Riesenmaschine

25.04.2007 | 01:08 | Anderswo | Nachtleuchtendes

Leute, sie haben uns


What a bloody disgusting planet (Credit: E. De Jong and S. Suzuki, JPL, NASA)
Wie wir in diesem Moment erfahren, haben sie uns jetzt. Sie – die Bewohner von, wie sie es nennen, Planet Erde, nach unseren Studien ein Fels-Wasser-Derivat, etwa zwei Drittel so gross wie unser Planet, den sie idiotischerweise Gliese 581c nennen. Es war irgendwann auch nur noch eine Frage der Zeit. Immerhin sind sie nur 20 Lichtjahre weg und jede mittelgute Zivilisation kommt irgendwann auf die Idee, Dopplerverschiebungen von Sternen zu messen, und so Planeten zu finden. Sie waren relativ schnell, 12 Jahre nur von der ersten Planetenentdeckung 1995 (was die Leute auf 51 Peg ganz schön verwirrt hat) bis zur Entdeckung unseres "habitablen" Planeten. "Habitabel" nennen sie es, ha, wenn sie wüssten, was man alles habitabilisieren kann, wenn man nur will. Aber jetzt sind sie ganz aufgeregt, weil es bei uns genauso warm ist wie bei ihnen, und das, obwohl wir gerade unter globaler Erkältung leiden. Nach unseren Erfahrungen wird es jetzt nur noch ein paar Jahre dauern, bis sie unsere Atmosphäre finden, dann unser Meer, dann unser Radio hören und schliesslich Pläne schmieden, unsere kargen Sandvorräte zu rauben. Verdammt, ausgerechnet jetzt, wo wir kurz davor stehen, herauszufinden, wie man Diamanten in dieses preiswerte schwarze Heizmaterial umwandelt.


24.04.2007 | 11:44 | Berlin | Anderswo | Zeichen und Wunder

Ewige Jugend in Peking


Die Jugend wird immer älter, aber nicht unbeweglicher
Was kann man eigentlich daraus schliessen, wenn eine Bandikone des 20. Jahrhunderts in der mutmasslichen Hauptstadt des 21. Jahrhunderts auftritt, diese Band immer noch Sonic Youth heisst, ihre Mitglieder aber einen Altersdurchschnitt von genau 49 Jahren haben, und einem durchschnittlich 35 Jahre alten Publikum, das es sich leisten kann 35 Euro Eintritt zu zahlen, was ungefähr dem Monatsgehalt einer Pekinger Kellnerin entspricht, "Teenage Riot" vorspielen? Wahrscheinlich gar nichts, weil zu viele Variablen. Genauso unmöglich ist es im Moment noch zu bestimmen, ob Peking bereits Berlin voraus ist, was Auftrittstermine internationaler Bands angeht, oder immer noch zurück. Wer den gestrigen, übrigens sehr, sehr guten Auftritt von Sonic Youth im Pekinger Star Live Club verpasst hat, muss bis zum 27. Juni warten, bis er die Band in der Columbiahalle sehen kann. Oder er war im Dezember letzten Jahres da.

Christian Y. Schmidt | Dauerhafter Link | Kommentare (2)


24.04.2007 | 03:03 | Anderswo | Alles wird besser

Bienenschwund


Macht's gut und nehmt die Wespen mit (Foto: OK-59, Lizenz)
Wenn eines fernen Tages die Menschheit eine höhere Entwicklungsstufe erreicht haben wird als die gegenwärtige, und zum Beispiel in der Lage sein wird, die vierdimensionalen Verwicklungen, die uns so unglücklich machen, klar und deutlich zu sehen, dann werden wir wohl auch in der Lage sein, die Tür zu einer dieser neuen Dimensionen aufzustossen und die verwurmte Geröllhalde Erdball für immer zu verlassen. Die Kakerlaken oder Hamster werden dann ratlos in der Gegend stehen und in ihren wissenschaftlichen Zeitschriften das rätselhafte Verschwinden der doofen Affen diskutieren. In der Zukunft wird es so sein, heute aber sind es erst mal die neunmalschlauen Bienen, die uns ein kleines Stück vorausgehen und grade nämlich weltweit spurlos verschwinden. Die Wissenschaft steht bislang vor einem Rätsel, aber vermutlich folgen die Bienen einfach dem kürzlich verstorbenen Kurt Vonnegut durch die 4D-Tür ins Nirvana, damit die dort Einsitzenden reichlich Honig vorfinden. Und das ist doch nett von den Bienen.


23.04.2007 | 19:27 | Nachtleuchtendes

Glatte Stellen am Otter


Ersatzbild (Fotograf, Lizenz). Der echte Itokawa ist nicht rechtefrei.
Anderthalb Jahre nach der grossspurigen Ankündigung ist es Zeit, einen zweiten Blick auf unseren Lieblingsasteroiden Itokawa zu werfen. Kurze Rückblende: Der wurstartige Schutthaufen namens Itokawa ist seit Herbst 2005 im Blickwinkel des japanischen High-Tech-Satelliten Hayabusa, der mit LIDAR, ONC-W, STT, FBS und noch anderen exotischen Buchstaben ausgestattet ist. Mittlerweile hat Hayabusa einiges erlebt, z.B. fiel im Herbst 2006 eine Hitzelinie aus, man riskierte das Einfrieren des Treibstoffes. Und dann fingen im Dezember 2006 auch noch die RCS-Thruster an zu backen. Nichtsdestowenigertrotz: Erfolgreich verlief die Landemission MINERVA, bei der Proben des asteroidalen Schutts zusammengekehrt wurden. Im Sommer 2006 widmete das internationale Wurstmagazin Science Itokawa eine Sonderausgabe, deren Inhalt von den Japanern auf vorbildlich anschauliche Art und Weise zusammengefasst wird. Bei Itokawa, mittlerweile wohl so etwas wie der bestfotografierte Asteroid aller Zeiten, handelt es sich, so die Erkenntnis, keinesfalls um eine Wurst, sondern um einen Otter mit Kopf, Hals und Körper. Zudem fand man in der After-Gegend des Otters einen grossen Stein namens Yoshinodai. Ansonsten scheint die Oberfläche von Itokawa vorbildlich gepflastert zu sein, besser jedenfalls als die Erde an gewissen Stellen innerhalb Berlins.

Die eigentliche Sensation aber sind Itokawas glatte Stellen, auch Meere genannt (klar, warum sollen auf einem Otter nicht auch Meere sein). Wie man gerade erfährt, sortiert Itokawa nämlich in seiner Freizeit Steine, alle grossen stapelt er sorgsam auf einer seiner Seiten, so dass andere Seiten, speziell die empfindlichen Halsstellen des Otters, nur mit feinem Staub bedeckt und ansonsten felsfrei sind. Irgendwas bewegt die Oberfläche Itokawas, oder wie Spezialist Daniel Scheeres aus Michigan es formuliert: "Things are happening on the surface. Stuff moves from one point to the other." Aber warum? Sind es Mikrobeben? Felsbomben aus dem All? Oder gar der YORP-Effekt? Der Otter schweigt dazu.

Seit Februar 2007 funktioniert der Ionenantrieb von Hayabusa unter einem neuen "attitude control scheme", und zwar offenbar sehr gut. Weiterhin ist davon auszugehen, dass Hayabusa mit Teilen von Itokawa im Bauch im Juni 2007 Kurs auf die Erde nehmen wird. Geplante Rückkehr: 2010. Stay tuned, Itokawa-Freaks.

Dieser Beitrag ist ein Update zu: Itokawa, die beste Wurst am Himmel


23.04.2007 | 14:03 | Anderswo | Vermutungen über die Welt

Zombiepflanzen fürs Wohnzimmer


Foto: morgantepsic / Lizenz
Der Steppenläufer, auch als Tumbleweed bekannt, ist der Zombie unter den Pflanzen. Wenn er alt und vertrocknet ist, stirbt der Busch nicht einfach friedlich vor sich hin. Als Untoter löst er sich von seinen Wurzeln, bringt sich in eine passende Form und beginnt seine grausige Reise durch die Steppe, wobei er mit seinen scharfkantigen Blättern die Beine von Pferden, Autoseitenspiegel und allerlei anderes Getier zerstört oder auch mal Feuer fängt und so ganze Landstriche verheert.

Doch wie alle Zombies hat auch der Steppenläufer seine guten Seiten. Er ist ein gern gesehener Gast in jedem Western und hat es so zu einem US-amerikanischen Kulturgut gebracht, und das, obwohl er ursprünglich aus Russland stammt und erst 1877 mit ukrainischen Farmern (vermutlich Zombie-Farmern) nach South Dakota eingewandert ist. Dabei kann der Steppenläufer eigentlich nicht besonders viel, ausser langsam durchs Bild rollend die totale Ereignislosigkeit zu versinnbildlichen – worin er es allerdings zu einer solchen Meisterschaft gebracht hat, dass er die ideale Stilikone des von uns vor ziemlich genau einem Jahr postulierten Langeweile-Trends darstellt. Stuart O. Anderson und Shaun Slifer haben nun für ein Kunstfestival in Pittsburgh die Installation Welcome Home, Pioneer gebaut (via Boing Boing): Ein Roboter, der mit stoischer Geduld einen toten Steppenläufer balanciert und ihn dabei die ganze Zeit in Bewegung hält (Video). Die Unterhaltungsindustrie steht bereits Schlange, bis zur Serienreife kann es sich nur noch um Wochen handeln.


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