17.03.2010 | 16:07 | Nachtleuchtendes | Zeichen und Wunder
 (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.) Silent Küche-Saubermaching (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Die erste Webcam war bekanntlich die Trojan Room Coffee Machine, die von 1991 bis 2001 den Füllstand der Kaffeemaschine aus dem alten Computerlabor der Universität Cambridge ins Netz funkte. Danach wurde sie in den verdienten Ruhestand geschickt, und das Prinzip Webcam geriet in Vergessenheit, bzw. wanderte ins 3sat-Fernsehen ab, wo, wenn man Glück hat, zu nachtschlafender Zeit mitunter Live-Bilder von Skiliften übertragen werden. Nur ein paar Prolls schauen noch anderen Prolls im Big-Brother-Container zu – und die paranoiden Superreichen auf Fisher Island haben es sich zur Gewohnheit gemacht, Überwachungskamerabilder aus anderen Teilen der Villa auf ihrem Fernseher laufen zu lassen. Dieser Idee nun wiederum huldigt das ansonsten in Webdingen unbeleckte bzw. gewohnt abzockerische Mariott Hotel Köln, indem es den ersten Fernsehkanal per Default mit einer Live-Übertragung aus der Küche des hauseigenen Restaurants Fou belegt hat. Was dem müden und beladenen Gast im ersten Moment anmutet wie die Nachtschleife des aserbaidschanischen Fernsehens, entpuppt sich als faszinierend hautnahes Reality-TV, wenn um 2:30 wie aus dem Nichts eine fremdländisch vor sich hin schimpfende Reinigungskraft die Szenerie betritt und unbekümmert den Dienst versieht. Wie im Wachkoma bleibt man gebannt den Rest der Nacht am Rohr in der Hoffnung, doch noch einer Ratte, ein paar ortstypischen Heinzelmännchen oder dem heimlichen Interkursus der Nachtportiers teilhaftig zu werden. Warum hat man noch keinen Fernsehkanal für die eigene Küche, das Bad oder den Fahrradkeller? Eigentlich möchte man nur noch so fernsehen – und würde dafür im Zweifel sogar endlich die GEZ-Gebühr bezahlen.
12.03.2010 | 19:27 | Zeichen und Wunder
 Abb. ähnlich (Quelle) (Dieses Bild wurde vorsichtshalber entfernt und taucht wieder auf, sobald sich die Autorin oder der Autor um die Klärung der Bildrechte gekümmert hat.)Man fragt sich manchmal, was einen Riesenmaschinenbeitrag von einem x-beliebigen Blindtext unterscheidet. Die Antwort ist vermutlich trivial, unterbleibt hier aber zunächst zugunsten der Erwähnung einer grossangelegten wissenschaftlichen Theorie, deren Relevanz für das Thema leichthin behauptet wird. Jedenfalls wird weitschweifig die Plattentektonik und der Hase Gottes mit einer hanebüchenen Interpretation des Urknalls in Verbindung gebracht, und zwar unter Zuhilfenahme der üblichen Tools der Branche (krude Logik, Wischiwaschi, metaphorisches Aufstampfen). Soziokulturelle Implikationen des Ganzen wurden von Holm Friebe notdürftig eingepflegt. Die fürs Verständnis wesentlichen Links zum eigentlichen Thema des Beitrags verbergen sich hinter einem Satz, der von etwas ganz anderem handelt. Dieser jetzt schon haltlose Scheiss wird natürlich zusätzlich untergraben mit Hilfe eines Stahlgewitters aus billigem Scherzgut, es kommt einem manchmal so vor, als hätte jedes Wort eine rote Nase. Der Beitrag endet mit noch einer total überraschenden Wendung, irgendwas Selbstreferentielles zum Beispiel.
09.03.2010 | 19:13 | Fakten und Figuren | Vermutungen über die Welt
 .. aber was für welche?Irgendein neues Nokia-Handy Nummer soundsoviel kann also anscheinend Facebook, wie uns die Leuchtwerbung im ICE wissen lässt. Das erinnert von fern an einen denkwürdigen Vorfall in Zusammenhang mit havarierten Grundnahrungsmitteln in Asien. Interessant ist jedoch, was die als repräsentativ vorgestellten, gleichwohl mutmasslich fiktiven Charaktere so an Statusmeldungen sporten – und wie darauf reagiert wird. Daniel Heine etwa ist mit seinem kreuzbiederen "Ich freue mich, die Suche nach dem Buch war erfolgreich" für müde 7 Kommentare gut. Katja Rensch hingegen erntet mit ihrem onomatopoetisch nahtlos an den Nachnamen anschliessenden "Ritsch, Ratsch, war beim Friseur" wahre Wogen der Anteilnahme (79 Kommentare), während Julia Klein mit ihrem obstruktiv anzüglichen "Wochenende verplant, muss mein neues Sofa einweihen." auf eiskalten Stein beisst (5 Kommentare). Und Michael Schmidts ominös orakeltes "hat die Kuh vom Eis geholt" lockt gleich gar keine selbige mehr hinter dem Ofen hervor. Was will uns das aber sagen? Sind die Leute auf Facebook generell unfassbare Tranpfützen? Nur diejenigen, die Facebook auf dem Nokia-Handy benutzen? Oder sind es wohl doch eher die sog. Kreativen in der verantwortlich zeichnenden Werbeagentur? Kein Kommentar.
02.03.2010 | 23:47 | Alles wird besser | Essen und Essenzielles
 Foto: Aleks ScholzTrader Joe's ist eine Supermarktkette aus Kalifornien, die sich vor kurzem mit dem Aldi-Imperium verbündet hat, und bald den Rest der Welt übernehmen wird. Sobald das geschieht, ist endlich Schluss mit der Mars-Hölle auf dem Schokoriegelsektor, denn Trader's Joe hat das Genre neu definiert.
Trader Joe's verkauft seine Riegel in einer Doppelverpackung: Erst werden sie in silberne Folie eingeschweisst, dann in rechteckige Mini-Kartons verladen, die entfernt an Zahnpastaverpackungen erinnern. Die Riegel selbst erinnern zum Glück überhaupt nicht an Zahnpasta.
Der "PB&J bar" von Trader Joe's hat gerade zum fünften Mal in Folge den Internationalen Snickerkongress gewonnen. Vor allem begeistert er durch seine Konsistenz: massiv, solide, lippenfest, aber weich und warm im Inneren. Er riecht wie ein Wildschwein zehn Meter gegen den Wind, allerdings nicht nach Wildschwein, sondern nach Erdnussbutter und dunkler Schokolade. Geologisch besteht er aus einer dünnen Lage schwarzer Marmelade, dann eine Schokoladencreme und schlieslich im unteren Drittel die gründliche Erdnusspaste. Es heisst, der Riegel sei bei ersten internen Tests zu perfekt gewesen, weshalb man das leicht nervige Fruchtgelee noch obendrauf geklatscht hat. Aber die Konsistenz, die einmalige Konsistenz blieb ihm erhalten.
Noch extremer ist nur Trader Joe's "Lumpy Bumpy Bar", der wohl demnächst gesetzlich verboten wird. Zu perfekt sei dieser Schokoriegel, zu offensichtlich seine übernatürliche Herkunft, der Wettbewerb darum illegitim verzerrt, so wird die (schwache) Begründung lauten. Taxonomisch ist Lumpy Bumpy ein Snickers mit dunkler Schokolade, wobei die Erdnüsse sowohl in der seltsam weissen Nougatcreme als auch ganz oben angebracht sind. Lumpy Bumpy ist was Schokoriegel angeht das Ende der Fahnenstange, evt. auch, was Dinge überhaupt angeht. Lumpy Bumpy FTW!!! Yes!!!!!! An dieser Stelle endet der Testbericht.
01.03.2010 | 14:14 | Alles wird schlechter | Essen und Essenzielles
 Hier war früher mal ein Bild eines "Milky Way Simply Caramel", bitte bei Bedarf selber googelnNur ein Beispiel für die Bildungskatastrophe in Deutschland: Im Rahmen der Umstrukturierung zu Bachelorstudiengängen soll die Schokoriegelforschung neuerdings nur noch als Teilgebiet der Astronomie gelehrt werden, die wiederum nur als Teilgebiet der Physik gelehrt wird. Und alles nur, weil Frank C. Mars, der Schokoladenheld der Neuzeit aus Minnesota, im Jahr 1923 den Riegel Milky Way auf den Markt brachte, ein schlichtes Konglomerat aus Nougat, Karamel und Schokolade. Milky Way war angeblich eine Idee von Franks Sohn Forrest, der ein paar Jahre später nach England ging, um praktisch denselben Scheiss als "Mars" quer durch Europa zu werfen. In Europa wird stattdessen ein Milky Way ohne Karamel verkauft, eine Rezeptur, die in Amerika wiederum "3 Musketeers" heisst. Diese Ambiguitäten muss man aushalten, wenn man in der Astronomie was werden will.*
Aber es kommt noch schlimmer. Die ökologische Nische des Marsriegels war in Amerika eine Weile von einer Kreatur besetzt, die wir heute als Snickers Almond kennen, also das original Milky Way mit Mandeln. Das Proto-Erdnuss-Snickers, muss man wissen, ist ebenfalls eine Erfindung von Frank Mars. Und die Globalisierung versetzt dem bunten Treiben den Gnadenstoss, was technisch überhaupt nur als Metapher möglich ist, wenn überhaupt, indem sie das europäische Mars neuerdings auch auf dem amerikanischen Markt feilbietet. Astronomisch eine Sensation: In Amerika sind Mars und Milky Way identisch.
Schliesslich noch dieses: Irgendein Klugscheisser ist vor kurzem auf die Idee gekommen, in Amerika ein Milky Way ohne Nougat zu verkaufen, also wie das europäische Milky Way, nur mit Karamel. Kein Scherz, alles einwandfrei recherchiert. Das muss man sich mal vorstellen. Da dreht jemand an der Schokoriegelevolutionsschraube und erfindet ein inverses Anti-Mars. Schon bald wird das Universum kollabieren, so der gegenwärtige Konsens in der Literatur. Frank Mars jedenfalls ging später nach Tennessee und machte in Pferdezucht.
* Wikipedia: "In the Republic of Ireland the milky bar has always been white and Anne Mc Mahon is incorrect in saying that it was brown." Anne McMahon ist entweder vor kurzem gestorben oder aber Bibliothekarin in Limerick.
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IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- fiktive Küchengeräte (leicht zu reinigen)
- Pibloktoq
- gewaltabschöpfende Massnahmen
- Blitzkriegdiät
SO NICHT:
- auffälliger Gasgeruch
- Black Trash
- Schleichen auf dem Rasen
- gelbe Schuhe
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"The Killing Room", Jonathan Liebesman (2009)
Plus: 3, 31, 42 Minus: 57, 99 Gesamt: 1 Punkt
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