10.07.2006 | 18:32 | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt
 Wenn die Schwerkraft dreimal klingelt (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Über das Entstehen der Welt und die Entwicklung der Artenvielfalt kann man unterschiedlicher Meinung sein. Die einen liefern bestechend schöne Argumente für die Existenz omnipotenter Teigwaren, die anderen denken eher kurzfristig. Wieder andere kümmern sich erst gar nicht darum wie der ganze Schlamassel zustande kam. Sie versuchen sich wirklich nützlich zu machen und erforschen die weitaus schmerzhaftere Auswirkungen zeitigende Psychologie der Masse.
Auch die Kreationisten kochen ihr eigenes Ursüppchen und schicken Koryphäen wie Ann Coulter ins Rennen. Diese liefert ihrem neuen sogenannten Buch quasi ex nihilo eine der beklopptesten Analogien, die die junge Welt je gelesen hat: "Imagine a giant raccoon passed gas and perhaps the resulting gas might have created the vast variety of life we see on Earth. And if you don't accept the giant raccoon flatulence theory for the origin of life, you must be a fundamentalist Christian nut who believes the Earth is flat."
Möglicherweise stellen diese denkwürdig waschbärenverachtenden Zeilen bereits erste Vorboten einer beschleunigten Wiederentakademisierung der Evolutionskritik dar. Der Wikipedia-Eintrag zur Furztheorie jedenfalls wurde bereits wieder gelöscht, ernstzunehmende Plagiatsvorwürfe nagen am Image. Demontierten sich die populärpublizistischen Fürsprecher der fundamentalistischen Intelligentsia weiterhin mit solch hoher Geschwindigkeit, so dürfte man getrost glauben, dass von der Bewegung alsbald nur ein Häuflein neokreationistischer Hooligans bliebe, von denen jeder Einzelne beim Aufmarsch mit beeindruckender Vehemenz über die eigenen Argumente nicht weiter als bis ins Leere stolperten. Allein: Glauben heisst nicht wissen, kennt man ja.
10.07.2006 | 13:16 | Berlin | Fakten und Figuren
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Erfinder finden wir grundsätzlich erstmal gut, wenn sie einen gewissen Hang zum Wahnsinn und zum Visionären haben – umso besser, und wenn sie zu diesem Zweck auch noch Riesenmaschinen konstruieren – geradezu fantastisch. Da gratulieren wir auch gern zum Geburtstag, aktuell zum 150. von Nikola Tesla, dem Entwickler des Wechselstroms und Erfinder der Teslaspule (hier zum Eigenbau). Zu Teslas grössten, aber leider unvollendeten Projekten gehörte die Entwicklung einer drahtlosen Stromübertragung mit Hilfe von Riesentürmen, die Strom quasi kostenlos machen würde und deren Nichtverwirklichung bis heute gerne für Verschwörungstheorien genutzt wird, sowie die Entwicklung von Todesstrahlen, wodurch er es zum Role Model des Mad Scientist in den Superman-Comics brachte. Man könnte noch 1000 Geschichten erzählen, aber jetzt wird erstmal gefeiert: Zur Einstimmung gibt es den Film Jack Shows Meg his Telsa Coil von den bekennenden Tesla-Fans Jarmusch, White und White, dann geht's in die Hochspannungshalle der TU Berlin, Blitzentladungen einer Tesla-Spule anschauen, und schliesslich ins Podewil zur grossen Tesla-Geburtstagssause vom Labor für Mediale Künste.
10.07.2006 | 08:42 | Alles wird besser
 Endlich Grillen im Rechner (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Schon lange konnte man es nicht mehr ertragen, dieses stupide, streng algorithmengesteuerte Herumgeistern von simulierten Gegenspielern in naiven Computerspielen. Viele wandten sich angeödet ab und verbrachten ihre Nächte stattdessen damit, Stechmücken oder andere Insekten, also richtige, wahrhaftig unberechenbare Lebewesen, durch das schwülwarme Schlafzimmer zu jagen. Jetzt endlich ergreift der holländische Student Wim van Eck das Problem am Chitinpanzer und entwirft ein Pac-Man-Spiel, in dem echte Insekten das Verhalten der Geister bestimmen. Mit Pac-Man gegen lebende Grillen, das ist zumindest vergleichbar, nein, vielleicht nicht ganz, aber es kommt nahe heran, an die Dramatik, Hitze und Verzweiflung des nächtlichen Kampfes mit dem Schuh gegen die Invertebraten. Warum man dieselbe Verwandlung von Echtweltplage zum Virtualgegner in Singapur aber auch den Nagetieren antun muss, bleibt vollkommen unklar.
09.07.2006 | 20:57 | Nachtleuchtendes | Zeichen und Wunder
 Physikotheolökonomie (Bild von Mark Hjandel) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Nicht erst seit Galileo Galilei ist das Verhältnis von Naturwissenschaft und Theologie ein verkorkstes. Schon seit Philon von Alexandrien schwelt die Debatte um die richtige Regelung des nachbarschaftlichen Nebeneinanders von Glaube und Wissen. Wie überall, gibt es auch auf diesem Feld einige Extrempositionen, z.B. Fideisten und Rationalisten, sowie einige Entgleisungen wie etwa den US-amerikanischen Neokreationismus. Mit Schaudern denkt man auch an die seit Siger von Brabant durch die Hörsäle geisternde Möglichkeit einer duplex veritas, einer Doppelwahrheit in dem Sinne, dass die Sonne sich zugleich um die Erde drehen und auch nicht drehen könnte. Auf dem Mittelfeld aber tummeln sich weiterhin viele Zwischenpositionen, von denen vor allem Thomas von Aquin mit seiner berühmten Harmonie zwischen Lumen naturale (natürlichem Licht des Wissens) und Lumen supernaturale (übernatürlichem Licht der Offenbarung) erwähnt sei.
Viel einfacher war seit jeher das Verhältnis von Theologie und Wirtschaft. Für kostenintensive Unternehmungen, wie die Realisierung kunstgeschichtlicher Epochen, wurden schnell effiziente Lösungen gefunden. Wie in italienischen Kirchen schon seit längerem gesichtet, bahnt sich aber inzwischen auch im deutschen Sprachraum eine noch höhere Verbindung zwischen übernatürlichem, natürlichem und ökonomischem Licht an, nämlich in Form von elektrischen Opferkerzen, die gegen Münzeinwurf eine festgesetzte Zeit lang leuchten. Wenn eine solche triplex veritas in heiligen Hallen selbstverständlich wird, dann sollte in profanen Seminarräumen doch bald auch eine betriebswirtschaftliche Elektronentheologie möglich sein.
09.07.2006 | 10:15 | Was fehlt | Fakten und Figuren
 Nochmal 17 Bier für mich und die Sinologiestudentin. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Wer kennt nicht diese Situation? Man hat in einem mörderisch angesagten Szeneclub eine überaus attraktive Person zu einem Getränk ihrer Wahl eingeladen und sie in amouröser Absicht in ein Gespräch über die Wu-Dynastie verwickelt.
Der Person, obwohl sie Sinologie studiert hat, ist nun entfallen, wann genau noch mal Sun Jun verstarb, und sie sucht in gespielter Verzweiflung nach der richtigen Jahreszahl, was sehr reizend aussieht. Man will der Person zu Hilfe eilen und ihr nonchalant die Jahreszahl "256" verehren, doch genau in diesem Moment legt der DJ eine neue Platte auf, deren eigentliche Wirkung sich nur bei maximaler Lautstärke entfaltet – ein Umstand, dem der Mann am Mixer unmittelbar Rechnung trägt. Unhörbar ist nun selbst die eigene Stimme und also auch unmöglich ist es jetzt, der Person aus ihrer Klemme zu helfen. Die Konversation stockt, und die Aussichten auf Geschlechtliches sinken rapide.
Gut beraten war indes, wer zuvor seine Finger binär sortiert hat. Weist man dem Daumen den Wert 1 zu, dem Zeigefinger 2, dem Mittelfinger 4, dem Ringfinger 8 und dem Kleinen Finger 16, so ist es mit ein wenig Übung und Additionsvermögen kinderleicht, mit einer Hand Zahlenwerte bis zum Wert 31 gestisch zu vermitteln. Nimmt man noch die andere Hand hinzu, so erweitert sich das Spektrum bis zum Wert 1023. Sollte das Thema im Laufe des Abends also noch auf Niederlothringen kommen, so ist man sogar für Fragen nach dem Todesjahr von Gottfried II. gewappnet. Einer gemeinsamen Nacht, in der andere Gesetze gelten, steht nun nichts mehr im Wege. Danke, binäres System!
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Marktführer für Nischenprodukte
- beglückende Haptik
- Leckermäulchen spielen
- NullBock-Springen
SO NICHT:
- Stadtschreiber schurigeln
- erfrischend kalte Pizza
- zweckmässige Bekleidung
- bedrückende Haptik
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Edipo Re", Pier Paolo Pasolini (1967)
Plus: 3, 12, 14, 74, 101, 137, 138 Minus: 1, 4, 9, 27, 43, 44, 132, 142 doppelt, 155, 171, 184, 189 Gesamt: -6 Punkte
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