Riesenmaschine

17.09.2006 | 21:26 | Berlin | Vermutungen über die Welt

Schuss ins Wasser


(Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Mit der abgebildeten – von keiner Hilfestellung auf der Rückseite abgemilderten – Frage wurden heute die Berliner Wähler in der Wahlkabine überrumpelt (PDF). Dem marktforschungs- und psychotestgestählten Bürger ist klar, dass die Frage in dieser Form kaum ernst gemeint sein kann. Abgefragt wird hier vermutlich etwas ganz anderes, nämlich: Wie viele Berliner sind bereit, zu einem frei erfundenen Thema überhaupt eine Stimme abzugeben? Und wie viele davon werden sich für das progressive "Ändern! Ändern ist immer gut!", wie viele für das konservative "Ich weiss zwar nicht, was es ist, aber ich will, dass es genau so bleibt" entscheiden? Als treuer Staatsbürger macht man also sein Kreuzchen an einer geratenen Stelle und wartet ab. Wie beim Schiffeversenken passiert wahrscheinlich gar nichts. Aber wenn dann demnächst die Erde gesprengt wird, um einer intergalaktischen Umgehungsstrasse Platz zu machen, will es wieder keiner gewesen sein.


17.09.2006 | 19:44 | Alles wird besser | Was fehlt

Innovationsdruck Kleinstadt


Vorrichtung zur Heidelbergflucht (Ausschnittsvergrösserung) (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Heidelberg, die schwitzende Kleinstadt in der Kuhle, zieht ja Menschen aller Nationalitäten in Scharen an, verpackt sie in T-Shirts mit verlorenem Herzaufdruck und stösst sie dann mit Schmackes wieder von sich, sodass sie wild um sich fotografierend über die Autobahnen spritzen. Dem liegen sicherlich physikalische Kräfte noch nicht beschriebener Provenienz zugrunde, und wer hier Einblick gewänne, dem winkte sofort Oslo, oder doch wohl jedenfalls ein Tourist aus Oslo vor dem Riesenfass im Schlosskeller. Klick, takk.

Denen, die nicht von dieser Urkraft aus der Stadt getrieben werden, bleibt nichts übrig, als die Forschung in andere Richtungen zu treiben. Qiang Zhang zum Beispiel, der an der Universität Heidelberg forschen muss, hat jetzt mit einigen Kollegen einen funktionierenden Teleporter entwickelt, um sich jederzeit aus dem ausgelagerten Kuckucksuhrherzen des Schwarzwaldes irgendwo anders hin verpflanzen zu können, nach Tübingen zum Beispiel. Seit der Entwicklung des Konzepts 1993, und der ersten geglückten Teleportation eines einzelnen Quantenbits 1998 sind wir weit gekommen, denn Zhang kann jetzt schon zwei komplette Q-Bits in einem Experiment verschicken, das nur wenige Tage dauert. Wenn der Fortschritt weiterhin mit solchen Riesenmauken daherlatscht, dann können wir schon circa 2050 das Wort "Teleportation" selbst teleportieren, in 7-qubit ASCII. Klingt wie Science Fiction, ist aber die Wirklichkeit von morgen.


17.09.2006 | 13:28 | Anderswo | Zeichen und Wunder

Chemnitzer Elegie


Chemnitz, Linie 56 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Allenthalben vergeht die Industrie zugunsten des Dienstleistungsgewerbes und gänzlich rätselhafter Berufszweige wie der Bloggerei. Wo sind sie hin, die grossen Gebäude mit den vielen Rohren dran, die es noch vor gar nicht langer Zeit überall gab? Manche verfügten, so hört man, sogar über rauchende Schlote, und wenn an einem Gebäude "Backfabrik" oder "Schlachthof" dranstand, so war Industrie darinnen und kein Club. Wo ist nun das eiserne Ross? Wo sein Reiter? Wo ist die Hand an der Esse, wo das lodernde Feuer? Wer wird den Rauch der verbrannten Braunkohle sammeln gehen? Dahin ist der Lärm der Bürger, die uralten Werke der Riesen stehen leer. Wie die Zeit vergangen ist, ins Dunkel der Nacht, als sei sie nie gewesen.


16.09.2006 | 23:40 | Berlin | Vermutungen über die Welt

Wahl on wheel


Teuer, aber teuer. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Morgen ist Wahl in Berlin und dafür gibt es traditionell Plakatwerbung, auch, wenn die nur eingeschränkt wirkungsvoll zu sein scheint. Viel besser ist TV-Werbung, also bewegte Bilder, und offenbar haben findige CDU-Strategen gedacht, "bewegte Bilder, dafür brauchen wir kein Fernsehen". Dann haben sie einen grossen Haufen LKWs mit Plakaten dran gemietet, die mehrere Wochen in Berlin herumgefahren sind, und zwar überraschenderweise stets zu zweit.

Doch hat sich das überhaupt gelohnt? Laut offizieller Preisliste des Vermieters mit dem Namen Poster on Wheel kostet ein Plakat-LKW samt Fahrer am Tag knapp unter 1.000 Euro und fährt acht Stunden. Wenn wir von sehr optimistischen (man kann ja nicht dauernd mit allen Autos den Kurfürstendamm rauf und runter fahren) 20 Sichtkontakten die Minute ausgehen, ergibt das in acht Stunden 9.600 baud Kontakte. Wir möchten eine Preisreduktion auf 750 Euro je Tag annehmen, mit zwei hintereinanderfahrenden Autos macht das 1.500 Euro am Tag, was wiederum einen Tausendkontaktpreis von 156,25 Euro ergibt.

Zum Vergleich: Eine Seite im Spiegel kostet rund 50.000 Euro und ergibt einen Tausendkontaktpreis von 8,50 Euro; bei einem RTL-Spot liegt er bei etwa 7 Euro, bei Bannerschaltung im Internet sind es bis zu 30 Euro, allerdings bei garantierter Klickrate von 0,1%. Das alles sagt natürlich nichts Verbindliches über die Wirkung der fahrenden Poster, aber mutmasslich einiges über die Wirtschaftskompetenz der CDU.


16.09.2006 | 16:38 | Anderswo | Sachen kaufen

Mit Kropf-Band und Promin-Ente


Lebkuchenherz zum Selbstbeschriften (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Am Anfang war das Lebkuchenherz. Später kam der Schaumgummihammer schwer in Mode. In den 80er Jahren wurden blinkende Teufelshörnchen der Renner, gefolgt von der Plastikkeule, dem spitzen Tirolerfilzhut mit Kordel, dem weiss-blauen Bierkrugfilzhut mit Woll-Schaum und dem Lederhosenträger-T-Shirt. Die Geschichte des Oktoberfestes ist nicht nur eine Geschichte der Massen-Besinnungslosigkeit, der Bierpreiserhöhung oder der Looping-Vervielfachung bei Achterbahnen. Es ist vor allem eine Geschichte des Wiesn-Gadgets.

Wenn an diesem Samstag ums Mittagsläuten herum der Münchner Oberbürgermeister Ude wieder einmal mit einem "Ozapft is" das grösste Volksfest der Welt eröffnet, dann beginnt auch der Wettbewerb um das erfolgreichste Wiesn-Mitbringsel 2006. Zur Wahl stehen dieses Jahr alte Bekannte wie die Retro-Krüge im Stil der 60er oder das Kropf-Band aus der Epoche des Jodmangels. Etwas moderner kommt da schon das PC-Spiel Wiesn-Gaudi daher. Mit dem kann man auch zu Hause bei "oans, zwoa, g'suffa" die Gäste im Zelt mit Bier versorgen. Es ist allerdings schade, dass es kein Feature gibt, mit dem man dort – wie im Real-World-Bierzelt – den Bayrischen Defiliermarsch dirigieren kann.

Favoriten für 2006 sind ohnehin die Spatzl-Tasche und für Kinder die Promin-Ente. Aber wer weiss das schon so genau. Am Ende verkauft sich der Bierflaschen-Zinndeckel doch noch wie warme Semmeln oder das zünftige Oktoberfest-Armband aus Silikon schlägt dem Fass den Boden aus.

Jörg Meyerhoff | Dauerhafter Link


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