Riesenmaschine

11.12.2008 | 12:19 | Anderswo | Alles wird besser | Sachen kaufen

Dann klingelt's aber


Geld sparen müssen ist immer hässlich, so Geld sparen zu können immerhin schön (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Allerspätestens seit sich selbst Ethnologiestudenten beim Bier Fondstipps zuraunten, ist die Sparbüchse tot. Wer sein Geld nicht für sich arbeiten lässt, muss selbst arbeiten und wer will das schon? Also hinfort mit der Sparbüchse! Da aber eine der Grundregeln der Produktverwurstung lautet, dass jeder vollkommen überflüssige Mist noch eine zweite Chance bekommt, wenn man ihn nur als Gadget in Umlauf bringt – und gegebenenfalls entsprechend aufmotzt – verharren tausend unnütze Dinge gerade in einem technologischen Limbus.

Dass dieses trashige Werbegeschenk (eigentlich: das Werbegeschenk par excellence) nun wieder eine Chance bekommt, das liegt nun so gar nicht an dieser Finanzmarktkrise, die gerade so aufregend ist, sondern allein am Format. Denn wo Japan draufsteht, da ist eben immer vollkommener Unsinn drin. Unsinn, mit dem Menschen anzugeben versuchen, die sehr viel Zeit mit Computern verbringen. Die Mischung aus urbaner Weltläufigkeit und Kindlichkeit hat schon Unerträgliches wie das Tamagotchi zu einem Kassenschlager werden lassen – dass sich damit nicht auch $100 pro geräuscheerzeugender Sparbüchse machen lassen sollte, geradezu abwegig. Und so geschah es dann auch.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Sunuzu auf der Yamanote-Linie


10.12.2008 | 13:45 | Nachtleuchtendes | Essen und Essenzielles

Germany's Next Alcopops


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Erfindet doch lieber auch mal einen Korn! (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Gross war die Vorfreude, als wir gefragt wurden, ob wir als Blog interessiert seien, Walross-Alkohol zu testen. Noch grösser die Spannung, als eine vom Schweizer Zoll ordentlich abgefertigte Papprolle eintraf mit dem Warnhinweis: "Walross-Alkohol – Achtung: auf keinen Fall schlucken!" Noch grösser allerdings war die Ernüchterung darüber, in der Papprolle keine toxisch-tranige Substanz vorzufinden, sondern drei Dosen eines handelsüblichen Energydrinks, der nur mittels Aufdruck zu "Plouby Walross-Alkohol 3000" umgewidmet wurde. Wir haben die Plörre dann den Pinguinen gegeben. Selbst haben wir uns dem etwas reiferen und erwachseneren "Das Korn" des Künstlers Theo Ligthart zugewandt: echter deutscher Doppelkorn aus der Traditionsbrennerei Sellendorf in Brandenburg, eigens entwickelt für den Kunstmarkt. "Gefüllt in Flaschen, die ästhetisch an eine Mischung aus Flachmann und Parfumflakon erinnern, schafft 'das Korn' eine Verbindung zwischen Kunst und Objekt", heisst es auf der Website. (Und seitdem wir wissen, dass es sich bei dem ganzen um eine "soziale Plastik" handelt, sehen wir auch das Pennerensemble vorm Supermarkt mit anderen Augen.) Der "Das Korn"-Korn trinkt sich süffig wie edelster Wodka, und hinterlässt kaum Spätschäden am nächsten Tag. Binnen einer Woche war die halbe Flasche leer. Indem er uns ermöglicht, Alkoholismus als Kunstform auszudeuten, könnte "Das Korn" glatt zu unsem neuen Near-Water-Alltagsgetränk avancieren. Am morgigen Donnerstag wird die glückliche Erfindung eines Korns übrigens mit einer Vernissage in der Bar Tausend gebührend gefeiert.


08.12.2008 | 16:06 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles | Gekaufte bezahlte Anzeige

Das Frühstück der Champignons


Superspezialzutat "Süsse Pilze" (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Supernormalzutat "Guten-Morgen-Basismix" (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)

Zankapfel Rosine: Jetzt auch in Grün (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)
Mit manchen Lebensmittelzutaten verhält es sich wie mit Prostituierten und Schutzgelderpressern: Man bezahlt nicht dafür, dass sie da sind, sondern dafür, dass sie wieder verschwinden oder gar nicht erst auftauchen, weil sie Gesundheit oder Wohlbefinden beeinträchtigen.

Ähnlich, aber doch ganz anders ist es im Cereal Club: Dort ist jeder Türsteher seiner eigenen Müsli-Party und kann mit Hilfe des Cereal Creators entscheiden, wer einen festen Platz auf der Gästeliste hat (Weizenflocken, Haferflocken, Sonnenblumenkerne), wer trendy, süss oder crazy genug ist, um mal reinschmecken zu dürfen (Goji Beeren, Hanfsamen, Mohn, Quinoa, Aloe Vera, Cranberry Chocs) und welche Proletenzutaten Hausverbot auf Lebenszeit bekommen (Haselnüsse, Rosinen, kleine Steine) – und das, ohne dabei schale Kompromisse eingehen zu müssen (oder sein Frühstück in tennisballdosenartigen Mini-Silos zugeschickt zu bekommen).

Die Riesenmaschine begrüsst Mass Customization im Allgemeinen und hier im Speziellen, denn die Vorlieben und Abneigungen frühstückender Individuen sind nun mal so unterschiedlich und bunt gemischt wie die Zutaten selbst: Den einen ist es aus religiösen Gründen untersagt, Mais, Reis, Gepopptes oder Traubenzucker zu verzehren, andere dürfen, wie die Lianen-Bungeespringer von Vanuatu, zu einer bestimmten Zeit im Jahr aus gesundheitlichen Gründen nichts essen, was ein Vogel berührt hat. Einige sind einfach nicht die Typen für Müsli und Magerquark, andere begegnen den weltweit steigenden Getreidepreisen und ihren verheerenden Folgen für die Dritte Welt und die Bierpreise mit einem weitgehenden Verzicht auf getreidehaltige Bestandteile. Sie alle kommen auf ihre Kosten, denn Cerealclub bietet neben bekannten und weniger bekannten klassischen Zutaten für strenge Müslime auch reichlich Spielraum für müsliferne Kombinationen, die ausschliesslich aus Pops, Flakes, Crispies, Mini-Cookies, Schaumzuckergebilden und herzhafter Knabberware bestehen. Freunden politischer Frühstücksaspekte bietet sich darüber hinaus die Möglichkeit, mit gutem Gewissen global zu mischen und lokal zu handeln: mit dem Spendentopping für die Stiftung Mittagskinder.

All das macht den Cereal Club zu einem der buntesten Tempel undogmatisch-lockerer Frühstücksflockigkeit ausserhalb der Philippinen. Für die Zukunft wünschen wir uns höchstens noch einen Customize-Frischkornbrei im Overnightversand sowie die Sonderzutaten Taiwanesisches Seaweedtabix, Hawaiianische Holzrosensamen und einen Hallo-Wach-Mix mit Amphetamin-Drops und Red-Bull-Granulat.

Wir verlosen drei Cereal-Club-Gutscheine: Einfach in die Kommentare schreiben, welche Zutat der Cereal Club noch aufnehmen sollte.

Natascha Podgornik | Dauerhafter Link | Kommentare (32)


07.12.2008 | 15:03 | Anderswo | Sachen kaufen | Papierrascheln | Vermutungen über die Welt

Tempoverschärfung

Wiewohl es auch in Hongkong echte Tempo-Taschentücher der Mutterfirma
SCA Products GmbH
aus 68264 Mannheim gibt, und zwar mit einem englischen und deutschen Aufdruck ("Taschentücher, naturweich, stark, 4-lagig"), wird doch das eigentliche Signature-Zellstofftaschentuch Hongkongs von der einheimischen Drogerie-Kette Watson's sowohl produziert als auch vertrieben. Dieses Taschentuch unterscheidet sich nun von der fast achtzigjährigen deutschen Traditionsmarke nicht nur dadurch, dass es – wie alle asiatischen Papiertaschentücher – viel dünner ist, sondern auch durch eine – wie soll man sagen? – offensivere Vermarktung. Zumindest wirbt Watson's auf den Verpackungen seiner Taschentücher, sie seien nicht nur der Gesundheit und der Schönheit dienlich, man könne auch richtig Spass mit ihnen ihnen haben. Ja, Watson's fordert gerade dazu auf ("have fun")! Spass mit Tempos? Sollte damit vielleicht..., äh, nein, das führen wir hier nicht aus.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Eine kurze Werbegeschichte vom Töten

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (8)


03.12.2008 | 01:30 | Anderswo | Fakten und Figuren | Zeichen und Wunder

Eine neue Epöch


Umlautdöömsday in Hongkong
Nach dem Ü ist mittlerweile auch das gute, alte Motörhead-Ö (auch Mötley Crü-Ö genannt) in China angekommen, genauer: im Spass- und Sonderverwaltungschina Hongkong. Allerdings gibt es das Cafe Epöch schon seit rund zwei Jahren, die Riesenmaschine hat das epöchale Ereignis nur verschlafen. Dafür wissen wir aber jetzt, was sich die Verwender beim Umlautgebrauch so denken. Der Name signalisiere, meint Epöchs Manager Billy Clarke, Alternativität und Unorthodoxie, und erklärt auch gleich, was darunter zu verstehen ist: Den angeblich einzigen DJ der Welt in einem Kaffeeladen, Ausstellungen im Café, "Deconstructed Apple Pie" für 68 Honkies (6 Euro) und einen Dessert-Koch, der schon mal eine Torte für Madonna gebacken hat.

Jetzt hat Epöch jedoch am Taikoo Place im Westen von Hong Kong Island eine zweite Filiale eröffnet, und zwar ohne DJ-Schnickschnack, Ausstellungsraum und Leseecke. Damit ist wohl auch der erste Schritt zu einer ganz gewöhnlichen Kaffeekette getan, die sicher in den nächsten Jahren erst einmal ganz Festlandchina, dann den Rest von Asien, und schliesslich die Welt erobern wird, ganz so wie andere Kaffeeläden eben. Dann aber wird man feststellen, dass man Umlaute nicht essen kann und auch nicht trinken! Ausserdem, Chinesen, denkt daran: Ihr habt die Umlautpünktchen von uns Deutschen und Türken bloss geerbt! Geht also sparsam damit um, sonst schaffen wir sie bei uns zu Hause auch noch ab!

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Das Ü ist da

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (13)


1.5 2.5

*  IN DER RIESENMASCHINE


*  ORIENTIERUNG



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Werbung Ratgeber

*  SO GEHT'S:

- züchterische Erfolge am Rittersporn

- Lazarett-Airbus

- Kassettendecke (unhandlich)

- mit geschlossenen Augen durch die Waschstraße

*  SO NICHT:

- C.S.I. Poppenbüttel

- als Entomologe in der Arktis

- Joystick ohne Dauerfeuer

- Regentänze (zu beliebig)


*  AUTOMATISCHE KULTURKRITIK

"Motorway", Pou-Soi Cheang (2012)

Plus: 22, 55, 94, 96
Minus: 8, 36 doppelt, 99, 181, 193, 196
Gesamt: -3 Punkte


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