Kasachische Staubstürme, kaltgestellt (Serviervorschlag). (Foto: diongillard) (Lizenz) Schnee ist der Welteislehre zufolge das pulverförmige Sublimat des Weltall-Phantoms und bringt also beim Rieseln immer auch ein Stück des Kosmos und seiner Geheimnisse mit auf die Erde runter. Wenn man ihn warm macht, geht er kaputt, wenn man ihn zu Kugeln formt, kann man ihn werfen, und wenn man ihn sich in die Nase steckt, wird man klug: Schnee ist Sternenstaub.
Würde man nicht vermuten, wenn er sich mal wieder weiss wie ein Laken über die Landschaft breitet. Deshalb wohl ging der Schnee jetzt in die Offensive und färbte sich in Sibiren gelb. Die Farbe für diesen kleinen Scherz stahl der Schnee überraschend nicht bei der sibirischen chemischen Industrie, sondern nebenan bei einem kasachischen Staubsturm. Pfiffiges Kerlchen, dieser Schnee. Schade, dass er ausstirbt.
Schneeflocken: Kennste eine, kennste zwei Foto:michgm/LizenzEs gibt keine zwei gleichen Schneeflocken, so erzählten uns die Eltern und nun ist klar, dass sie logen. Wie so oft. Das mit dem Weihnachtsmann glaubten von Anfang an eh nur die dummen Kinder. Dann aber der Milchzahn, der sich unter dem Kopfkissen von allein in zwei Groschen verwandeln sollte: billige Erfindung. Dass es regnet, wenn man nicht aufisst: dreiste Lüge. Dass die Augen so bleiben, wenn man sich beim Schielen erschrickt: ausgedacht. Dass Geschwister nur kommen, wenn sich Mami und Papi ganz, ganz lieb haben: unzutreffend. Blumen, Bienen, Störche, der Mann im Mond, Rentensicherheit, gesunder Spinat, eine ganze Kindergeneration wurde in Lug und Trug mit gespaltener Zunge erzogen; ein guter Teil wurde aus schierem Frust, weil es nichts Allgemeingültiges zu geben schien, zu Protestwissenschaftlern. Und doch war die letzte Lüge, die wir zu glauben bereit waren, die, dass es keine zwei gleichen Schneeflocken gäbe, "so wie es auch dich nur ein einziges Mal auf der Welt gibt, liebes Kind". Bis heute. Eigentlich war es klar. Enttäuscht seht ihr uns trotzdem.
In Berlin ist vorgestern trotz des gewohnt unkonkret gehaltenen Oberthemas "unfinish!" die 20. Transmediale zu Ende gegangen. Neben den Konferenzpanels, Performances und Clubabenden gab es natürlich auch wieder eine Ausstellung und dessen mit Abstand bemerkenswertestes Exponat war der Random Screen von Aram Bartholl, eine Milchglas-Wand aus 5x5 Pixeln, die zufällig heller und dunkler werden (auf Platz zwei: Eine Koreanerin, die in dem kurzen Film Against God By Water Pistol bei Platzregen mit einer Wasserpistole in den Himmel schiesst).
Nun würden es die Genrekonventionen der Medienkunst gebieten, dass die Lichtschwankungen des Random Screen auf einer komplexen Matrix basieren, die sich aus einer Kombination der Transmediale-Zuschauerzahlen, der Bewegungen der Überwachungskameras am Berliner Hauptbahnhof und dem weltweiten Auswurf an Blogartikeln speist. Aber nichts da: Schaut man auf die Rückseite, findet man 25 Fächer, in denen jeweils ein Teelicht steht, auf dem wiederum jeweils eine frei gelagerte, präparierte Bierdose angebracht ist. Durch die aufsteigende Hitze drehen sich diese Bierdosen zufällig schnell, und weil nur an einer Stelle der Aussenwand ein Loch angebracht ist, durch das Licht strahlen kann, ergibt sich das Zufallsmuster. Inspiriert wurde das Ganze übrigens vom Blinkenlights-Projekt, und als bekanntermassen allem Alten und Undigitalen verbundenem Blog stehen wir kurz vor der Anschaffung eines Random Screens. Sobald man damit auch Tetris spielen kann, schlagen wir zu.
Nächster Schritt: Online-Verbindung vom Zahn ins Hirn (Jason Rogers) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Nichtmal ein Jahr ist es her, da geisselte man an dieser Stelle, unter ausführlicher Darlegung des zugrundeliegenden Hypothesengerüsts, das menschenverachtende Angebot eines vorgeblichen Schluckhilfebechers. Und schon hat sich die Welt eines Besseren besonnen und lässt einen neuen künstlichen Zahn von der Leine, der per Fernbedienung einen frei einstellbaren Medikamentencocktail in die Schleimhaut pumpt. Entwickelt von Dr. Scholz (reiner Zufall!) und Kollegen aus St. Ingbert, wo auch immer das liegt, eröffnen sich damit glänzende Perspektiven, denn schon in wenigen, wenn auch kaum erträglichen Jahren werden wir alles mit Hilfe dieser Technik in den Körper befördern, es wird einen Zahn für Kaffee, einen für Honigbrot, einen für Wassermelonen und einen für last.fm geben. Alle Ausserirdischen werden uns um diese Erfindung beneiden. Sicher, die bei medgadget.com geäusserten Bedenken sollte man ernstnehmen, zum Beispiel nicht versehentlich den Fernseher mit den Zähnen verwechseln, aber dafür eben ungeahnte Möglichkeiten! Honigbrot per Fernbedienung!
(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Man hätte selbst drauf kommen können. Es gibt rund 22.000 Hello-Kitty-Produkte (darunter den Hello-Kitty-Vibrator und die selbstgemachte Hello-Kitty-Bong) und ca. eine Million unterschiedliche Tarotkartensets. Was lag da näher als das Hello, Tarot (via Boing Boing)? Schon wenige Minuten später wäre man so reich gewesen, wie die Erfinder des Piktogramm-Tarots, des Gummibärchen-Tarots und des von weinenden Clowns gemalten Bach-Blüten-Tarots für Katzen (nämlich gar nicht). Aber noch ist es nicht zu spät. Wir melden hiermit Titelschutz für das Digitale-Bohème-Tarot, das Plattenbau-Tarot, das Döner-Tarot, das Pokemon-Tarot (Regelmässig erscheinen neue Karten – schnapp sie dir alle! Die Karten der kleinen Arkana entwickeln sich von allein zu Karten der grossen, wenn man sie gut behandelt!) und das Web-2.0-Tarot (abgerundete Ecken, weitreichende Community-Funktionen) an. Und versprechen, dass die in der Simpsons-Folge Lisa's Wedding eingeführte unheilvolle 23. Karte der Grossen Arkana (The Happy Squirrel) selbstverständlich in allen Sets vorhanden sein wird.