22.08.2005 | 15:46 | Berlin | Sachen kaufen
Gross war das Heulen und Zähneklappern, als Ende Juni das White Trash Fast Food in der Torstrasse, unser Stamm- und Lieblingslokal irreversibel seine Pforten schloss. Viel des hübschhässlichen Chinamafia-Inventars wurde in den letzten Nächten zerdeppert, wir blieben mit einer Wodkaträne im Knopfloch und der vagen Ankündigung zurück, das White Trash sei keine Location, sondern eine Idee, die schon sehr bald in nächster Inkarnation wiedergeboren werden würde. Am vergangenen Wochenende nun hat auf der Filet-Brache zwischen Jannowitzbrücke, S-Bahn und Spree der Wild West Rock'n Strand Markt eröffnet, eine Mischung aus Flohmarkt und Strandbar im Geiste des alten White Trash.
Mit erkennbarer Liebe zum Detail haben die Macher hier eine verschlafene Western-Kulissenstadt inklusive Kirche ("Church Bar") und mittlerweile berlintypischem künstlichem Berg ("Matterhorn Bar", vgl. Volkspalast ) erstehen lassen, was das ganze wohltuend von den Berliner Flohmarkt-Flohmärkten abhebt. Die Verpflegung mit frischem Barbecue ist ausgezeichnet, und über alles dudelt relaxte Yankee-Mucke, die ganz offensichtlich nicht vom greisen Entertainer stammt, der am Rande des Geschehens hinter seiner Hammond-Orgel eingeschlafen ist. Das vertraute Personal aus tätowierten Backenbärten und schlampigen Trashqueens bevölkert die Szene, wirkt jedoch im milden Tageslicht weitaus gesitteter als früher. Etwa die Hälfte der Stände ist noch unbewirtschaftet, was das ganze hübsch überschaubar hält. Neben den unvermeidlichen kunsthandwerklichen T-Shirt-Ständen fällt eine leicht signifikante Häufung von Lederjacken, grossformatigen Sonnenbrillen und Rockplatten auf. Ansonsten alles ganz normal und entspannt. Als Flohmarktalternative kommt der Rock'n Strand Markt damit absolut in Betracht. Eine neue Stammkneipe werden wir uns wohl suchen müssen.
[Update: Inzwischen (Jan. 2006) ist der Flohmarkt wohl für immer geschlossen, dafür das Neue White Trash offen]
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
22.08.2005 | 00:50 | Berlin | Zeichen und Wunder
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Gute Werbung muss überraschen! Da können die Gelben Seiten ("Aalräuchereien bis Zylinderstifte") genauso einpacken wie die Stadt Basel ("Antikenmuseum bis Zolli"), der Bundestag ("Abfallbeseitigung bis Zoo"), die Apothekerkammer Westfalen-Lippe ("Arzneimittelprüfung bis Zustellservice") und Jesus Online ("Atomuhr bis Zeitmaschine"). Denn bei Kümmermann sind Profis am Werk, von A wie Aberzeugende Werbung bis Z wie Zupersache.
21.08.2005 | 23:14 | Was fehlt | Vermutungen über die Welt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Serviceangebote zum Schlafen sind weltweit extrem selten. Während es heute fast unmöglich ist, an normalen Orten zu verhungern oder verdursten, wird man praktisch überall dazu gezwungen, sehr müde zu sein. Bestes Beispiel sind Flughäfen, Orte also, an denen es vor müden Menschen nur so wimmelt. Trotzdem kommt fast keiner auf die naheliegende Idee, ihnen für einen gewissen Preis genau das zu geben, was sie suchen. Und wir reden hier nicht über teure Hotelzimmer mit Badewanne und Gardinen und Tischen und allem. Nein, ein schlichtes Bett an einem ruhigen, dunklen Ort würde schon genügen. Die Wirklichkeit hingegen: Wie man hier nachlesen kann, gibt es weltweit exakt 20 Flughäfen mit "Sleep rooms". Schlimmer noch: Alle anderen beteiligen sich offenbar am internationalen Wettbewerb "Schlaf verhindern – so geht's", mit Neonröhren, die etwa die Helligkeit einer Supernova generieren (im Bild: Flughafen Amsterdam), Plastiksitzen mit unzerstörbaren Armlehnen sowie minütlichen Warnungen vor Taschendieben in acht verschiedenen Sprachen. Unter diesen Voraussetzungen muss man sich nicht wundern, wenn immer mehr Menschen in Flugzeugen absurde Dinge tun, z.B. in Hochhäuser fliegen, denn Schlafentzug führt unter anderem zu Wahrnehmungsstörungen, schließlich zum Tod (zumindest bei Ratten). Hier der Workaround: Zum Glück verfügen weit mehr Flughäfen über öffentliche Gebetsräume (obwohl Nicht-Beten nicht unbedingt tödlich ist, jedenfalls nicht so schnell). Man muss also lediglich so tun, als gehöre man einer exotischen Religion an, die vorschreibt, jede Nacht acht Stunden zu beten, und zwar mit Kopf auf dem Kissen, geschlossenen Augen und leichten Schnarchgeräuschen.
21.08.2005 | 16:55 | Zeichen und Wunder
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Es ist zweifellos eine gute Sache, dass das richtige Leben dem Web immer ähnlicher wird und man schon in wenigen Minuten nicht mehr wissen wird, wo das eine aufhört und das andere anfängt. Das führt zwar zu lästigen Albträumen, in denen man verzweifelt irgendwo klicken möchte, wo es gar nichts zu klicken gibt, aber wer weiß! Irgendwo bastelt eine Entwicklungsabteilung vermutlich längst an kontextsensitiven Features für Albtraum und Alltag. Wir freuen uns schon auf den Tag, an dem die hier abgebildeten Navigationsmenüs (oben: auf DVD-Hüllen, unten: auf Werbeplakaten der Firma Globetrotter) auch tatsächlich in Betrieb genommen werden und wir durch Anklicken der anderen, nicht hervorgehobenen Punkte umstandslos nach Hamburg, Dresden, Frankfurt oder Bonn gelangen können ... na gut, jedenfalls nach Hamburg.
21.08.2005 | 13:12 | Nachtleuchtendes | Sachen kaufen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Was macht eigentlich einen echten Mann aus? Er hat eine rauhe Schale, einen wachsweichen Kern, er riecht nicht nach Blumen. Sondern nach Patschuli. Moment, Irrtum, das war die Definition einer echten Männerkerze. Die kleine Kerzengießerei Creative Candles aus Kansas City ist jedenfalls überzeugt davon, dass Männer in ihren "Büros oder Höhlen" eigene Kerzen brauchen und nicht dieses weibische Herumgewachse, das am Ende noch mit Floralverkehr daherkommt. Die Männerkerze gibt es in den männlichsten Farben der Welt, nämlich Blutrot, Elfenbein, Gold, Rost, Jägergrün und Saphirblau. Sie wird verpackt (natürlich!) in Sackleinen und verschnürt mit Rohleder. Ihre schon erwähnte rauhe Schale besteht aus dem Wachs flotter Bienen und aus Lorbeerwachs (eventuell zum drauf Ausruhen?). Während Mädchenkerzen Mädchenherzen mit Blumenduft höher schlagen lassen, ist in der Kerlekerze original Patschuliöl. Und spätestens an dieser Stelle fragt man sich: warum hat man hier nicht bis zu Ende gedacht? Weshalb ist das nicht besonders heterosexuelle Patschuli in die Kerze geraten? Wieso hat man nicht konsequent Moschus verwendet, also das Hodensekret von Tundra-Ochsen? Schade! So bleibt die Männerkerze leider nur bei 90% stehen.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Hasensalat
- Müssiggang
- Thomas Demand
- metrosexuelle Handlungen
SO NICHT:
- Schatten verkaufen
- Trauer tragen
- Ban Ki Moon over Manhattan
- Books on demand (für Autoren)
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Terra Formars", Takashi Miike (2016)
Plus: 7, 8, 11, 22, 26, 35, 42, 54, 64, 66, 73, 80, 89, 96, 97, 111, 123, 126 Minus: 28, 196, 218, 219 Gesamt: 14 Punkte
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