03.10.2006 | 05:37 | Alles wird schlechter | Vermutungen über die Welt
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Mal angenommen, eine autoritäre Instanz wie das Bundesverfassungsgericht behauptete, das Deutsche Reich bestünde fort, es würde allerdings mangels ausführender Organe nichts mehr reissen können (1973), so ermöglicht die praktische Dismembrationstheorie, die den Untergang des Überstaates durch Zerstückelung in neue Einheiten erklärt, dennoch einen ruhigen Schlaf.
Da schnellt jedoch ein Arm empor und ein Stimmlein brüllt: "Hier, ich. Ich bin das fehlende Organ. Und ich bin Präsident und Kanzler und Verkehrsminister." Diese Stimme ist nicht nur real, sondern meint es auch ernst. Bis vor einiger Zeit noch gehörte sie allein Wolfgang Ebel, der von einem Zehlendorfer Wohnzimmer aus das deutsche Reich kommissarisch betrieb. Die scheinbar restaurative Energie der Post-DDR-Phase brachte allerdings eine unübersehbare Zahl von Staatsoberhäuptern hervor, die meist ihre Legitimation und Anweisungen per Post vom alliierten Oberkommando beziehen. Das Staatsvolk besteht freilich nur aus den Regierungsmitgliedern selbst, die sich (dokumentiert vom "Lügensender ZDF")* im Nebel von Verträgen und Gesetzestexten verlieren.
Da sollte man stark hoffen, dass sich die Veranstaltung "Deutschland zu Gast in Schleswig-Holstein" (sic) nicht zu einer wüsten Klopperei entwickelt. Denn ohne einen Friedensvertrag* sind wir alle wohl noch mitten im Krieg.
*Anmerkung: Nazis und Ähnliche verlinken wir nicht. Daher hier zur eigenverantwortlichen Nutzung die URLs: http://friedensvertrag.info/cont/cms/front_content.php?idcat=423 http://friedensvertrag.info/cont/cms/front_content.php?idcatart=28&lang=1&client=1
02.10.2006 | 20:44 | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles
 Sorat Hotel Berlin: ein billiger Rausch (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Dass routinierte Besucher von wissenschaftlichen Kongressen ihre Minibars plündern, beim Bezahlfernsehen über die Stränge schlagen und japanische Telefonsexnummern ausprobieren, dass offen beschilderte Tagungsteilnehmer angetrunken durch die Innenstädte ziehen, anstatt auf ihren Panels zu erscheinen, dass Vorträge entweder entfallen oder von lächerlichen Novizen gehalten werden, deren wirrer Wortsalat in leeren Auditorien verhallt – all das ist ein alter Hut. Auch die Veranstalter wissen das und fürchten um ihren dünnen Rückhalt in der Bevölkerung. Um zumindest ihre knappen Budgets vor den Eskapaden der Gastwissenschaftler zu schützen, beugen sie vor. Alkoholische Getränke, Pay-TV und auswärtige Telefonate, heisst es kalt und feierlich beim Einchecken, sind aus eigener Tasche zu bezahlen. Die roten Köpfe, wenn am Abreisetag vor den Augen von heimlichen Mitwissern absurde Rechnungsüberschüsse zu begleichen sind, gehören zum Spiel. Nur: Es bleiben Schlupflöcher, kleine abgabenfreie Oasen, die findet, wer das Knabbern liebt. Heureka!
02.10.2006 | 12:36 | Anderswo | Zeichen und Wunder
Ideen haben ist keine grosse Kunst, Ideen hat heute jeder. Was nicht viele schaffen: Eine Idee, sei sie hirnverbrannt, gemeingefährlich, irrelevant oder eventuell sogar interessant, stur und konsequent bis zum Ende umzusetzen, bis Mensch und Idee untrennbar miteinander verschmelzen. Hitler zum Beispiel gehört in die Kategorie, man kann ihm vieles vorwerfen, aber Inkonsequenz gehört eigentlich nicht dazu. Ein neues Rollenmodell in diese Richtung liefert der in Toronto ansässige Maler Ernesto Manera. Vor wenigen Tagen ging sein Atelier und mit ihm sein komplettes Lebenswerk im Rahmen eines Grossbrandes in Flammen auf. Er verlor, so sagt man, Kunst im Wert von einer Million Dollar, und das gerade zwei Monate vor Eröffnung seiner ersten Solo-Ausstellung. Das klingt jetzt noch nicht sehr bewundernswert, eher ein bisschen traurig, aber sicherlich sehr sinnlos.
Bis man aus der wie immer hilfreichen Lokalpresse erfährt, dass die geplante Ausstellung, die jetzt gründlich verbrannte Ausstellung, "An Exercise in Futility" zum Thema hatte. Ob es je Bilder für diese Ausstellung gab, wird nie zu klären sein, vielleicht verbrachte der Maler die letzten Jahre auch damit, weisse Wände anzustarren. Man kann ihm vieles vorwerfen, und seine Versicherung wird das auch tun, aber dass er zum Konzept "Exercise in Futility" nicht alles zu Sagende gesagt hat, gehört nicht dazu.
02.10.2006 | 04:59 | Anderswo | Vermutungen über die Welt
 Auch in Hannover: Eine Kirche mit einem Drudenfuss (Bildnachweis) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Die Long-Tail-Theorie von Chris Anderson dürfte ja inzwischen die Runde gemacht haben (wer sie noch nicht kennt, kann sie hier oder hier oder ab 4. Oktober auch in diesem Buch nachlesen). Und überraschenderweise trifft man sie nicht nur im Internet-Business, sondern auch in Bereichen, wo man sie gar nicht erwarten würde. Bei Hannover 96 zum Beispiel, das wie alle Fussballbundesligisten einen enormen Jahresetat für Spielergehälter und den ganzen Kram bereitstellen muss. Dafür bekommt Hannover 2,5 Millionen von Trikotsponsor TUI und sicherlich noch eine ganze Menge vom Stadionsponsor AWD.
Den wirklich bedeutenden Teil machen aber nach wie vor die lokalen Klein- und Kleinstsponsoren aus. Deswegen reicht es auch nicht mehr, nur Standardereignisse wie Ecken (präsentiert vom Möbelhaus Hesse), Freistösse (von der Städtereinigung Kampmann), Auswechslungen (vom Hannover Airport) oder die Zuschauerzahl (von Gartenheim.de) auf der Anzeigetafel zu vermerken. Vielmehr denken sich in der Marketingabteilung von Hannover 96 drei Leute rund um die Uhr weitere Anlässe aus, so dass jetzt auch das Halbzeitpausengewinnspiel (Neue Presse), die Restspielzeit (KüchenCenter Staude) und die Mitgliederzahl (Joey's Pizzaservice, wird zur Sicherheit dreimal pro Spiel gezeigt, obwohl sie sich natürlich währenddessen nicht verändert) ihren eigenen Sponsor haben. Demnächst werden sicherlich auch noch der Bratwurstpreis, die Anzahl der freien Parkplätze und die durchschnittliche Rasenlänge mehrfach pro Spiel präsentiert, damit man sich in Hannover mal wieder einen vernünftigen Abwehrspieler leisten kann.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- zuschlagen (Gewalt)
- Roborantia
- Passivität (die neue Action)
- Aalraupen
SO NICHT:
- abwarten und Tee brüllen
- Cordon bleu (schon der Name!)
- Coke Black
- zuschlagen (Rabatt)
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Killer Joe", William Friedkin (2011)
Plus: 3, 31, 34, 38, 97, 118, 144, 153 Minus: 1, 40, 102, 142, 166, 203 Gesamt: 2 Punkte
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