben Jahr Anwendung. Um gesund auszusehen, benötigt ein Mensch circa 300, also nur 15 Jahre Laserkämmen. Die gute Nachricht im Lichtungsdschungel: Schon nach etwa 1000 Jahren erreicht man die Haardichte eines Bibers und bereits nach 3000 Jahren besitzt man ein Otterfell. Spätestens dann hat sich das 600 Dollar teure Sanftlaserschwert amortisiert.
21.02.2007 | 11:50 | Was fehlt
 Davor muss man doch keine Angst haben. (Foto: slifex) (Lizenz) Die Wissenschaft hat festgestellt, dass schon kaum vorhandene, weil von grossen Augen und Rundumniedlichkeit noch völlig überstrahlte Frischgeborene eins und eins zusammenzuzählen verstehen, und dabei womöglich auch die akkurat zutreffende Antwort – nämlich "zwei" – in ihrem Kleinkinderballonkopf formen – in Babysprache natürlich. Irgendwann später dann tritt, aus bislang nur unzureichend geklärten Gründen, die Angst vor der Mathematik ins Leben der Menschen, und Verwirrung greift um sich, Eins und Eins soll dann plötzlich wieder Eins sein, oder Drei, oder vielleicht zweimal die "einsamste Zahl", die dann "genauso schlecht" sein soll, es ist ein kolossaler Unfug. Immerhin hat jetzt aber jemand herausgefunden, dass die Menschen nichts dafür können. Die Angst vor der Mathematik selbst nämlich blockiert, einer Studie aus dem Zahlenparadies Las Vegas zufolge, das zur Rechnerei dringend benötigte Kurzzeitgedächtnis, vermutlich mit endlosen rekursiven Erinnerungsschnipseln, erst daran, dass man Angst vor der Mathematik hat, dann daran, dass man grade Angst vor der Mathematik hatte, und so fort. Wären die Bildungsmächtigen in der Lage, eins und eins zusammenzuzählen, es müsste ihnen klar sein, dass die erste Aufgabe des Unterrichts folglich nicht die Vermittlung der gefährlichen Zahlenstrahlen (warum nicht gleich Zahlenraketenwerfer oder Zahlenneutronenbomben?), sondern die Humanisierung des Bestiariums der Mathematik sein müsste: weg mit Brüchen, Ableitungen, Unstetigkeitsstellen, her mit Liebe und Menschlichkeit. Aber davor haben diese Bildungsmächtigen da oben vermutlich zuviel Angst.
21.02.2007 | 00:32 | Essen und Essenzielles
 Verfaulte Schweizerleber (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Leber ist, wie jeder Angler weiss, eines der fängigsten Aromen der letzten Jahre, gefolgt von Buttercreme, Marzipan und Spekulatius. Wie eine Leber zu mästen sei, daran scheiden sich die Geister, Spitzenkoch Anthony Bourdain beschreibt in seinem Buch "Ein Küchenchef reist um die Welt", dass die Tiere den Bauern mit dem Stopftrichter wirklich zu mögen scheinen und brav folgen, und zwar "nicht widerwilliger als ein Kind, dem die Mutter die Nase putzen will". Seine Kollegin Sarah Wiener hat eine zwiespältige Haltung, sie lehnt die Mast zwar ab, entwickelte aber mütterliche Gefühle, und während sie das kranke Organ aus dem Bauch der toten Gans zog, sagte sie: "Ich komme mir vor wie eine Hebamme". Ihr Image ist derzeit offenbar etwas ramponiert (das der Fettleber). In der Folge schmiss der Trüffelversand Truffières de Rabasse jetzt seine Geflügelleber aus dem Repertoire und ersetzt sie durch die über allen Mastverdacht erhabene Anglerleber. Und nicht vergessen heute Abend am Wirtshaustisch: nicht Alkohol ist der Leberschädling Nummer eins, sondern Zimt.
20.02.2007 | 13:51 | Alles wird schlechter
 Hübsch annotierter Schreibtisch (bei Flickr), nur die Bakterien hat foofy vergessen. (Foto: foofy) (Lizenz)Bakterien, Viren, Pilzsporen wohin man schaut: in Luft und Boden, auf Türgriffen und Telefonen, in Lüftern und Tastaturen lauert die mikrobielle Unbill. Der Aufklärung dieser beängstigenden Tatsachen widmet sich Charles "Chuck" Gerba von der Universität von Arizona in Tucson seit über 40 Jahren und landete bereits vor der Jahrtausendwende in der NY Times. Natürlich hält Professor Gerba spannende Vorträge zu Fragen wie "Hygiene in the 21st century – do we need it?" und "Emerging Waterborne Pathogens – Can We Kill Them All?" und rät, seine Unterwäsche zuletzt zu waschen bzw. anschliessend einen Gang mit nur Bleichmitteln einzulegen. Jetzt aber hat Gerba die ultimative populärhygienische Entdeckung gemacht, die an gemischtgeschlechtlichen Produktionsstätten für Grabenkämpfe sorgen wird. Arbeitsplätze von Frauen sind drei- bis viermal mehr mikrobiell belastet, wie Gerba von der BBC verkünden lässt. Leider wurde die Studie erst kürzlich vorgestellt und lässt sich noch nicht in allen Details auf stratifizierende Einflüsse wie verwendete Rechnertypen, Routinereinigung mit bereits kontaminiertem Gerät, Essverhalten am Schreibtisch (Krümelfaktoren!) oder der Installation eines Keyboard-Reinigungs-Programms hin abklopfen.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Eine Galaxie in Chalmers' Kopf?
20.02.2007 | 01:29 | Essen und Essenzielles
 (Foto: Interllectual/Lizenz)Ein nichthegelianischer, vielmehr knowledgeesoterischer Weltgeist ist dafür verantwortlich, dass Dinge, die zum Beispiel in Japan erfunden werden, mit hoher Wahrscheinlichkeit, aber ohne physische Verbindung, an anderen Orten auf der Welt nur wenig später auch entdeckt werden. So bezeichnen sich bis heute viele verschiedene Nationen als Erfinderland des Telefons, so etwa Kanada (Alexander G. Bell), Frankreich (Charles Bourseul), Italien (Antonio Meucci) und Deutschland (Dieter Telefon). Wenn dieser Weltgeist in Form von morphogenetischen Feldern auf moderne Nachrichtenverarbeitung trifft, dann entstehen multipel von sich selbst abgeschriebene Meldungen, die sich zur selbstbestätigten News-Woge verstärken.
So geschehen bei der Nachricht, unter anderem entdeckt bei Slashfood, in Japan würde Herr Chitoshi Nakahara Milch mit Bier mischen mit dem Ergebnis Bilk. Selbst Kathrin Passig – die der Meinung ist, dass der schleichenden Krankheit Kulturpessimismus vorgebeugt werden solle, indem man häufiger Eierlikör mit Cola oder ähnliche Getränke, deren hervorstechende Eigenschaft ihre Neuheit ist, zu sich nehme – würde hier vermutlich die Lippen runzeln. Das ist wohl auch der Grund, weshalb viele, viele Menschen die Bilkgeschichte übernommen haben, inklusive vieler bunter Seiten in Zeitungen – und niemand erwähnt, dass es Milchbier in leicht abgewandelter Form seit 1875 gibt. Da waren die morphogenetischen Felder aber auch noch nicht erfunden.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Schmirgelklötze verstecken
- Fünfzehn Mann auf des toten Mannes Kiste
- alte Rechtschreibung boykottieren
- Schmunzel-Quasare
SO NICHT:
- Raubkatzengirls
- Glühbirne Helene
- Hormonkormorane fordern
- Zwölf Personen eingesperrt im Lift
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Tucker & Dale vs Evil", Eli Craig (2010)
Plus: 8, 25, 37, 80, 122 Minus: 54 Gesamt: 4 Punkte
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