24.10.2005 | 03:11 | Supertiere | Vermutungen über die Welt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)In Mitteleuropa gibt es eine lange Tradition der Verniedlichung von Natur. Ihr voraus ging natürlich eine lange Tradition der Ausrottung gefährlicher Tiere und der Abholzung von Wäldern, aber das ist eine andere Geschichte. Die Folge jedenfalls: Mütter schieben ihre Kinderwägen durch vermeintliche Urwälder und erfreuen sich an puschligen Rehen und Hasen sowie am wohltönenden Gesang der Amseln. Wenn man mal wirkliche Abenteuer erleben will, geht man in sogenannte Naturschutzgebiete, in denen es so extreme Kreaturen wie das Wildschwein oder den Mäusebussard gibt. Nur in einem solchen Klima aus Verklärung und Anbetung ist es letztlich möglich, dass Eichendorff-Gedichte, Ökoparteien und Kampfhundgesetze entstehen.
Genau umgekehrt ist die Situation in Amerika: Weil man mit Abholzen und Ausrotten nicht vorankommt, beschränkt man sich darauf, ausgewählte Teile der Wildnis als Nationalparks benutzerfreundlich zu gestalten, also so mit Wegen und Bootsverleih, und den Rest lässt man einfach so weitervegetieren, mit ziemlich vielen unangenehmen Kreaturen, die ziemlich viele Zähne besitzen. Resultat: Man trifft dort extrem wenig Kinderwägen, dafür umso mehr Menschen, die nachts ihr Essen auf hohen Bäumen befestigen, damit der Bär nicht rankommt.
Soviel zur Theorie. Wie gross die Unterschiede sind, kann man daran erkennen, dass Werner Herzogs neuester Film Grizzly Man offenbar in Deutschland nur ausnahmsweise mal vorgeführt wird, in Amerika aber auf grosse Begeisterung stösst. "Grizzly Man" erzählt die Geschichte von Timothy Treadwell, der, um die Grizzlies zu "beschützen", 13 Jahre lang mit ihnen zusammen lebt, irgendwo da oben in Alaska. Ein komplett irrsinniger, fast schon europäischer Ansatz, auf den man nur kommen kann, wenn man adäquat gestört ist und Bären sowieso für die besseren Menschen hält. Treadwell wird letztlich aufgefressen, in phantastischer Kulisse mit Gletschern, wogenden Grasfeldern und spielenden Füchsen. Diese gründliche und realistische Darstellung der Mensch-Tier-Beziehung also interessiert in Europa niemanden. Stattdessen wird das zauberhafte Leben der Kaiserpinguine vorgeführt, samt Interview mit den gefiederten Hauptdarstellern. Muss das sein, Europa? Gibt es nicht schon genug Baumumarmer?
Abgesehen davon sind Bären natürlich wesentlich unterhaltsamer als Pinguine, schon weil sie ein schönes weiches Fell zum Streicheln haben.
23.10.2005 | 23:28 | Zeichen und Wunder
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Ein bemerkenswertes Ereignis des Sonntags: Dieses Thema bei Focus TV. Wir hätten es sonst mal wieder nicht mitgekriegt.
Blog-Bildung! Eine neue Tagebuchkultur erobert das Internet Der Name leitet sich vom guten alten Logbuch ab – und auch sonst geht es den Schreibern im Wesentlichen darum, aus ihrer Sicht bemerkenswerte Ereignisse des Tages festzuhalten. Doch weil sie das im Internet tun, sind die Ergüsse jedermann zugänglich, Hinweise auf andere Blogger tun ein ein Übriges – und prompt ist eine neue Kultur, die 'Blogosphäre' entstanden. Journalisten nutzen Weblogs als Quelle, Supermarktbetreiber als Ventil für ihren doch recht höhepunktfreien Alltag und mancher ergreift die Gelegenheit, einfach nur seine Radtour einem weltweiten Publikum als Film mitzuteilen. Focus TV über einen Trend im World Wide Web, dem hierzulande immerhin schon 200.000 – und weltweit gar 50 Millionen Menschen – verfallen sind.
23.10.2005 | 20:33 | Supertiere | Alles wird besser
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)In – natürlich – Taiwan hat man ein neues, sinn- und lehrreiches Spielzeug gebaut, das Choke-A-Chicken, ein Hühnchen, das, packt man es am Hals und würgt es, wild kreischt und mit den Flügeln zappelt. Australische Tierschützer finden das nicht lustig, denn, so meinen sie, das Spielgerät könne kleine Kinder dazu verführen, auch Hansi, dem Wellensittich, eben mal den Hals umzudrehen.
Wobei, auch solch ein Missverständnis kann eine lehrreiche Erfahrung sein. Das Choke-A-Chicken watschelt nämlich einher, spielt eine Melodie und führt dazu den Entchentanz auf. Erwürgt man es, ist es aber gar nicht kaputt, sondern, lässt man von ihm ab, watschelt und tanzt es unverdrossen weiter und lehrt so das Kind, dass Dinge mit Batterie anders ticken als solche, die bloss Körner fressen. – Gut zu wissen!
Viel wichtiger aber ist der volksgesundheitliche Effekt. Bei der Massentötung von Geflügel im Kampf gegen die Vogelgrippe kommen zur Zeit entweder die Behörden nicht nach, oder aber die betroffenen Bauern wehren sich. Was wäre also sinnvoller als ein Spielzeug, das schon die Kleinen zu Experten im Hühnerwürgen macht. Würde nur die WHO überall Würgehühnchen verteilen, Geflügel-Pandemien müssten sich bald schon sehr warm anziehen.
23.10.2005 | 18:37 | Nachtleuchtendes | Sachen kaufen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Endlich! Endlich ist käufliche Wirklichkeit, was wir alle uns seit Jahren herbeisehnen! Das US-Unternehmen Crimson Trace bietet Ziellaser für Faustfeuerwaffen. Leicht in die meisten gängigen Modelle einzubauen, verbessert der Ziellaser nachweislich die Trefferquote. Das nebenstehende Modell, die halbautomatische Pistole Sig Sauer P226, ist bereits zu einem Spottpreis von nur 329,00 US$ mit dem schönen, roten Ziellaser nachzurüsten. Der Hersteller verspricht, dass der Ziellaser im Überfallfall eines "Bad Guy" durch Abschreckung "die Resultate bewaffneter Konflikte dramatisch verbessert". Die Pistole selbst, ein Schweizer Qualitätsfabrikat Kaliber 9 mm, ist in diesem Online-Waffenshop für nur 865,11 US$ zu erwerben. Nebenbei bemerkt ist die SigSauer eine der zuverlässigsten Pistolen der Welt und die bevorzugte Wahl vieler Geheimdienste. Anders als zum Beispiel einzelne russische Makarov-Fabrikate, von denen die Anekdote erzählt wurde, man solle den Lauf beim Schuss auf sich selbst richten, weil die Pistole häufiger nach hinten als nach vorne losgehe. Apropos nach hinten: Bevor man das schöne Lasergadget erwirbt, sollte man sich genau über den späteren Verwendungszweck im Klaren sein. Denn nach einer Untersuchung des National Center for Injury Prevention and Control [pdf] gehörten 2002 (USA) nur 39% aller Erschossenen zu echten, absichtlichen Mordtaten. Die verbleibende übergrosse Mehrheit gehörte zu Selbstmorden (57%) und Unfällen (3%), und da wäre die Anschaffung so eines teuren Ziellasers natürlich rausgeschmissenes Geld. Ein Schuss in den Ofen, gewissermassen.
23.10.2005 | 15:05 | Alles wird besser | Zeichen und Wunder | Papierrascheln
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Lange Zeit war über den 1997 verstorbenen deutschen Maler, Grafiker, Kabarettisten und Satiriker Heino Jaeger (Abbildung unten) abgesehen von einem Titanic-Artikel von Christian Meurer vor einigen Jahren so gut wie gar nichts zu erfahren, seine Bilder (Abbildung oben, unten Mitte) praktisch nirgends zu betrachten. Zum Glück ist vor wenigen Tagen endlich im Schweizer Kein und Aber Verlag die Werkausgabe "Man glaubt es nicht" erschienen, aus der man, ach, vieles zitieren könnte: vom berufslaufbahnverderbenden Texashemd mit den unsittlichen Motiven, von Gesprächen mit Salaten, von Teppichen aus abgetrennten Eidechsenenden, von der Verabreichung von Eisenbahnstangenöl und von Schlipsen "aus Stein und verzinkt". Weniger Arbeit und sicher auch mehr im Sinne des Verlags ist es aber, wenn sich jeder das Buch einfach kauft. Es hat fast 500 Seiten, und wer es nicht besitzt, der mag zwar um 29,80 Euro reicher sein als andere Menschen, führt aber trotzdem ein sinnloseres Dasein als ein abgetrenntes Eidechsenende.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Schweizer s/w-Passbildautomaten
- Cialis
- Ritter Sport (schon immer)
- über früher nachdenken
SO NICHT:
- Erdbeben zur Unzeit
- nassgewordenes Parkett (wellt!)
- Passbildautomaten (ausser in der Schweiz)
- Viagra (für alte Männer)
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Mojin - The Lost Legend", Wuershan (2015)
Plus: 14, 22, 33, 66, 69, 73, 80, 82, 94, 96 Minus: 15, 39, 46, 93, 102, 147, 195 Gesamt: 3 Punkte
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