23.01.2010 | 10:47 | Berlin | Zeichen und Wunder
 Das schneebeglänzte Feld als Leinwand (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Wir als elende Skribenten und Zeilenschinder gingen bislang immer davon aus, bei unserem täglichen writers block, der allmorgendlichen Angst vor dem weissen Blatt resp. der Bildschirmoberfläche, die Douglas Adams ins Bonmot goss, Schreiben sei eigentlich ganz einfach, man müsse nur so lange auf ein blankes Stück Papier starren, bis einem die Stirn blute, handele es sich um nichts anderes als den sprichwörtlichen horror vacui. Nun klärt uns die Wikipedia darüber auf, dass mit der nämlichen "Abscheu vor der Leere", das exakte Gegenteil gemeint ist, sprich: "die Neigung des unerfahrenen Künstlers, leere Räume (des Papiers oder der Leinwand) mit Bild oder Text zu überdecken." Demnach erklärt der horror vacui nicht nur das Europep-Dekor auf Wohnmobilen, sondern "wird auch als spontane Motivation genannt, an leere Wände Graffiti anzubringen." Das wiederum würde erklären, warum eine jungfräuliche Schneefläche, die auf unsereins eine nachgerade perhorreszierende Abstossungswirkung hat, weil sie uns an unser unbewältigtes Schreibpensum erinnert, auf unerfahrene Graffitisprüher im Gegensatz magische Anziehungskraft ausübt. Eigentlich erstaunlich, dass nicht viel öfter, wie hier in Berlin-Niederschönhausen, das Schneekleid der Stadt als Maluntergrund benutzt wird. Und genau so wie die namenlosen Schneesprüher haben wir es auch gemacht: einfach irgendwas hingeschrieben, um den Weissraum um das Foto herum zu füllen.
Dieser Beitrag ist ein Update zu: Konservative Wände
22.01.2010 | 16:52 | Supertiere | Alles wird besser | Essen und Essenzielles
 Kann auch sowas wie Rekursion, aber sonst eben nichts: Romanesco (sblackley, Lizenz) Vieles wurde dem Menschen im Lauf der Geschichte schon zugeschrieben, als das, was ihn ausmache und unterscheide von dem Gesocks, das er in die Zoos eingesperrt hat: die Fähigkeit zu Lieben, das Zubereiten von gekochten Speisen, das Stellen der Frage, was ihn denn ausmache. Der breiten Öffentlichkeit nicht ganz so bekannt ist ein anderes cooles Feature, vom dem behauptet wird, es sei die unique selling proposition des Menschen: Rekursion.
Während jeder dahergelaufene Affe irgendwelche Zeichen benutzen und zusammenkleistern kann, bleibt es uns vorbehalten, gleiche Strukturen beliebig oft nach dem selben Prinzip zusammenzubauen. Dem dummen Affen muss man deswegen ja auch jede Zahl einzeln erklären, wärend der schlaue Mensch irgendwann von selbst darauf kommt, dass, wo es eins, zwei und drei gibt, auch vier, fünf und sechs nicht weit sein können.
Genau dieses ungerechtfertigte Schattendasein der Rekursion zu beenden, ist jetzt Ziel einer grossangelegten Marketingkampagne, die das Massachusetts Institute of Technology in Zusammenarbeit mit der saarländischen Brauerei Karlsberg lanciert hat: Nicht "Beer + Cola + X" heisst der Claim zum neuen Getränk Mixery Blend, sondern "Beer + Beer + X". Natürlich ist das nur der Startschuss, auf den dann "Beer + Beer + Beer + X", "Beer + Beer + Beer", "X + X + X", "Beer + Beer + Beer + X + X" nach streng rekursiven Regeln folgen werden. Das muss einem der Affe erstmal nachbrauen.
21.01.2010 | 17:56 | Berlin | Alles wird besser | Zeichen und Wunder
 Foto: Kathrin Passig Foto: Kathrin PassigDer Flughafen gehört wie das Spassbad zu den Laboren, in denen der Mensch nachzubessern versucht, was die Natur in ihrer herumevoluierenden Hast unzulänglich gestaltet hat. Dank Flughafen können wir Steckeradapter für alle Länder ausser Australien erwerben, den Schlaf in neuartigen Körperhaltungen erlernen und uns schliesslich sogar auf ganz unmetaphorische Weise über die Natur erheben. Der abgebildete Baum demonstriert am Flughafen Tegel die Machbarkeit neuer immergrüner Laubgehölze für Nordeuropa (hier Eiche/Birke). Alles, was die Natur zur Nachahmung des einfachen Prinzips braucht, ist etwas Geduld und sehr viele Kabelbinder.
20.01.2010 | 03:08 | Anderswo | Supertiere | Listen
 (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.) Während europäische und südamerikanische Fussballnationalteams im Journalistenvolksmund fast immer mit landessprachlichen Versionen des Begriffs "Auswahlmannschaft" – Seleção, Selecção das Quinas, La Selección, Mannschaft, Sbornaja – oder mit Farbbezeichnungen – Charrúas, La albiceleste, La Roja, Azzurri, Les Bleus, The Boys In Green – oder mit beidem – Equipe Tricolore, Oranje Elftal – bedacht werden, haben afrikanische Teams Tier- und Dingnamen gepachtet. So treten bei der aktuellen Afrika-Meisterschaft nach Rückzug der Sperber an: Pharaonen, Wüstenfüchse, Hengste, Elefanten, Schwarze Sterne, Schwarze Panther, Schwarze Impalas, unzähmbare Löwen, Gewehrkugeln, Mambas, Bandas, Adler, Super-Adler und Adler von Karthargo. Die Riesenmaschine unterstützt im Zuge der etwas in Vergessenheit geratenen Nagetierverehrung allerdings vorbehaltlos das Team aus Benin: Die Hörnchen. Heute um 17 Uhr müssen die tapferen Nagetiere nicht nur gegen die Pharaonen gewinnen, sondern auch noch auf einen Sieg der Mambas gegen die Super-Adler hoffen, um ins Viertelfinale zu kommen – wir drücken die Daumen, überlegen uns allerdings im Falle eines Vorrundenaus', ob wir nicht nächstes Mal lieber die Skorpione supporten.
18.01.2010 | 11:00 | Berlin | Sachen kaufen
 Gebbisch dir korräkt 5 Jahr Garantie. Keine Thema, ichschwöre. (Aus historischen Rechteklärungsgründen ist hier kein Bild. Aber im 20 Jahre Riesenmaschine-PDF gibt es entweder ein Bild oder eine Bildbeschreibung.)Tatsächlich wenig läge uns ferner, als uns über originelle orthographische oder grammatikalische Neuschöpfungen innerhalb der deutschen Sprache zu mokieren. Mögen doch senile Sprachverweser in ihren Professorenzimmern und Redaktionsstuben geifernd das BinnenInitial verteufeln und auf ihren zerfledderten Wahrig pochend wilde Flüche ausstossen gegen jeden, der es wagt, sich an ihrem heiligen Amtshochdeutsch zu versündigen. Auch würden wir schon aus schierem Lokalpatriotismus niemals Askania, der einzigen Uhrenmanufaktur in Berlin, in den Rücken fallen. Handelt es sich dabei doch um eine der wenigen hiesigen Institutionen, wo überhaupt noch mit ehrlicher Hände Arbeit Werte geschaffen werden (anstatt mittels staatlicher Transferleistungen oder sogenannter "Kreativität" ein parasitäres Dasein zu fristen). Und der tümelige Slogan, mit dem derzeit auf Citylight-Plakaten geworben wird, "Macht nicht arm, aber sexy", ist ja auch gar nicht so misslungen, selbst das Komma sitzt richtig. Aber "5 Jahr Garantie" – das ist dann doch zu viel Lokalkolorit für unsere Pidgindeutsch-geprüften Nerven. Zumal es sich bei dem beworbenen Modell um den Chronographen "Tempelhof" handelt; bei "Kreuzberg", "Neukölln" oder "Wedding" hätten wir vermutlich noch nicht einmal etwas gesagt.
... 23 24 25 26 27 [28] 29 30 31 32 33 ...
|
IN DER RIESENMASCHINE
ORIENTIERUNG
SO GEHT'S:
- Dauerwelle (wieder OK)
- Obstkerne sammeln (souverän)
- Döner "Rakete"
- 17.000 Euro einen guten Mann sein lassen
SO NICHT:
- Katze hat Mumps
- Fibonacci-Folge
- Kolibri-Feeder ohne Kolibri
- als Boho getarnte Bauernblusen
AUTOMATISCHE KULTURKRITIK
"LOve + MOtion", Christian Schmidt-David (2005)
Plus: 2 Minus: 14, 83, 84, 85 Gesamt: -3 Punkte
KATEGORIEN
ARCHIV
|
|