13.02.2007 | 01:43 | Nachtleuchtendes | Alles wird schlechter | Sachen kaufen
 The medium is the message (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Wer je einen Autozubehörkatalog in den Händen hielt, wird bestätigen können, dass der Individualisierungsdrang des autofahrenden Teils der Bevölkerung in dem Masse zunimmt, in dem das Autodesign gleichförmiger wird. In diesem Zusammenhang fast nicht mehr erwähnenswert erscheint es, dass die Pflanzmich GmbH auf blinkidinki.de ein ebenso nutzloses wie kindisch benanntes Tool vorstellt, den "Blinkidinki"; ein verblüffend hässliches Kommunikationswerkzeug für die Heckscheibe. Per Infrarotfernbedienung kann man fünf verschiedene Botschaften einstellen, die das Gefühlsspektrum des durchschnittlichen Autofahrers vollkommen abdecken: Einen lächelnden und einen traurigen Smiley, ein "Thanks", ein "Back off" und ein "Idiot". Aufgrund vorhersehbarer Komplikationen mit dem §185 StGB empfiehlt der Hersteller jedoch, die Hotkeys "Idiot" und "Lächelnder Smiley" nur sehr schnell hintereinander abzuspielen.
12.02.2007 | 17:43 | Sachen kaufen | Essen und Essenzielles
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Vor genau 200 Jahren machte in Karlsbad, dem Mineralquelleneldorado Böhmens, ein findiger Apotheker mit Namen Becher eine Entdeckung. Statt dem angeborenen Label aufs Erstbeste zu genügen und Sprudelwasser auszuschenken, brannte Josef Becher Lebkuchenschnaps, den Karlsbader Becherbitter, und tatsächlich erfreut sich dieser als Becherovka bis heute einer gewissen Beliebtheit. Ins Ausland exportiert man ihn in jacketttaschengrossen Fläschchen mit aufgeschraubtem Trinkgefäss. Das sieht nett aus, und wer knapp bei Kasse ist, kann in Lokalen billig bestellte Softdrinks mit einer schnellen Kappe B. zum Cocktail upgraden. Diesen kleinen Getränkemogel mag ein Feldforscher der Supermarktkette Billa beobachtet haben. Nicht unfindig, beschloss er, in den eigenen Regalen diebstahlgefährdete, weil teure Spirituosen anderer Marken mit einem aufgeschraubten Becherchen als Köder auszulegen. Sollten doch die zechprellenden Becherovkatrinker zugreifen und versuchen, die Flaschen zu stehlen.
Am Ausgang gäbe es lautstark die Quittung: der Dosierbecher, gar kein Becher, sondern eine elektronische Warensicherung. Ha! Bottlekey heisst der Evil Twin des tschechischen Bechers, logisch ist das nicht, braucht doch die Billakassiererin erst recht einen Patentschlüssel, um ihn zu entfernen. Aber wo gibt es schon noch ehrliche Namen in der Welt des Konsums? Seit den sechziger Jahren steht Billa für "Billiger Laden", im Billa Corso in den Wiener Ringstrassengalerien steckt der "Mogelbecher" allerdings vornehmlich auf Weinen über 25 Euro. Nur der Becherovka heisst wie er ist: ein ehrlich bekennender Becherbitter – pappt an der Zunge und kratzt im Hals. Happy Birthday, old B.
12.02.2007 | 10:42 | Supertiere | Was fehlt
 Bildunterschrift aus der Mottenkiste (Foto: kclama) (Lizenz)Banale Änderungen am Protokoll machen häufig genug grosse Wissenschaft aus: Generation von kleinen Forschern haben Fliegen Beine und Flügel ausgerissen, und haben doch meist nur Abscheu geerntet.
Dabei wäre der Weg nach Science so einfach gewesen; statt Fliegen hätten es halt Motten sein müssen – die sind sogar noch einfacher zu fangen – und statt der Flügel die Antennen. Als Bonus hätte man die Antennten mit Sekundenkleber wieder dranpappen können und hätte entzückt festgestellt, dass die Tabakschwärmer dann ihren Gleichgewichtssinn wiederfinden, wie die Filme zeigen. Ob die Falter wohl auch mit anderen Objekten auf dem Kopf als den eigenen Antennen fliegen würden? Gebe man es bei Spezialisten in Auftrag, könnte man mit selbstfliegender Kunst gleich Wissenschaftsteil und Feuilleton füllen.
12.02.2007 | 02:55 | Supertiere | Fakten und Figuren
 Foto: wagoldbyÜberall wird heute gesungen, sogar unter Walen und Japanern, man kann gar nicht anders, man muss das Singen allmählich verachten, missverstanden als Kennzeichen von zivilisatorischer Reife und Kultur. Dabei gerät oft aus dem Blickfeld, dass Singen auch praktisch sein kann, und man muss Gibbon sein, um sich das nicht hinter die Ohren schreiben zu müssen. Gibbons nämlich singen, wie jeder weiss, nicht nur in der Ehe, jeden Morgen ein Duett, um die Partnerschaft zu festigen, sondern auch, um vor Gefahr zu warnen. Seit Weihnachten ungefähr wissen wir jetzt auch, dass sich Ehegesang und Warngesang subtil unterscheiden, zum Beispiel enthält der Warngesang deutlich weniger Wa-, dafür deutlich mehr Hu- und scharfe Wau-Noten. Ausserdem tritt der weibliche Great Call im Paargesang deutlich früher auf, was auch immer das bedeuten mag. Das alles ist statistisch einwandfrei belegt und somit der erste Beweis für ein funktionell ausdifferenziertes Kommunikationssystem bei Freilandaffen. Schön und gut. Der eigentliche Vorteil im Vergleich zum menschlichen Liedgut jedoch liegt eben darin, dass man nicht einfach nur zuhört und dann einen Satz sagt, der mit "ich finde" anfängt, sondern eben, egal wie man es findet, auch noch davon profitiert, zum Beispiel Kinder kriegt oder länger am Leben bleibt, je nachdem, wieviel Wa oder Hu oder was auch immer. Dagegen bei uns kam es erst durch die degenerative Abspaltung des Pragmatismus von der Kunst, so wird man bald feststellen, zum endgültigen Untergang des Abendlandes. Im Klagelied des Gibbons: Whoo-a hoot hoot fitt fitt wu wu. (zweistimmig)
11.02.2007 | 17:24 | Alles wird besser | Listen
 Privater Mailverkehr anderer Leute. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Aus der deutschen Ferne konnte und kann man kaum die Spektakularität und die weltwirtschaftliche Gefahr der Enron-Pleite begreifen. Dabei ging es weniger um die Veruntreuung von Milliarden Dollar aus den Rentenkassen, als vielmehr um die kunstvolle Art der Luftgeschäfte; man könnte von der dritten Ableitung des Luftgeschäfts mit sich selbst sprechen: Noch nicht existierende Waren wurden in Warentermingeschäften zu selbst eingeschätzten Preisen verkauft und dann sofort als Einnahmen verbucht (was von den Käufern nur deshalb akzeptiert wurde, weil sie nicht existierten, sondern im Geheimen selbstgegründete Offshore-Firmen waren), womit wiederum Bankkredite abgesichert wurden. Die hervorragende, unterhaltsame Dokumentation "Enron: The smartest guys in the Room" zeigt, wie Enron drohte, das amerikanische Finanzsystem zum Kollaps zu bringen.
Man kann sich diesem Fall aber auch unendlich viel detaillierter nähern, denn im Zuge der Untersuchungen veröffentlichte die US Federal Energy Regulatory Commission alle internen Mails der Führungsebene von Enron von 1999 bis 2002. Die klugen Werbeverantwortlichen der Firma Trampoline Systems luden alle 200.000 Mails herunter und speisten sie in ihr famoses Visualisierungs- Archiv- und Suchsystem. Dort liegen sie nun und können nach Stichwörtern, Urhebern und Herzenslust durchsucht werden. So kann Werbung also auch funktionieren.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Unter der Schnellstraße
- Wundermittel Papier
- nach links gehen (bei SuperMario)
- ein Dolch des Sonnenscheins im Herzen aller sein
SO NICHT:
- Delphin-Strategien
- von Langhans geheckled
- Dark Wave
- Schwertfisch
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Persepolis", Vincent Paronnaud / Marjane Satrapi (2007)
Plus: 2, 37, 45, 69, 77, 80, 93 Minus: 1, 3, 9, 37, 54+1 Gesamt: 1 Punkt
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