Riesenmaschine

05.05.2008 | 09:01 | Anderswo | Zeichen und Wunder | Vermutungen über die Welt

Ein durchschnittlicher Tag in der Aufzugfirma


Das Bild oben rechts zeigt eine verwirrte Person (Foto: Kathrin Passig)
Nein, man könne den Lift nicht mehr zurücknehmen, nur weil er elf Knöpfe und das Hotel siebeneinhalb Stockwerke habe. Schliesslich sei er schon aus der Originalverpackung entnommen worden. Nein, nicht einmal, wenn der Absender das Porto trage. Und was das überhaupt sei, ein Stockwerk "3M". Man fertige gern für jeden Sonderwunsch der Kunden einen Spezialaufzug an, gegen entsprechenden Aufpreis natürlich. Davon sei hier aber nie die Rede gewesen, im Gegenteil, im Auftrag seien ausdrücklich betrunkene spanische Studenten als Zielgruppe des smart city hostel Edinburgh genannt, für die "irgendein alter Flaschenzug mit Eimern" allemal ausreiche. Diese Spezifikationen habe man ja wohl übererfüllt. Man schlage vor, dass der Kunde sich mit der Lieferung irgendwie arrangiere oder eben einen neuen Auftrag erteile. Was ihm jederzeit freistehe. Und einen schönen Tag noch.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Ein schöner Tag in der Unibibliothek


04.05.2008 | 09:54 | Supertiere | Alles wird besser

Horntiere robotisch


Foto: Kai Schreiber
Was genau eigentlich Leben von Nicht-Leben unterscheidet, darüber besteht weiterhin kein Konsens in der Wissenschaft. Weitaus einfacher ist es eventuell, ein Eichhörnchen von einem Nicht-Einhörnchen zu unterscheiden, zum Beispiel auf der Basis der in vielfacher Ausführung frei herumlaufenden Präzedenzfälle. Ein Eichhörnchen ist etwas, das so aussieht wie alle anderen Eichhörnchen und das Laute erzeugt, die denen eines Eichhörnches ähneln. Damit es nicht ganz so einfach ist, fügen wir noch ein arbiträres Feature hinzu, sagen wir Schwanzwackeln. Auf dieser theoretischen Basis wurde bereits im Jahr 2004 ein artifizielles Eichhörnchen gebaut, das von Artgenossen zumindest nicht sofort als Trick entlarvt wurde. Ein Meilenstein in der Eichhorngenese.

Ein weiterer Schritt nach vorne wäre möglich, wenn man, wie Experten vorschlagen, das obige Proto-Squirrel mit kletterfähigen Robotern paart, wie sie z. B. von der DARPA vor zwei Jahren entwickelt wurden. Nun hat RISE, der Kletter-Robot, zweifellos ein angenehmes Äusseres und sollte nicht an der Autobahnraststätte ausgesetzt werden. Aber es kann nicht verheimlicht werden, dass er sechs Beine hat und sich mit vieren vermutlich weniger erhaben am Baum benimmt. Ganz zu schweigen davon, dass er, um im Bewegungsablauf dem Original zu ähneln, mindestens zehnmal soviel Beine bräuchte.

Ernüchterung macht sich breit. Nach jahrelanger harter Arbeit stehen wir im Verständnis der Eichhörnchenseele immer noch ganz am Anfang.


01.05.2008 | 00:18 | Berlin

Das neue Silber?


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)

Die Zeiten werden härter, auch für Mitteposeure. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Noch immer ist Silber die mit Abstand häufigste Autofarbe bei Neuwagen, "weil Silber uns daran erinnert, dass Autos aus Metall sind", so die frappant simple Erklärung von Trendexperten. Allerdings scheint der Bannzauber des Silber allmählich gebrochen. Zum einen dringt Weiss als das neue Schwarz massiv auch im Automobilmarkt vor. Zum anderen zeichnet sich angeblich analog zu den Hybridautos ein Trend zu "hybriden" Farben ab – was immer das sein soll. Diese Website verrät uns, was Autofarben über die Farbe des Fahrzeugs und den Charakter der Fahrer verraten. Signalrot etwa wirkt "sportlich und frech", aber auch "schnell und schwer". Logisch. Oliv ist leider nicht dabei. Dabei bekundet Oliv ebenfalls eine Anwartschaft auf den Posten des neuen Silber, zumindest wenn man Berlin Mitte in dieser Hinsicht für repräsentativ erachtet. Vielleicht wollen die Halter der Oberklasse-Fahrzeuge aber auch nur sicher gehen, dass ihren gefährdeten Gefährten zum 1. Mai nichts zustösst, und haben sie deshalb zur besseren Tarnung maigrün angestrichen. Dabei ist der Stadtteil doch längst selbst eine gentrifizierte Green zone, in der der Klassenkonflikt nur selten militärisch eskaliert. Egal, Hauptsache matt.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Matt ist das neue Schwarz


29.04.2008 | 12:33 | Berlin | Was fehlt

The Shramps – Live!


Von allen ausgedachten Bands und Alben, schätze ich doch am meisten die interessanten. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Vermutlich hat Jorge Luis Borges in grossem Stil mit dem Quatsch angefangen. Der schickte sein Pseudonym Bustos Domecq ins Rennen, um fingierte Rezensionen fiktiver Bücher und phantasierte Homestories non-existenter Autoren abzuliefern. Auch die Vermischung von Realwelt und Fiktion war eine Spezialität des Argentiniers. Zusammen mit der Mediengestalterin Daniela Burger, die die Covers beisteuerte, hat Dietmar Dath das Prinzip von der Literatur aufs Popbusiness übertragen und unter dem Titel The Shramps mehr als 30 Rezensionen fiktiver Platten, teils real existierender, teils erfundener Bands ersponnen und erdichtet. Die schmerzlich vermisste Band "Tipsi" kommt darin ebenso vor, wie das absehbare aber verzichtbare Guns-'n'-Roses-Album "Chinese Democracy" – Musils Möglichkeitssinn macht Musik. Das ganze war eine sehenswerte Ausstellung, ist jetzt als lesenswerte Dokumentation erschienen und wird heute Abend unter Beteiligung der ebenfalls real existenten Musiker Jens Friebe und Julie Miess im Festsaal Kreuzberg vorgestellt.


28.04.2008 | 19:10 | Sachen kaufen

Kaufreizlinderung


Irgendwas (Beispiel)
Foto: Marshall Astor, Lizenz
Das menschliche Kaufverhalten wird häufig als reines Mittel zum Zweck missverstanden. Hätten wir nur früher erkannt, dass hier nichts dergleichen, sondern vielmehr eine Leerlaufhandlung vorliegt, die auch ganz ohne Schlüsselreiz funktioniert! Denn dann hätten nicht andere Menschen, sondern wir den SomethingStore (via CoolBusinessIdeas) gründen und damit auf einfache und elegante Art reich werden können. Im SomethingStore gibt es – ähnlich wie in der DDR – nur ein einziges Produkt zu kaufen, nämlich irgendwas. Irgendwas kostet zehn Dollar (Porto inbegriffen) und wird nur innerhalb der USA versendet. Mühsame und zeitraubende Entscheidungsprozesse entfallen, allerdings enthält das Überraschungspäckchen weder Organe noch Stammzellen oder Embryonen, keine Listen mit Spam-Adressen, keine Drogen, Adelstitel oder aussterbende Tiere und auch keine grossen Mengen Edelmetalle und Juwelen. Noch ist es nicht zu spät, wir werden auf diesen Zug aufspringen und im nächsten Schritt durch Weglassen des Produkts endlich das pure Kaufglück aus den lästigen Auswahl- und Besitzprozessen herausdestillieren. Interessenten können schon mal zehn Euro an die Kontonummer im Impressum überweisen, der Versand ist portofrei.


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