05.05.2007 | 15:11 | Anderswo | Zeichen und Wunder
 Die Graffitiordnung im Einsatz Von den Fenstern abgesehen: alles 2D! (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Während in Berlin die Neue Höflichkeit gerade im Scheitern begriffen ist, ist Zürich bereits einen Schritt weiter. Der Schritt äussert sich in einem mobilen orangen Einsatzkommando mit der Aufschrift 'Graffitiordnung'. Die Graffitiordnung verfolgt die Strategie, an falschen Orten angebrachte Beschriftungen und Bilder schnellstmöglich zu übermalen, so dass ihre pubertierende Urheberschaft keine Zeit findet, sich vor ihren pickeligen Freunden zu brüsten. Interessanterweise haben die drei Zürcher Graffitiordner bereits ihrerseits unterschiedliche Malstile entwickelt – einer zum Beispiel übermalt immer nur in Rechtecken und nimmt jedesmal einen leicht anderen Farbton, so dass mit der Zeit pastellfarbige Mondriane die Zürcher Unterführungen schmücken. Ein anderer übermalt knapp und in organischen Formen, wieder ein anderer in wild gezackten Figuren. Allen gemein ist, dass sie nie ganz den Farbton der darunterliegenden Hauswand treffen. Diesen Umstand macht sich ein aufmüpfiger, wenn auch diskreter Tagger zunutze. Er verwandelt die Übermalungen der Graffitiordnung mit einem einzigen Strich seines fetten Edding in eine perfekte optische Täuschung, indem er ihnen einen Schatten hinzumalt. So feinfühlig kann also Auflehnung gegen Kapitalismus, Staat, Elternhaus, schlimme Kindheit und die Abwesenheit von Geschlechtsverkehr sein.
05.05.2007 | 02:50 | Anderswo | In eigener Sache
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Wie man unter Preise bereits nachlesen kann, bekommt die Riesenmaschine heute den Erik-Reger-Förderpreis der Zukunftsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz verliehen, und zwar, weil sie "die Lebens- und Arbeitswelt junger Menschen realistisch abbildet". Schön und löblich an diesem Preis ist, dass er mit Geld dotiert ist und von Ministerpräsident Kurt Beck verliehen wird. Weniger schön ist, dass Sascha Lobo, Holm Friebe und Kathrin Passig (derzeit Braunschweig) um 5:30 aufstehen müssen, um ihn um 10:30 in Mainz entgegennehmen zu können, wodurch sie einen unfreiwilligen Einblick in die Lebens- und Arbeitswelt ganz anderer Menschen erhalten. Fünf Uhr dreissig! Wird die Welt um diese Tageszeit überhaupt schon gerendert, oder sind draussen nur ein paar schlampige Polygone zu sehen, eine Art Screensaver? Man darf gespannt sein.
Der Namensgeber des Preises Erik Reger, aka Hermann Dannenberger, hat übrigens 1931 den bedeutendsten Industrieroman des 20. Jahrhunderts verfasst, in dem schon auf den ersten Seiten das lustlose Treiben der Insekten im falben Kohl als Symbol des Niedergangs einer ganzen Bergmannssiedlung erscheint (danach kam uns das Exemplar leider abhanden). Bereits der Titel: "Union der festen Hand" ist so derart riesenmaschinesk, dass wir dem Autor dafür posthum und im Gegenzug gern den Riesenmaschine-Preis für coole Buchtitel verleihen würden (auch wenn der Nachfolgetitel "Das wachsame Hähnchen" dagegen etwas abschmiert, und danach dann auch nicht mehr viel kam). Danke, Erik Reger. Danke, Rheinland-Pfalz.
05.05.2007 | 00:13 | Alles wird besser | Fakten und Figuren
 Statt Genen lassen sich auch Bilder zum Ausdrücken von Musik verwenden (Foto: *Rosemea) (Lizenz)Alle Jahre wieder beschert uns die Wissenschaft die Vertonung von Genen oder der 3D-Strukturen von Proteinen. Gerade erschien der neueste Streich, der das Abspielen von menschlichen Proteinen verbessert, in dem Akkorde und nicht nur Noten auf die 20 Aminosäuren umgelegt werden. Bei 2,5 Minuten pro Gen braucht man nur 35 Tage, um das menschliche Genom durchzuhören. Aber man spielt seine iTunes-Sammlung ja auch nie durch, sondern immer nur die Äquivalente der glycolytischen Enzyme und p53.
Noch zu finden wäre eine Form, mit der sich die Musik in Proteine mit sinnvoller Struktur überführen lässt. Dann könnte man den Genpflanzen da draussen nicht nur Mäuseproteine, sondern gleich eine Sinfonie oder ein beliebiges Bad Religion-Album mitgeben. Die Widerstände wären flugs dahin.
04.05.2007 | 13:54 | Anderswo | Alles wird besser | Vermutungen über die Welt
 Sitting-Out Area, Hongkong Sitting-Out kurz vor ToresschlussWas werden wir, die Metropolenbewohner dieses Planeten, eigentlich zukünftig in unserer Freizeit machen? Uns selbst in der Pfeife rauchen, wie es der einstmals sehr bekannte Zukunftsforscher Björn Engholm wohl bis heute tut? Oder werden wir uns weiterhin den momentan beliebtesten Freizeitbeschäftigungen, Sex und Sport, hingeben? Wahrscheinlich keins von allen dreien. Wir werden draussen herumsitzen, in speziell dafür geschaffenen, stahlvergitterten Sitting-Out Areas, auf gefliesten Pollern unter Stadtautobahnbrücken, so wie man das schon heute in der Megametropole und Future City Hongkong tut. Für alle andere Aktivitäten ist zukünftig kein Platz. Wird dann abends um 23 Uhr der Herumsitzraum geschlossen – der von der Hongkonger Freizeit- und Kulturverwaltung übrigens unter Pleasure Grounds gelistet wird –, legen wir uns in einer Box schlafen, und träumen von hundert Kilometer langen Bänken, auf denen kein anderer sitzt, nur wir.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Die Zukunft von keine Arbeit
04.05.2007 | 03:00 | Fakten und Figuren | Vermutungen über die Welt
 Klassische Völkerverständigung (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Die Türkei steckt dieser Tage in einer schweren Staatskrise, in der es um nichts Geringeres geht als den Fortbestand ihres laizistischen Staatsprinzips. Islamistische Kräfte nutzen schon lange den Windschatten der EU-Beitrittsverhandlungen, um im Sinne Europas mehr Religionsfreiheit gegenüber dem türkischen Staat anzumahnen. Dies mutet paradox an: Islamismus durch EU-Beitritt? Radikalisierung mittels Völkerverständigung? Zoff durch Verstehen? Nun, so abwegig ist das nicht. Schon der Völkerverständigungspromotor und Sprachlehrbuchproduzent Langenscheidt hat dies erkannt und lehrt – damit wir uns auch alle recht verstehen – in seiner Einführung ins Türkische: "Im Türkischen häufig vorkommende Form: döverim! = Ich verprügle dich!" (Praktisches Lehrbuch Türkisch, S. 194) – Und die Antwort kommt im Lehrbuch Neugriechisch durch die Blume, mit der anachronistischen Lernvokabel "H' 'Aγια Σοφια με τις χρυσες καμπανες" = "Die Hagia Sophia mit den goldenen Glocken" – womit nur jene legendären goldenen Glocken gemeint sein können, die 1453 in Konstantinopel gegen die Türken Sturm läuteten.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- blinkendes Platzzeichen zum Cursor sagen
- 48-Stunden-Hotline
- Cato der Ältere
- From: Dispo To: Dispo
SO NICHT:
- Schweinekopf mit Geldscheinen drin
- Freundschaftsband gestalten
- Peter Maffay Barbie
- Cato der Jüngere
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"Fur: An Imaginary Portrait of Diane Arbus", Steven Shainberg (2006)
Plus: 44, 77 Minus: 14, 18, 32, 41, 93, 97, 98, 107 Gesamt: -6 Punkte
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