30.10.2006 | 17:57 | Sachen kaufen | Zeichen und Wunder
 Bild: inflatablechurch.comWas tun, wenn die eigene Verderbtheit so weit vorangeschritten ist, dass man sich mit einem vorgetäuschten Leiden in therapeutischer Behandlung befindet? Und zwar nicht etwa wegen Schnupfen (Niespulver), sondern wegen Münchhausen-Syndrom (Phantasie und etwas medizinisches Fachwissen). Ist das noch gelogen, wenn die erlogene Krankheit also die Lügenkrankheit ist oder schon wieder gesund? Darauf haben vermutlich weder die feinen Herren Seelen-Zergliederer noch Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von und zu Münchhausen von Schloss Bodenwerder eine Antwort. In einer solchen Lage kann dann eigentlich nur noch Gott helfen. Da der bekanntlich aber ein oller Stubenhocker ist, muss man ihn dafür schon in seiner Wohnung besuchen kommen. Und weil die nicht unbedingt immer um die Ecke liegt, haben die Briten sich das nicht nur luftige, sondern auch mobile Gotteshaus ausgedacht, eine Kirche zum Aufpusten. Die armen modebewussten Muttis mit Münchhausen-by-proxy-Syndrom sind allerdings immer noch am Arsch. Sie dürfen mit ihren High Heels nämlich sicherlich nicht da rein.
30.10.2006 | 12:02 | Anderswo | Alles wird besser
Die Welt ist schlecht, das Leben schön und das hat natürlich auch einen Grund, bzw. hat es ganz viele Gründe und einer davon ist Kontrast. Kontrast ist, wenn zwei, die eigentlich nicht zusammengehören, aneinandergenagelt werden; es ergibt sich etwas Neues, auch wenn es den ungeübten Beobachter zunächst schmerzt im Nerv. Der geübte Beobachter hingegen weiss: Das Aufeinanderprallen von Unähnlichem ist der Ursprung von Leben und Kultur. Und genau so pathostriefend steil werden die Menschen gedacht haben, die die aktuelle Caspar-David-Friedrich-Ausstellung in Hamburg an den Zuschauer bringen wollen.
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Die Schau heisst nicht umsonst "Die Erfindung der Romantik", denn der Kreidefelsenmelancholiker Friedrich ist für die Deutsche Gemälderomantik, was Günter Grass für das Geständnisliteratur-Marketing ist: der stilprägendste Bartträger. Dass der romantischste Maler, hier im Bild sein "Wanderer über dem Nebelmeer", aber beworben wird mit dem unromantischsten Werbemittel neben Pissoirplakaten, dem Diesel-LKW mit unaerodynamisch angeflanschtem Konkavposter, zeugt von so lebensbejahender Liebe zum Kontrast an sich, dass man den Verantwortlichen zurufen möchte: Ja! Ihr seid auf dem richtigen Weg! Lasst Obdachlose Bank-Promotion machen! Schreibt Kettenmails gegen Spam! Und vor allem: schaltet als nächstes Motiv auf den LKW dringend eine Anzeige gegen den grossen CO2-Ausstoss der Industrieländer.
30.10.2006 | 00:39 | Anderswo | Supertiere
 Gänzlich ungeschockter Fisch in Shanghai (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Haier ist die einzige chinesische Marke, die nun schon drei Jahre in Folge unter den 100 einflussreichsten brands der Welt rangiert. Wie schafft ein Unternehmen das, dessen Markenstrategie noch in Arbeit ist?
Die Antwort ist verblüffend einfach. Moderne Unternehmen brauchen gar keine Markenstrategien. Erwartet werden heutzutage vielmehr ehrliche Kommunikation, eine groovy Firmenkultur, Tierschutz und soziales Engagement. Haier kann in all diesen Punkten Vorbild sein – und sich daher teure Marketingetats sparen.
Unter dem Motto "Be brand the sail, be customer the teacher" offenbart der Elektrokonzern seine Ziele in vorbildlicher Ehrlichkeit: "expand the business into developing markets with little resistance" und "Priority given to influence and then profit". Haiers Strategie ist der Aufkauf "gut ausgestatteter Firmen" und der Austausch des Managements. Den ökologischen Standards entsprechend ist dieses Verfahren der Natur entlehnt und heisst daher Schockfisch: "'Shock fish' represent those companies which are well equipped but not well operated and can be vitalized if effective management is introduced." Die gekündigten Manager finden derweil Trost in Haiers Corporate Culture. Dort heisst es unmissverständlich: "Being itself is the product of not-being".
Wenn deutsche Firmen nicht als Produkte des Nichtseins enden wollen, passen sie besser jetzt ihre Strategien an! Haier-Küchengeräte sind in Deutschland bereits erhältlich. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die konzerneigene Zeichentrickserie Haier Brothers auch hierzulande ausgestrahlt wird. Wogegen sich auch niemand wird wehren können, denn die 212 Episoden verbucht Haier unter Social Contribution.
29.10.2006 | 17:11 | Vermutungen über die Welt
 Foto: merfamWährend deutsche Medien jetzt schon mehrere endlose Tage lang über ein paar harmlose makabre Scherze in Afghanistan diskutieren, passieren anderswo Dinge, die damit gar nichts zu tun haben. Am Freitag zum Beispiel kam es im amerikanischen Sender CBS erneut zum Aufeinandertreffen von David Letterman und Bill O'Reilly. Zum Verständnis: O'Reilly, primus inter pares in der seltsamen Landschaft der amerikanischen TV-Politprediger, unterhält bei FOX News eine sogenannte Nachrichtensendung, in der durch rigorose Tatsachenverdrehung radikal "traditionelle" Standpunkte belegt werden sollen – ein Konzept, das von Stephen Colbert "Truthiness" getauft wurde. Zur Rechtfertigung amerikanischer Kriegsverbrechen im Irak zum Beispiel erfand O'Reilly vor einigen Monaten aus unbekannten Gründen, dass amerikanische Soldaten im zweiten Weltkrieg wehrlose SS-Soldaten hinrichteten, obwohl es natürlich umgedreht war, wie sein Gegenspieler bei MSNBC, Keith Olbermann, sogleich mit erhobenem Zeigefinger und Schaum vor dem Mund klarstellte. Natürlich ist O'Reilly ausserdem für Folter, für strenge Arbeitslager in Alaska und zudem ausländerfeindlicher als die NPD. (Neulich forderte er deswegen die Abschaffung des St. Patrick's Day, achnein, das war CNN-Kollege Lou Dobbs, sie sind so schwer auseinanderzuhalten.) Den ganzen Dreck kann man sich fünfmal die Woche im Fernsehen ansehen.
Jedenfalls: Beim letzten Besuch bei Letterman, im Januar 2006, beklagte "Billo" die Diskreditierung des Weihnachtsfestes durch "säkulare Kräfte" als eines der Hauptprobleme Amerikas. Seine Belege dafür hatte er sich einfach ausgedacht. Trotzdem rettete Letterman den dadurch gewonnenen haushohen Vorsprung nur gerade so über die Zeit. Diesmal liess O'Reilly seinen Weihnachtunsinn weg und konzentrierte sich ganz auf sein Spezialthema Irak, und Letterman, was soll man sagen, scheiterte trotz Heimvorteil kläglich. Er verliert an der ersten Base, an der WMD-Base, dann an der CIA-Base, zuletzt auch an der Al-Qaida-Base, und ergibt sich schliesslich abermals dem Nihilismus. Zwei Fragen: Wieso haben die Rechten immer die besseren Demagogen? Musste der Kommunismus darum scheitern? Und wieso sollen die Jungs nicht mit Totenköpfen spielen dürfen? Gut, das waren genaugenommen drei Fragen.
29.10.2006 | 12:34 | Vermutungen über die Welt
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Böhmen und Mähren
- Bratmaxe Song interpretiert von Céline Dion
- Shootout
- Datteln für den Zimmeresel
SO NICHT:
- Moppel-Ich-AG
- Massengrab
- Gantenbein heissen
- Delphin-Strategien
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"The Road", John Hillcoat (2009)
Plus: 21, 25, 45, 55, 74, 135 Minus: 1, 99, 102 Gesamt: 3 Punkte
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