Riesenmaschine

22.06.2006 | 17:58 | Vermutungen über die Welt

Sa, 9:30: Überschrift überlegen


Wo sind die Zylonen, wenn man sie braucht? (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Die Störung Prokrastination ist putzigerweise so eine Art Statusmerkmal unter Bohemienanwärtern geworden. Man überböte sich gegenseitig im Sachen nicht gebacken kriegen und bewiese irgendwas damit, könnte man sich nur aufraffen. Unabhängig vom stattlich dicken Prestige, das dabei abfällt, ist Prokrastination aber auch lästig, weil man ja nichts gebacken kriegt. Abhilfe schafft die einleuchtende Methode der Mikroschritte, wie von der ansonsten ziemlich grässlichen Inspirationshölle SARK vorgeschlagen: statt gleich das ganze Ausmisten des Schranks in den Terminkalender zu schreiben, plant man für Donnerstagmorgen das Öffnen der Tür, und für Freitag nachmittag, ein paar Schuhe anzusehen. Winzige Schritte und Terminvorgaben helfen SARK zufolge übers Prokrasitinieren hinweg. Die Suche nach einer neuen Prestigekrankheit beginnt man dann am Besten mit dem Starten des Browsers, Montagnachmittag um vier.


22.06.2006 | 12:33 | Anderswo | Alles wird besser | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles

Essen calling

Anstatt in Regionen mit schlechter Netzabdeckung (Wüste, Weltmeere, Berliner Hinterhöfe) die Wahl seines Mobilfunknetzes zu bereuen, kann man ja auch einfach sein Handy aufessen. Am besten eins mit Lasagne-Platine. Das essbare Bauteil, aber auch (bereits in Japan erhältliche) kompostierbare Mobiltelefone und Handygehäuse mit eingebauten Sonnenblumensamen zeigt jetzt eine Schau des Londoner Science Museum. Beerdigt man sein derart präpariertes Mobiltelefon, wächst irgendwann eine Sonnenblume raus. Nickel-Metallhydrid-Komponenten zu vergraben, damit das Symbol der europäischen Grünen herauswächst – wenn das die Antwort der britischen Forscher ist, was war dann die Frage?


22.06.2006 | 04:14 | Anderswo | In eigener Sache

South of the Border


Ingeborg Bachmann Turner Overdrive (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Klagenfurt, eine listige Kleinstadt irgendwo zwischen Donau und Adria, verwandelt sich jedes Jahr so Mitte Juni, nachdem die letzte Wolke hinter den Karawanken eingesperrt wurde, in eine quantenverschränkte Mischung aus Grossmutters Kramladen, Toni Sailer, Dr. Hauschkas Sonnenmilch und Ingeborg Bachmann bzw. genauer den Tagen der deutschsprachigen Literatur. Diese noch nie zuvor in der Riesenmaschine erwähnten Tage muss man nicht zwangsläufig kennen, aber man wird verstehen, dass Gesamtpreisgelder von über 50.000 Euro ausreichend Grund für die streng marktorientierte Redaktion sind, die nächsten Tage in Kärnten zu verbringen. Ausserdem ist das Wasser im Wörthersee wunderbar klar und kühl. (Dies erklärt gleichzeitig den gebremsten Fluss an Berichten über neuartige, sensationelle Geräte, die keinen USB-Anschluss besitzen, stay tuned.)

Nachdem die Riesenmaschinenautoren Wolfgang Herrndorf und Natalie Balkow in den letzten Jahren erfolgreich am, wie es heisst, "Bachmann-Bewerb" teilnahmen, wird heuer Kathrin Passig ins Feuer geworfen. Am Samstag, um 10:00 Uhr (das ist verdammt früh), ist live auf 3sat und im ORF zu besichtigen, wie sie einen Text über, soviel darf man vorab verraten, verschiedene Dinge vorliest. Im Vorfeld wird ein von diversen Riesenmaschinemitarbeitern unter der Regie von Lars Stanley Hubrich angefertigtes, bildendes Kurzportrait übertragen, in dem man die Autorin unter anderem in den Keller gehen sieht. Am darauffolgenden Samstag dann, und zwar zwischen 13:30 und 20:00, muss jeder, der das hier liest, zu einem internetfähigen Rechner gehen und Kathrin Passig hier für den Publikumspreis vorschlagen (mit Begründung). Denn der Grimmepreis reicht uns nicht, und wenn wir danach noch Fussballweltmeister werden, käme ein schöner Hattrick zusammen.


21.06.2006 | 23:35 | Alles wird besser

Endlich: Die Fick-Dich-selber-Orchidee


The anther cap opens, the stipe carries two pollinia and rises up from the clinandrium, then curves downwards to cross the rostellum; the stipe next curves up towards the stigma and inserts the pollinia into the stigma cavity. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
Menschen, die es gern mit Blumen sagen, haben es nicht ganz leicht. Die meisten Gewächse, die man so kaufen kann, sind positiv konnotiert, was die Anzahl der möglichen Sätze deutlich beschränkt.

Zwar sind ein paar der minderen Kräuter, wie Tulpen oder Zwiebelblüten durchaus mit milde Nörgligem belegt, aber auf einen Blumenstrauss, der sagt "Nie rufst Du an, fick Dich doch selbst", hofften Freunde floralen Ausdrucks bislang vergebens. Man kann die Armut der Blumensprache übrigens auch daran erkennen, dass der Inhalt dieses harmlosen kleinen Beitrags hier sich in ihr nur schwer ausdrücken liesse.

Womöglich sogar gar nicht. Aber Hilfe naht. In der chinesischen Wüste wurde, wie das Orchideenzüchterfachblatt Nature in seiner morgigen Ausgabe berichtet, jetzt eine Orchidee gefunden, die sich ausschliesslich selbst fickt, indem sie sich Blüte für Blüte einen Staubbeutel direkt in den eigenen Stempel wachsen lässt. Jetzt fehlt nur noch eine Gärtnerei, die die neue schöne Vokabel interessierten Straussdichtern verfügbar macht, und wieder ist die Welt ein klein wenig benutzbarer.


21.06.2006 | 11:05 | Nachtleuchtendes | Zeichen und Wunder

Tatsachen des Bodens


Bahnhof (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)
"Um zu fliegen, muss man sich nur auf den Boden werfen und danebenfallen". Um zu liegen, muss man sich nur auf den Boden werfen. Um zu werben, muss man nur etwas auf den Boden kleben, und zwar Floor Graphics, die laut einer Herstellungsfirma, und das kommt jetzt etwas überraschend, im Lebensmitteleinzelhandel "vom Kunden akzeptiert" werden. Nanu? Vom Kunden akzeptiert? Zieht man da den werbeüblichen 250%igen Selbstdarstellungsaufschlag ab, dann steht vermutlich dahinter, dass nur ein geringer Prozentsatz der Supermarktüberfälle direkt mit Floor Graphics begründet wird. Schlechte Werbung wird nämlich nicht besser, indem man sie an anderen Orten als sonst anbringt. Im Moment schiessen Floor Graphics wie Pilze auf dem Boden, seltsamerweise genau zu einem Zeitpunkt, wo praktisch niemand in Deutschland noch den Kopf hängen lässt und nach unten blickt.

In anderen Ländern gibt es Gebiete, wo man besser ständig nach unten blickt. Zum Beispiel in Kambodscha, Angola, Afghanistan oder auch Bosnien-Herzegowina. In diesem Zusammenhang sind noch mehr Bodentatsachen interessant. Zum Beispiel die Mine des Monats, ein Preis, der leider seit März nicht mehr erneuert wurde, schade, welche Mine würde nicht gerne mal gross rauskommen, immer nur Underground hält doch keiner aus. Ebenfalls interessant ist, dass die beiden deutschen Konzerne DaimlerChrysler und Siemens tief ins Landminenbusiness (bzw. Streumunition) verstrickt sind, wogegen man hier gegen sein kann. Die Riesenmaschine wendet sich aber ausdrücklich gegen die einseitige Betrachtung des Zufallskillers Landmine, daran hängen auch Arbeitsplätze, ohne Minen gäbe es also viel mehr Arme.


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"The Last Days of Emma Blank", Alex van Warmerdam (2009)

Plus: 15, 21, 34, 35, 42, 46, 48, 63
Minus: 1, 63, 80, 132
Gesamt: 4 Punkte


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